RE:Ius gentium
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Das Recht der Völker | |||
Band X,1 (1918) S. 1218–1231 | |||
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Ius gentium. I. Terminologie. I. g. ist das Recht der Völker, hat also seinerseits nichts mit den gentes innerhalb des römischen Volkes zu tun, obgleich auch bei diesen besondere, nur bei einzelnen von ihnen geltende Rechtssätze bestanden zu haben scheinen (s. o. Bd. VII S. 1184). Andererseits sind die gentes auch nicht die Latiner (s. u. unter II), sondern es handelt sich in diesem Zusammenhange um die nichtitalische, jedenfalls um die nichtlatinische Bevölkerung, und um ein dieser und den Römern als gemeinsam empfundenes Recht, das auf die Beziehungen der Peregrinen verschiedener Heimatsgemeinden untereinander im römischen Forum, auf die Beziehungen zwischen Römern und Peregrinen, endlich verhältnismäßig früh (s. u. III) auf die Römer selber untereinander angewendet wurde. Griechische Umschreibung dafür, für einen Rechtssatz des i. g., ist διατάξεις εἰσὶν … περὶ τῶν ἐν τοῖς ἔθνεσιν οἰκούντων (longi temporis praescriptio P. Sraßburg. 22, Col. I Z. 19, Mitteis-Wilcken Chrestom. II 2 p. 425, vgl. indes Pernice Ztschr. der Savigny-Stiftung XX 1899, 139. Patsch Die longi tomporis praescriptio 6. 9); gemeint sind Vorschriften über die Einführung oder Anerkennung der für Römer und Peregrinen in den Provinzen geltenden Praescriptio an Liegenschaften (Mitteis P. Straßb. I p. 85). Andererseits denkt man bei den gentes nur an solche Völkerstämme, mit denen die Römer in Staats- oder völkerrechtliche Beziehung getreten sind, also wie in der Widmungsinschrift ClL VI Suppl. 30975 imp(eratori) Caesari August[o imperio] eius senati populi[que Romani] et gentibus, vgl. überhaupt v. Premerstein Arch.-epigr. Mitt. XV 80. Puchta Instit. I10 205. Karlowa Röm. Rechtsgesch. I 456.
In dem angedeuteten Sinne eines zwischenstaatlichen Rechtes dem Anwendungsgebiete nach wird der Ausdruck i. g. zunächst:
a) von den völkerrechtlichen Satzungen im engeren Sinne gebraucht, also vom Gesandschafts-, Kriegs- und Beuterecht, Sallust. Iugurth. 22, 3. 35, 7. Tac. ann. I 42. [Gai.] Dig. I 5, 5. 1. XLI 1, 5, 7. Inst. II 1, 17. Isid. etym. V 6. In diesen Zusammenhang gehört auch die Unterstellung der Sklaverei, ferner der Manumissio unser das i. g.: Dig. I 5, 4, 1. 2. XII 6, 64 (echt trotz Perozzi Istit. 73, 3), ferner I 1, 4.
b) Eine zweite Kategorie bilden diejenigen Rechtssätze, die die Römer auf Grund der naturalis ratio dem i. g. zuschrieben, also das Recht gewisser Eigentumserwerbsarten, der traditio Dig. XLI 1, 9, 3, des Tierfanges Instit II 1, 12, der Alluvio Instit. II 1, 20, ferner die Rechtssätze über die Öffentlichkeit eines Flußes Dig. XLI 1, 7, 5, etc. etc.