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RE:Hanno 26

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Der Afrikafahrer
Band VII,2 (1912) S. 23602363
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26) Hanno der Afrikafahrer. In dem berühmten Heidelberger Paradoxographencodex 398 (Londoner Abschrift Müller FHG V 1 prol. XVIII; Philol. Anzeig. 1877, 129. Wescher Dionys. Byz. 78) ist erhalten ein zuerst 1533 in Basel bei Froben hinter dem Geleniusschen Arrian gedrucktes kleines Stück ἄννωνος καρχηδονίων βασιλέως περίπλους τῶν ὑπὲρ τὰς ἡρακλέους στήλας λιβυκῶν τῆς γῆς μερῶν · ὃν καὶ ἀνέθηκεν ἐν τῷ τοῦ κρόνου τεμένει, δηλοῦντα τάδε (v. Gutschmid Kleine Schriften IV 597). Es ist oft allein oder mit anderen Geographica zusammen ediert, kommentiert, übersetzt worden; wichtig sind die Ausgabe von Müller Geogr. Gr. min. I am Anfang, Fischer De H. C. periplo, Leipzig 1893, und die vortreffliche Behandlung von Illing Progr. Wettingym., Dresden 1899 (leider ohne Karte). Kiepert Formae orbis ant. X 1908 gibt eine Karte zur Hannofahrt, offenbar ohne die Illingsche Arbeit zu kennen, aber im engen Anschluß an die Karten von Müller Tafelband zu Geogr. Gr. Min. 1. 2 und Vivien de St. Martin Le Nord de l’Afrique dans l’Antiquité 1863, 2. Über Kan Tijdschr. nederl. aardrijksk. genootschap 1891 s. Ruge Peterm. Mitt. 1894, 184. Sonstige Literatur bei Fischer 4 und Meltzer Gesch. d. Karthager I 505. H. war wohl ein karthagischer Suffet; man hat sich vergebens bemüht, ihn mit einem der bekannten Träger dieses Namens zu identifizieren. Plin. II 169 datiert ihn Carthaginis potentia florente, was ebenso unbestimmt ist, wie der allgemein zu fassende Zusatz sicut eodem tempore Himilco. Die Versuche, bei Herodot Kenntnis von H.s Entdeckungen nachzuweisen, sind als widerlegt zu betrachten; ein vorsichtiger Schluß ex silentio Herodoti scheint erlaubt (Illing 5. 7. Meltzer 231. Unger Rh. Mus. XLII 183). Auch ist nicht möglich, H. zeitlich vor die Expedition des Sataspes zu legen (Herod. IV 42. St. Martin 330. Fischer 86). Genauer läßt sich die Zeit nicht fixieren, ehe die Geschichte der karthagischen Kolonien in Marokko nicht erforscht ist. Einen Terminus ante quem ergeben die Benützungen H.s bei Späteren. H. fuhr nach einem Beschluß der Karthager (§ 1 das ψήφισμα, mit 2 beginnt erst der Bericht) aus mit 60 Fünfzigruderern und 30 000 Kolonisten, um libyphönizische Städte zu gründen (60 Schiffe sind eine Einheit der karthagischen Marine, Tarn Journ. hell. Stud. XXVIII 228; die zweite Zahl scheint falsch; nur drei Chiliaden?). Die Fahrt ging über die Säulen hinaus an der Westküste Afrikas hin; ihre Länge ist aus dem Periplus nicht genau mehr zu berechnen (Arrian. Ind. 43). Kolonien wurden gegründet: Thymiaterion (Mehedia a. d. Sebumündung), Soloeis (Kap Ghir, nach Fischer Kap Cantin), Karikon Teichos, Kytte, Akra, Melitte, sämtlich nördlich vom Lixosfluß, in dem der Wad Draa sicher erkannt scheint. Eine an diesem angelegte Kolonie erwähnt der gerade hier wohl verstümmelte Periplus nicht, Eratosthenes und Artemidor kannten jedenfalls hier die Stadt [2361] Lixos oder Lygx, Strab. XVII 825. 829. Dann kam man zur Insel Kerne (semitischer Name, Oberhummer Phönizier in Akarnanien 1882, 38), wo die letzte Kolonie angelegt ward, und zum Flusse Chre[me]tes. Von den Säulen bis Kerne hatte die Fahrt solange gedauert, wie von Karthago bis zu den Säulen. Die Weiterfahrt am Westhorn vorbei bis zum Götterwagen und Südhorn war lediglich Entdeckungsfahrt. Die Lokalisierung ist hier noch strittig: Kerne und Chretes vermuten Fischer, Illing, Ruge wohl richtig am Sakiet el Hamra, während Müller die Insel in Herne 23° 54’ oder Argonin 20° 35’, den Fluß im S. Jean 19° 50’, St. Martin und Kiepert die erstere bei Elbow Kap ungefähr 1° nördlich des Kreises, den zweiten im Senegal fanden. Ist aber das hohe waldige Gebirge § 12 in Sierra Leone (Illing) am Kap Verde (Müller. St. Martin, Kan, Kiepert) oder Kap Blanco (Fischer) und das Westhorn § 14 am Cestosfluß in Liberia (Illing) am Rio Grande in portug. Guinea (Müller, St. Martin, Kiepert) oder am Kap Verde (Fischer) zu suchen? Dagegen hat aber meines Erachtens Illing bewiesen, daß im Götterwagen der Kamerunpik zu sehen ist und in dem Busen am Südhorn der Gabun mit Kap Esterias oder die Corisco Bai (Sieglin Woch. Klass. Philol. 