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RE:Hadrumetum

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Phönizische Stadt an d. afrikan. Küste
Band VII,2 (1912) S. 21782180
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Hadrumetum, phönizische Stadt (tyrischer Gründung, Solin. XXVII 9) an der afrikanischen Küste (Sall. Iug. 19). Die Notiz des Stephanus Byzant. von einem Gründer Ἀδρύμης ist wertlos. Der phönizische Name ist unbekannt; bei den Römern heißt die Stadt Hadrumetum, und zwar mit Aspiration nach dem Zeugnis der Münzen aus dem Beginn der Kaiserzeit, der überwiegenden Mehrzahl der Inschriften und mancher älteren Handschriften, z. B. des Puteanus des Livius (XXX 29, 1); bei den Griechen Ἀδρύμης (Scylax peripl. 110, Polyb. s. u. Strab. XVII 834), Ἀδρύμητος, Ἀδρύμητον, Ἀδρούμητος oder Ἀδρούμητον (Schreiberversehen sind: Ἀδράμυτος, Ἀδράμητος, Ἀδράμεντος; [2179] s. Boissevain zu Cass. Dio XLII 58, 2). Zur Zeit der karthagischen Großmacht von dieser abhängig, wurde H. von Agathokles im J. 310 zur Übergabe gezwungen (Diodor. XX 17), bildete im J. 202 den Stützpunkt der Operationen Hannibals, der dort landete und dorthin von Zama aus floh (Polyb. XV 5, 3. 15, 3. Nepos Hann. 6. Liv. XXX 29, 1. 35, 4. Appian. Lib. 33. 47). Im dritten Punischen Krieg stellte H. sich auf die Seite der Römer (Appian. Pun. 94) und erhielt nach Zerstörung Karthagos als populus liber seinen Besitzstand garantiert (lex agraria vom J. 643, 3. 79; vgl. Mommsen Ges. Schr. I 125). Anfangs 708 war die Stadt von dem pompeianischen Führer C. Considius Longus besetzt und leistete dem Dictator Caesar, der dort gelandet war und dort sein Teneo te, Africa gerufen haben soll, Widerstand, wofür sie nach der Entscheidung bei Thapsus mit einer hohen Kontribution belegt wurde (Bell. Afr. 3ff. 62ff. 97). 20 Vielleicht hat Caesar auch italische Kolonisten angesiedelt; es scheint wenigstens, daß die Buchstaben C. I. H. auf einigen dort gefundenen Ziegeln c(olonia) I(ulia) H(adrumeto) zu lesen sind (Villefosse Bull. de la société archéol. de Sousse III 200; vgl. CIL VIII p. 2319). Indes hatte diese Kolonie keinen Bestand, und H. erscheint auch in der früheren Kaiserzeit als oppidum liberum (Plin. n. h. V 4, 25). Unter Augustus prägte die Stadt Kupfermünzen (Müller Num. de l’Afrique II 51ff.), zum Teil mit dem Bildnis der Proconsuln der Provinz Africa (Müller a. a. O. 52 III. 27-29, vgl. Mommsen Ges. Schr. IV 183ff.). Gründer der römischen Kolonie war Traian, von dem sie den Namen colonia Concordia Ulpia Traiana Augusta Frugifera Hadrumetina erhielt (CIL VI 1687 = Dessau 6111); col. Conc..... ist auch CIL VIII 11138[WS 1] erhalten; Ulp. Hadr. CIL VI 220 = Dessau 2163; H. colonia Itin. Ant. 58, ähnlich Ptolem. IV 3, 9, u. a.). In diese Zeit mag der langwierige Prozeß gehören, den H. mit dem benachbarten Thysdrus über die Zugehörigkeit eines Minervatempels führte (Frontin. Grom. 57, 3. 