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RE:Glykyrrhiza

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Süßholz, Pflanzenart
Band VII,2 (1912) S. 14731475
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Glykyrrhiza, γλυκυρρίζα, γλυκεῖα ῥίζα, dulcis radix, Süßholz, Staude aus der Familie der Papilionaceen, Unterabteilung der Galegeen, mit unpaar-gefiederten, vieljochigen Blättern und achselständigen, ährenförmigen, vielblumigen Trauben, Blumen weiß, violett oder blau. Die Wurzeln, Wurzelstöcke und Wurzelausläufer enthalten Süßholzzucker (Glycyrrhizin). Im Gebiete finden sich zwei Arten: G. glabra L. (Hülsen kahl, 2–4samig), nebst der Unterart G. glandulifera Waldst. Kit. (Hülsen drüsenborstig) und G. echinata L. (Hülsen igelborstig, 1–2samig); vgl. Engler-Prantl Natürl. Pflanzenfamilien III 3, 307. Karsten Deutsche Flora II2 248. Halácsy Conspectus florae graec. I 427. Heldreich Die Nutzpflanzen Griechenlands 70. Arcangeli Flora Ital. 506. Abbildung u. a. Thomé Flora von Deutschland III 67. Wiesner Die Rohstoffe des Pflanzenreiches II 526ff. Flückiger Pharmakognosie des Pflanzenreiches 382.

Erwähnt wird die γλυκεῖα ῥίζα zuerst von Hippokrates morb. mul. I 624 als äußerlich angewandtes Mittel. (Pseudo-)Theophr. h. pl. IX 13, 3 sagt: ,Süß ist auch die skythische Wurzel, ja sie wird von manchen geradezu Süßwurzel genannt. Sie wächst an der Maiotis. Sie ist gebräuchlich gegen Asthma, trockenen Husten und überhaupt bei Brustbeschwerden. Auch gegen Wunden wird sie in Honig gegeben. Sie vermag auch den Durst zu stillen, wenn man sie im Munde hält. Daher sollen die Skythen mit dieser und der Hippake 11–12 Tage lang aushalten können.‘ Schon diese Heimatangabe und Benennung weist darauf hin, daß hier von der speziell Südosteuropa (Südrußland usw.) angehörigen G. echinata die Rede ist. Noch klarer bezeugt dies die Beschreibung des Dioskurides (mat. med. III 5): Die G., welche man auch Pontische Wurzel, γεντιανή, Σκύθιον, ἄδιψον und σύμφυτον heißt (vgl. Isid. orig. XVII 9, 34 G. graece ex eo dicta quod dulcem radicem habeat ... eadem ἄδιψος, quia sitientibus sitim sedat), wächst am häufigsten in Kappadokien und Pontos. [Die interpolierte Bearbeitung (Wiener Hss. usw.) fügt hierzu noch die Namen γλυκήρατον, γλυκύφυτον, λεοντίδα, κόλυθρα, † λυβυεστασo, ὤμοιν πέενθα, σεμεθεώρ, Ῥωμαῖοι δουλκιράδιξ.] Sie ist ein kleiner Strauch mit zwei Ellen langen Trieben, um welche die Blätter, welche denen des Mastixbaumes gleichen, dicht stehen, diese sind fettglänzend und klebrig anzufühlen. Die Blüte ist der Hyazinthe ähnlich, das Blütenköpfchen (καρπός) ist von der Größe der Platanenblütenknäuel, rauher, es enthält linsenartige Hülsen, welche rot und klein sind.‘ Das sind aber gerade charakteristische Merkmale der G. echinata L. (vgl. Abb. Engler-Prantl III 3, 300), während [1474] G. glabra verlängerte, lockere Trauben hat. Auch die Abbildungen der Wiener Hss. fol. 91v C.; fol. 34 N. zeigen, wie schon Daubeny (Lectures on Roman husbaudry) und E. Bonnet (Janus VIII 269f.) erkannten, den Typus von G. echinata.