1910, 700; den Götterwagen identifizieren Müller, Kan, St. Martin, Kiepert mit dem Monte Sagres–Kakoulima, Fischer sucht ihn hinter Kap Mesurado bei Monrovia; für das Südhorn gibt der letztere Kap Palmas, die ersteren die Gegend bei Insel Sherboro in Sierra Leone). Schon Burton (vgl. Peschel-Ruge Gesch. d. Erdkunde² 23) dachte an den Kamerunberg, der noch heute vulkanisch ist; nachdem für April 1906 Solfatarentätigkeit bezeugt war, fand am 29. April 1909 und folgende Tage eine große Eruption statt: Globus XCI 161. XCV 323. Neuere Forschungen von Vanselow, die mit Illings Resultat übereinstimmen sollen, kenne ich nur aus Hutter Wanderungen und Forschungen ins Hinterland von Kamerun 1902, 4. Gegen Illing scheint zu sprechen, daß glücklicher Erfolg solcher Riesenfahrt auf einen Schlag unwahrscheinlich ist; die Portugiesen sind vor Prinz Heinrich nur bis Kap Bojador gekommen, erst 1433 werden die gefährlichen Riffe umsegelt. Indessen sehen sich auch die übrigen Gelehrten genötigt anzunehmen, daß H. erheblich weiter gefahren ist; wir müssen in ihm einen gleich Pytheas unbegreiflich mutigen und glücklichen Entdecker sehen. Am Götterberg fand H. auch seine Gorillen, keine Affen, sondern behaarte Menschen, die Zwergvölker, wie Illing mit glücklichem Scharfsinn erkannt hat (seine Konjektur τοῖς πτεροῖς ist unmöglich: vielleicht οἰστοῖς μικροῖς?). Ruge Peterm. Mitt. 1906 Lit.-Ber. 88 zweifelt die Pygmäendeutung an, indem er die Abhäutung eines Menschen für unmöglich erklärt; diese wird aber erwiesen durch antike Zeugnisse, ethnologische Parallelen und die Behauptungen moderner Mediziner (Marsyas. Plut. Pelop. 21. Phlegon Trall. frg. 63. Gruppe Griech. Myth. u. Rel. Index s. Haut. Micha 3, 2. Märtyrertod des Apostels Bartholomaeus und des heiligen Dorotheus im Apostelindex bei Schermann 1907, 199. Assurbanipal läßt auf assyrischen Bildwerken [2362] elamitische Häuptlinge lebendig schinden, Maspero Hist. ancienne d. peuples de l’Orient class., les Empires 415. Mexikanische Gebräuche bei Brühl Kulturvölker Altamerikas 415. Sonstige Kenntnis der Alten von afrikanischen Zwergvölkern Waser Rosch. Myth. Lex. ‚Pygmaien‘ 3316). Am Gabun kehrte H. um, weil es ihm an Lebensmitteln mangelte; Arrian spricht von πολλαὶ ἀμηχανίαι, die ihm die Weiterfahrt erschwert hätten; stand davon einst im Periplus, oder ist das Hypothese des Eratosthenes? Möglich, daß die an der Westküste Afrikas auf der südlichen Halbkugel das ganze Jahr wehenden Südostpassate H. ebenso gehindert haben, wie seine portugiesischen Nachfolger. Wie Hannibal auf dem Lakinion im Heraheiligtum einen punisch-griechischen Bericht von seinen Taten zurückließ, als er von Kroton nach Karthago zurückfuhr (über solche Tempelberichte Maaß Arch. Jahrb. XXII 21; über die Sitte orientalischer Herrscher, selbst inschriftlich Zeugnis von ihren Taten abzulegen, Jacoby o. Bd. VI S. 963), so hat H. im Tempel des Kronos (wohl Baal-Moloch) eine Erzählung seiner Erlebnisse aufgestellt. Und wie Polybios jene Inschrift sich abschrieb, so hat ein griechischer Forscher etwa Anfang des 4. Jhdts. den Bericht des H. übertragen, die punischen Götter- und Ortsnamen durch griechische ersetzend (Müller Praef. 24. Illing 9. 12), denn auf jenes punische Original müssen letzten Grundes alle sonstigen Nachrichten zurückgehen. Über den Einfluß, den die Kenntnis der H.