87, 29 Lachm.). Nachdem H. schon in der früheren Kaiserzeit, als Sitz des procurator regionis Hadrumetinae (s. o. Bd. III S. 1115) Hauptstadt eines Domänen- und Steuerbezirks gewesen war, wurde es unter Diocletian Hauptstadt der neuen Provincia Valeria Byzacena (Procop. de aedif. VI 6). Kaiserliche Erlasse in H. publiziert Cod. Theod. I 9, 2. VI 28, 2; vgl. Mommsen Ges. Schr. II 390. Unter Iustinian, der die von den Vandalen niedergerissenen Mauern der Stadt wiederherstellen ließ, erhielt sie den Beinamen Iustinianopolis (Procop. a. a. O.; Bischofs-Unterschrift vom J. 553, Mansi IX 106); Bischöfe der Stadt werden vom J. 255 ab (Sent. episcop. nr. 3, in Hartels Cyprian 437) öfters erwähnt. Gebürtig aus H. soll der Kaiser Clodius Albinus nach seiner im allgemeien wenig glaubwürdigen Vita, Hist. aug. Clod. Alb. 1. 4. 12 gewesen sein; die Nachricht, von mir Herm. XXIV 354 angezweifelt, ist von Hirschfeld (Histor. Zeitschr. LXXIX 1897, 454) geschützt worden durch den Hinweis auf Münzen mit der Aufschrift Saeculo frugifero, die Clodius Albinus als Caesar hat schlagen lassen, auf denen [2180] eine Gottheit, wahrscheinlich Saturnus frugifer, sich genau ebenso abgebildet findet wie auf einer Bronzemünze von H. (Cohen III ed. 2, 421 nr. 68ff.; vgl. Müller Num. de l’Afr. suppl. 42). Ihre Bedeutung verdankte die Stadt dem Handel und der Fruchtbarkeit ihres Gebietes und des Hinterlandes. Von dem Handel zur Kaiserzeit geben Zeugnis die in Ostia und Rom gefundenen, Fan(nius?) Fort(unatus) col(onia) Hadr(umeto) und ähnlich gestempelten Amphoren (CIL XV 3375ff.). Wie Karthago, scheint die Stadt einen inneren (oder gar mehrere innere) und einen äußeren Hafen besessen zu haben; den cothon erwähnt und unterscheidet davon einen äußeren Hafen das Bell. Afr. 62. 63, über die Reste dieser Anlagen (von Natur war der Ort ἀλίμενος, Stadiasm. maris magn. 116) s. Tissot Géogr. de l’Afrique II 144ff. Schiffswerften erwähnt Strab. XVII 834. Auf die Fruchtbarkeit des Gebietes, zugleich auch auf den Kult des Saturnus Frugifer bezieht sich der Name Frugifera der traianischen Kolonie. Über die Identität von H. mit der tunesischen Handels- und Hafenstadt Susa (jetzt französisch Sousse) kann nach den Angaben der alten Geographen (Mela I 7, 34. Plin. V 5, 35. Ptolem. IV p. 622 Müller) und Itinerarien (Tab. Peut. Itin. Ant. 52. 55. 56. 58. 493; Stadiasm. maris magn. 116), besonders aber nach der Entdeckung des Inschriftfragments CIL VIII S. 11 138 kein Zweifel sein. Über die wenigen sichtbaren Reste des Altertums s. Tissot Géographie de l’Afrique II 150ff. (nach Daux). In der neuesten Zeit haben Ausgrabungen Reste römischer Privathäuser oder Villen - in einer solchen fand sich ein Mosaik mit dem Bilde Vergils (Arch. Jahrb. 1898, 114) - sowie römische Nekropolen und frühchristliche Katakomben freigelegt; vgl. u. a. Gauckler Bull. archéologique du comité des travaux historiques 1904, 431ff. Gauckler, Gouvet und Hannezo Musées de Sousse (in Musées de l’Algérie et de la Tunisie), Paris 1902, 4°. Die römischen Inschriften s. CIL VIII p. 14, Suppl. p. 1160, auct. p. 2320ff.

[Dessau. ]

Anmerkungen (Wikisource)