4) Nach Konon narr. 3 soll ein L. Sohn des Phaiax von Scheria (Kerkyra) und Bruder des Alkinoos sein. Nach dem Tode des Phaiax nahm L. die κειμήλια und einen Teil des Volkes und siedelte nach Italien über, wo er bei Lakinos (so Duker und Höfer, die Hss. Λατίνῳ) wohnte, dessen Tochter Laurine er zur Gattin nahm. Dort wurde er später von seinem Gast Herakles in einem Streit mit seinem Schwiegervater unversehens erschlagen. Nach seiner Apotheose erschien dann Herakles dem Volk im Traum und befahl eine Stadt zu gründen, wo L. begraben wurde. Nun ist diese Sage ersichtlich nach der von Kroton, Lakinios, Herakles usw. bei Diodor u. a. (Höfer 85ff.) gebildet, und, wie der Name Lakinios, der am Platze ist bei einer krotonischen Sage, nicht aber bei einer lokrischen, beweist, ist sie jüngeren Datums. Geschichtlich ist, daß die Lokrer sich zuerst auf einem Vorgebirge ansiedelten (es hieß aber Zephyrion), ehe sie Esopis (d. h. Lokroi) in Besitz nahmen, und bekanntlich sind die Verhältnisse zwischen Syrakus und Lokroi und Syrakus und Kerkyra sehr eng gewesen, während Westlokris zur Zeit der Gründung von Lokroi in korinthischer Machtsphäre war, so daß der Name L. in diesem Zusammenhang nur auf gewisse lokrische Bestandteile in der vermischten Bevölkerung von Kerkyra hindeuten kann. Auch wegen des schroffen Gegensatzes zwischen der Sage bei Konon und den anderen Sagen von der Gründung Lokrois hat Höfer recht, wenn er (S. 85ff. 88) diese Erzählung für gelehrte Spielerei hält. Es ist also nicht zu glauben, daß auch nur ein heiliges Grab zu Lokroi das Grab eines gewissen L. genannt wurde, da der Oikist bekanntlich Euanthes hieß. Vgl. noch Raoul-Rochette Hist. de les col. gr. III 321f.