-Fahrt auf die Zonenlehre und andere geographische Theorien im 4. Jhdt. geübt hat, vgl. die Vermutungen von Schiaparelli Vorläufer des Kopernikus, Altpreuß. Monatschr. XIII 1876, 101. Der früheste Benützer war wohl Promathos von Samos, von Aristoteles zitiert lib. de inund. Nili 80 und Meteor. I 13. 21, der den Cremetes - Χρεμέτης ὃς εἰς τὴν ἔξω ῥεῖ θάλατταν - mit dem Nil auf dem afrikanischen Silbergebirge entspringen ließ (Partsch Abh. Leipz. Ges. Phil. Hist. Kl. XXVII 579. Der Name Promathos darf nicht geändert werden, in der ionischen Form Πρόμηθος ist er mehrfach belegt, vgl. auch Promathidas und Promathion. Bolchert Siegl. Qu. u. Forsch. XV 1908, 42). Danach vielleicht (vgl. zum Folgenden überall Fischer 109-120) Ephoros, der Καρικὸν τεῖχος und Kerne kannte frg. 96. 96 a M., wohl auch Theophrast, wenn auf ihn Mirab. ausc. 37 zurückgeht, Eudoxos und Timosthenes (Plin. VI 198. Wagner Erdbeschr. d. Timosth., Leipz. Diss. 1888, 40); ob Euthymenes (Aristeid. Aigypt. 85, Keil II 290) und Ophellas-Apellas von ihm sprachen, ist unsicher (Strab. XVII 826. wo H. absichtlich nicht genannt ist. Marc. Heracl. Geogr. Gr. min. I 565. Müller Praef. 24). Sicher nahm auf H. Bezug Eratosthenes, den Arrian. Ind. 43 wiedergibt (vgl. auch oben die Lixosfrage). Doch ist Bergers Annahme, der Irrtum des Nepos bei Plin. VI 199, daß Karthago und Kerne unter gleichem Meridian gelegen seien, gehe auf Eratosthenes zurück, der H.s Periplus als Grundlage der Geographie des westlichen Afrika angesehen habe, sehr zweifelhaft (Eratosth. 93. 208; Gesch. d. Erdkunde² 399. Frick Bursians Jahresber. XXIII 553. Knaack o. Bd. VI S. 368). [2363] Die Notiz von den Häuten der Gorgades-Gorillen im Iuno-Astarte-Tempel, die man bis zur Einnahme Karthagos habe sehen können, verdankt Plinius wahrscheinlich dem Polybios (Plin. VI 199. 200. V 8. 9. Cuntz Polybios u. s. Werk 51. Klotz Berl. Phil. Woch. 1908, 1053), der bei seinem Interesse für die Zonenlehre (Schrift περὶ τῆς περὶ τὸν ἰσημερινὸν οἰκήσεως) wohl die Wichtigkeit des H.-Berichtes erkannte und auf seinen Spuren die mauretanische Expedition mit Panaitios auf sieben Schiffen Scipios unternahm (Cichorius Rh. Mus. LXIII 220). Iuba hat den Periplus ausführlich herangezogen (Athen. III 83 b. Plin. V 8 = Solin 24, 15. Peter Progr. Meißen 1879, 5); auch Nepos handelte über ihn (Peter Hist. Rom. Rel. II zu frg. 6 der Exempla; vgl. aber Wissowa o. Bd. IV S. 1411. Klotz, Quaest. Plin. geogr. 18; Berl. phil. Woch. 1908, 1055), wenn auch schwerlich aus unmittelbarer Kenntnis; dies gilt sicher für Mela III 90 und Plinius II 169. V 8. VI 198, die irgendwie auf Nepos und Statius Sebosus zurückgehen (Detlefsen Geogr. Afrikas b. Plin. u. Mela, Siegl. Qu. u. Forsch. XIV 1908, 53. Klotz Qaest. passim). Solin. 24, 15 stammt aus Plin. V 8 und 56, 12 aus VI 200, wobei ihm betreffs Xenophon von Lampsakos eine Flüchtigkeit passiert ist; doch hatte wohl auch dieser gleich allen Plin. VI 198-200 zitierten Autoren von H. gesprochen. Aus Solin schöpft Mart. Cap. VI 621; vgl. auch Isidor. Etymol. XIV 6, 9. Die Nachrichten über H., die sich nicht mit den Angaben des Periplus decken, lassen sich zwanglos teils auf eine ein wenig ausführlichere Fassung desselben zurückführen, teils sind sie spätere Kombinationen, Fabeleien, Flüchtigkeiten. So sind die Tagfahrten im erhaltenen Periplus lückenhaft (Arrian. Ind. 43 ist verworren, Illings Behandlung 37 läßt noch Zweifel übrig). Sichere Fabeleien der Späteren sind Palaephat. 32. Diod. III 54. Stat. Sebos. bei Plin. VI 36. Plin. V 7 Mela III 93. H.s Glaubwürdigkeit ist oft angezweifelt worden, sicher zu Unrecht; der schlichte Bericht, den man ja nicht mythologisch deuten soll (Rohde Gr. Rom. 180. 195. Weicker Seelenvogel 18), ist von fabelnder Renommisterei weit entfernt; einer der ältesten Afrikaforscher erzählt knapp und treu, was er gesehen, dem Gott seiner Väter, der ihn in fernen Meeren beschützte.