Iambia, Ἲαμβία κώμη, von Ptolem. VI 7, 3 als Ort an der Westküste der nördlichen Arabia felix erwähnt mit den Maßen 68° (var. 68° 30’), 23° 50’ (sehr beachtenswerte Variante 24°). Aus der Anführung der Bewohner dieses Küstenstriches in den beiden folgenden Paragraphen des Ptolemaios darf man schließen, daß I. zu Ptolemaios’ Zeiten zum Gebiete der Ἄρσαι gehörte (vgl. d. Art. Arsi Nr. 2) und an der Grenze gegen das südlich an diese anstoßende Gebiet der Kinaidokolpiten (s. d.) lag. Die früher von manchen (so Mannert Geogr. VI 1, 41 und in der früheren Auflage dieses Werkes) verfochtene Ansicht, daß I. mit der bei Strab. XVI 780 und im Peripl. mar. Erythr. 19 und von der Späteren bei Kosmas Ind. II 143 zum Monumentum Adulitanum und bei dem Geogr. Rav. II 6 erwähnten Λευκὴ κώμη identisch sei, gilt als abgetan; letztere ist das heutige el-Ḥaurā, ,Die Weiße‘, 24° 55’ nördl. Breite (s; d. Art. Leuke Kome). Wie nämlich Name und Lage lehren, ist I. unzweifelhaft identisch mit der bekannten, von den arabischen Geographen, so Iāḳūt, Hamdānī u. a. oft genannten arabischen Hafenstadt Ianboʿ (Ianbuʿ, gesprochen Iamboʿ, Iambu', bedeutet im arabischen ,Quelle‘) am Roten Meere, 24° 6’ nördl. Breite; von Berenike aus, das in nahezu gleicher Höhe wie Iamboʿ gelegen war (Ruinen bei Sekket Bender el-Kebīr, 23° 55’; vgl. den Art. Iambe Nr. 2), konnte Ptolemaios leichterdings die Lage von I. mit ziemlicher Genauigkeit erfahren, vgl. Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875, 26. Sprengers Annahme, daß der griechischen durch Ptolemaios überlieferten Namensform eine neben dem üblichen Iamboʿ bestehende arabische Aussprache
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Iambiʿ zugrunde liege, ist wohl möglich, aber nicht wahrscheinlich, jedenfalls nicht nötig. Die kurze Erwähnung bei Plin. n. h. VI 168, an der wir eine neue Belegstelle für Iamboʿ, wenn auch zugleich einen neuen Beweis für Plinius’ geographische Irrtümer gewonnen zu haben glauben (s. den Art. Iambe Nr. 2, in dessen Eingangsworten das Pliniuszitat richtigzustellen ist), bietet die Namensform Iambe. Die seinerzeit von Forster The historical geograpby of Arabia 1844, I 220. II 295f. ausgesprochene Behauptung, der von Strab. XVI 782 genannte Hafenplatz, von dem aus Aelius Gallus nach seiner mißglückten Expedition nach Südarabien im J. 24 seine Truppen nach Myoshormos (Ras Abū Sumer 26° 52’ nördl. Breite) übersetzte, sei mit Iamboʿ identisch, fällt schon mit der falschen Lesart Νερὰ κώμη bei Strabon, auf der sie beruht. Diese durch die Aldina gebotene Form suchte Forster auf Grund des Thesaurus mit Berufung auf eine Notiz des Salmasius mit νηρόν oder νερόν, was angeblich ,Feuchtigkeit, Wasser‘ bedeute, zusammenzustellen und als die griechische Übersetzung (locus aquis irriguus) des arabischen Iamboʿ (,Quelle‘) zu erklären, eine Annahme, welche er auch noch durch den Hinweis auf Süßwasserquellen und Zisternen bei Iamboʿ (nach Burckhardt Travels in Arabia 1829, II 335) stützen wollte. Der durch Strabon bezeugte Hafenplatz heißt vielmehr nach den hsl. Zeugnissen nicht Νερά, sondern Ἔγρα κώμη) (über die hsl. Varianten dieses Namens s. den Art. Egra Nr. 1), und damit stürzt Forsters Hypothese zusammen. Mit Recht lehnte sie daher auch K. Müller Geogr. Gr. min I LXXI ab, aber mit Unrecht suchte dieser (a. a. O., ferner lxxiii, im Atlas Tafel VI und im Index seiner Strabonausgabe 796 und in deren Atlas auf Karte XIII und XIV; in unserem Art. Egra ist irrtümlich von Müllers Ptolemaiosausgabe die Rede), in der topographischen Ansetzung mit Forster übereinstimmend, Strabons Ἔγρα bei Iamboʿ oder in seiner Nachbarschaft. Unrichtig ist auch Müllers Zusammenstellung des von Ptolem. VI 7, 29 und dem Geogr. Rav. II 6 genannten Ἔγρα (richtig Ἔγρα), welches eine Binnenstadt war (s. den Art. Egra Nr. 2), mit dem Hafenplatz des Aelius Gallus, falsch endlich auch seine Behauptung (an der zuerst angeführten Stelle), daß die Stadt bei Ptolemaios und dem Ravennaten von dem bei Steph. Byz. s. Ἰάθριππα erwähnten Ἔγρα zu trennen sei (s. die Art. Egra Nr. 2 und Iathrippa). Die schwere Frage nach der Lokalisierung von Strabons Ἔγρα (vgl. Müller a. a. O.), das Sprenger 21 beim Hafen el-Weğ (26° 15’ nördl. Breite) suchte und so andere nach ihm, wie z. B. Müller Ptol. I 688, scheint, wie wir zur Ergänzung unseres Art. Egra Nr. 1 bemerken, ihre beste Lösung durch die Identifikation von Ἔγρα mit dem arabischen Akra 25° 31’ nördlicher Breite (vgl. E. Glaser Skizze der … Geographie Arabiens, 1890, II 106), beziehungsweise dem Hafen zu dieser nicht unmittelbar am Meere gelegenen Stadt zu finden, welche als Station auf der westlichen nach Mekka fahrenden Hauptpilgerstraße (Hāğ-straße) zwischen el-Weğ und Ḥank (vor el-Ḥaurā) bekannt
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ist. Dieser Hafen liegt nördlicher als Λευκὴ κώμη (el-Ḥaurā), die nach Strab. XVI 780 ebenso zum Nabatäerreiche gehörte wie Ἔγρα. Mit Rücksicht darauf, daß die Nabatäer allmählich in der Richtung gegen Norden nach dem ālanitischen Meerbusen zurückgedrängt wurden, läßt sich mit Strabons Ἔγρα nicht nur Agra bei Plin. n. h. VI 156, die regia der am ālanitischen Busen wohnenden Laeanitae, der arabischen Leḥjān, welche erst durch Eutings Inschriftenfund bei el-Olā, veröffentlicht von D. H. Müller Epigraphische Denkmäler aus Arabien, Wien 1889, genauer bekannt geworden sind, sondern auch Ἔγρα πόλις Ἀραβίας πρὸς τῷ Αἰλανίτῃ κόλπῳ bei Steph. Byz. (darüber unrichtig Ritter Erdk. XII 183) identifizieren. Der Gewährsmann des Stephanus hatte nicht mehr die wahre Lage von Ἔγρα, sondern nur den späteren Wohnbereich der Nabatäer am ālanitischen Busen im Auge. Erst vom Standpunkte der späteren Besitzverhältnisse aus erklärt sich die im Vergleiche mit Plinius’ und Stephanus’ Angaben ,relativ zu südlich‘ erscheinende Lage von Akra, auf welche wir im Art. Egra Nr. 1 hingewiesen haben. Auch die Lage von el-Olā, der Fundstätte der Leḥjāninschriften, paßt durchaus zur Gleichstellung von Plinius’ Agra, der regia der Laeanitae, mit dem arabischen Akra. Das Plinianische Agra ist nicht identisch mit dem binnenländischen Ἔγρα (Ἕγρα) des Ptolemaios, Steph. Byz. s. Ἰάθριππα und des Ravennaten. Letzteres ist das schon aus dem Koran bekannte arabische el-Ḥiğr, dessen Ruinen bei Madāʾin Ṣāliḥ, einer den Europäern zuerst durch Ch. Doughty Travels in Arabia deserta 1888, dann durch Ch. Huber Journal d’un voyage en Arabie 1891 näher bekannt gewordenen Stadt, noch heute zu sehen sind. Plin. n. h. VI 157 nennt es Hegra (s. den Art. Egra Nr. 2), welches mit seinem Agra und mit Ἔγρα bei Steph. Byz. ebenso wenig etwas gemein hat als Ἔγρα des Ptolemaios. Die Meinung, daß Agra des Plinius südlich von I. anzusetzen sei, ist, wenn sie auch vielfach bis in die neueste Zeit vertreten wurde, haltlos. Der Ravennate bezeichnet a. a. O. die Binnenstadt richtig mit Egra; sein Negra bezieht sich vielleicht auf Strabons Hafenstadt (vgl. Müller Geogr. Gr. min. I LXXI, 272). Über die Topographie von Iamboʿ und seiner Umgebung handelt ausführlich Ritter Erdk. XII 181f. XIII 205f. Die heutige durch Mauern gegen feindliche Beduinen geschützte Stadt Iamboʿ, genauer Iamboʿ el-baḥr, ,Iamboʿ am Meer‘, im Unterschiede von dem etwas über 30 km nordöstlich landeinwärts 24° 19’ nördlicher Breite gelegenen wohlbebauten, palmenreichen Iamboʿ en-naḫl, ,Palmen-Iamboʿ‘, der Landstadt für die Bewohner des Hafenortes in einer einige Dörfer umfassenden Oase von ungefähr 7 Stunden Ausdehnung, ist die Hafenstadt zu dem etwa 200 km entfernten Medīna, südöstlich von dem vortrefflichen Hafenplatz Šerm (d. i. Bucht, Ankerplatz) Iamboʿ (24° 10’ nördl. Br.). Mit Unrecht vermutete Ritter Erdk. XII 181, daß Ptolemaios das binnenländische Iamboʿ, nicht den Hafenort meine. Gegenwärtig zählt dieser, soweit die unsicheren Angaben der türkischen Statistik berechnen lassen, gegen 8000 Einwohner,
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ist Sitz eines türkischen Muḥāfiẓ (Statthalters), untersteht aber nur nominell dem Sultan und gehört wie andere Städte des Ḥeğāz zum Machtbereiche des Šerīf von Mekka. Die Umgebung der Stadt und das Gebirge um die Oase ist Wohnsitz des Beduinenstammes Ğehaine, welcher auch, Iembāwī genannt, den Hauptteil der Stadtbevölkerung bildet (vgl. bereits Burckhardt Notes on the Bedouins, 1831, I 229f. Travels in Arabia II 336, 421. Ritter XIII 206f.). Die Seestadt spielt im Wilājet Ḥeğāz eine wichtige Rolle durch ihren lebhaften Transitverkehr mit Ägypten (Suez), namentlich für Getreideimport und Perlmutterexport, und ebenso mit Ğidda, der Hafenstadt von Mekka, besonders aber als Station sowohl der von el-Ḥaurā nach Süden gegen Mekka führenden Landstraße als auch des Seeweges aus Ägypen von Suez bis Ğidda für die ägyptischen und nordafrikanischen Pilgerkarawanen nach Mekka und heißt deshalb geradezu ,Tor der heiligen Stadt‘. In Iamboʿ en-naḫl kreuzt sich mit der oben erwähnten Hauptpilgerstraße ein Weg, der von Iamboʿ el-baḥr in östlicher Richtung nach Medina zur östlichen (syrischen) Pilgerstraße führt. Die Hafenstadt ist nach Maltzan Reise nach Südarabien 1873, 41 ,wie ein einziger großer Laden, wo man alles haben kann, was zur Landreise nach Medina nötig ist‘. Wie weit die Bedeutung von I. für die Handels- und Verkehrsbeziehungen zwischen Ägypten und Arabien in vorchristliche Zeit zurückreicht, läßt sich nicht mehr berechnen; Iamboʿs über 12 Jahrhunderte alte Bedeutung für den Verkehr mit Mekka und Medīna, den beiden ,heiligen Städten‘, den ältesten Zentren des Islām, kann in nicht zu ferner Zeit nur noch steigen, sobald es nach Ausbau der vorläufig bis Medīna führenden Ḥeğāzbahn (s. den Art. Iathrippa) eine Verbindung mit dieser erhält, welche nach dem Muster der projektierten Schmalspurbahn Ğidda-Mekka technisch leicht durchführbar ist.