In ganz ähnlicher Weise beschreibt Plinius unsere Pflanze (n. h. XXII 24); als gemeinsame Urquelle darf man nach Wellmann Herm. XXXIII 361 Diokles aus Karystos annehmen, nur hatte seine Vorlage für ἐοικότα σχίνῳ - ἐοικότα ἐχίνῳ, was ihn zur Übersetzung mit foliis echinatis führte und weiterhin veranlaßte, XXI 91 in die aus Theophrastos (h. pl. VI 1, 3) geschöpfte Aufzählung der Dornpflanzen anstatt des κνῆκος ganz unpassender Weise glycyrrhiza, urtica einzusetzen. Die beste Sorte kommt ihm aus Cilicien, secunda Ponto; diese sei allein offizinell und werde vergiliarum occasu gewonnen. Nun ist die Wurzel der im Garten gebauten G. echinata nicht süß, weshalb Flückiger sie als Stammpflanze des russischen Süßholzes nicht anerkennt; ihm folgen Kobert Historische Forschungen V 54 und Frieboes in seiner Celsusübersetzung S. 688. Aber die oben gegebene Beschreibung bei Dioskurides und Plinius paßt doch nur auf G. echinata L., daher hält auch er an dieser schon von Billerbeck Flora class. 192 gegebenen Deutung fest; die ältere Zeit scheint eben nur diese Art gekannt zu haben, aber vielleicht steckt in des Plinius besserer cilicischer Sorte die erste Erwähnung der süßeren G. glabra bezw. glandulifera. Die Wurzeln selbst werden als lang, buchsbaumfarbig wie die des Enzians, etwas herb und süß bezeichnet: sie werden zu Saft verarbeitet wie das Lykion. Als Heilmittel verwendet Celsus die radix, quam dulcem appellant, gestoßen und in Rosinenwein oder Weinmet gekocht gegen Mandelentzündung (de med. VI 10), zu Pastillen zur Austreibung eines Steines aus der Blase (V 20, 6), zu einem Gegengift (V 23, 1) u. a. Scribonius Largus gibt die Wurzel der G. in einer arteriace des Asklepiades (75), den Saft in Pastillen gegen Blutbrechen (86). Dioskurides und der trotz allgemeiner Übereinstimmung doch manches abändernde Plinius fügen zu den Angaben des Theophrastos noch folgendes hinzu: Der Saft wirkt gegen Rauheit der Luftröhre, man muß ihn aber unter die Zunge legen und zergehen lassen. Er ist auch ein gutes Mittel bei Magenbrennen, bei ... Leberleiden, Blasenkrätze und Nierenleiden ..., als Salbe ist er ein Wundmittel und gekaut bei Mundschäden zuträglich; dasselbe leistet die Abkochung der frischen Wurzel. Die trockene Wurzel ist feingerieben beim Überwachsen [1475] der Nägel aufgestreut von guter Wirkung. Plinius hat § 26 noch weiter: sanat ... condylomata, ulcera genitalium, dedere eam quidam potui in quartanis drachmarum duarum pondere et piper ex hemina aquae, commanducata sanguinem ex vulnere sistit. sunt qui et calculos ea pelli tradiderunt.

Galenos nennt XI 858 (vgl. XIII 11) den Saft gleich brauchbar wie die Wurzeln, da er süß sei mit einer gewissen Adstringenz, deshalb helfe er zur Beseitigung aller Rauheiten nicht nur in der Luftröhre, sondern auch in der Blase (vgl. XIII 51). Auch im weiteren folgt er Dioskurides, den er auch zitiert, nur daß er an dessen Angaben noch allgemeine Erörterungen anknüpft. Die beste Wurzel stammt nach seiner Angabe von Kreta (XIV 61), dieses lieferte auch den Saft direkt (XIII 47), der mit der Zeit erhärtete (XII 963). Ihm folgen in der Angabe der Heilwirkungen Aetios Amidenos (γλυκύριζον I p. 6 v0 der Aldina von 1534), Paulus Aegineta (VII p. 107 v der Aldina von 1528), sowie Oreibasios V 608 (Busemaker-Daremberg) und II 625. Alexander Trallianos (ed. Puschmann) verwendet G. sehr viel, so II 139 1/2 Drachme in einer Arznei zum Gurgeln bei Halsentzündung, 161 wird gehörig gereinigtes und gewaschenes Süßholz in eine Hustenarznei getan, 165 wird Süßholzwurzel mit dem Mohnkopfmittel gemischt und gekocht, 223 wird gegen Eiterungen in der Bauchhöhle ein Mittel mit Süßholz gegeben, sowie 227 als Zusatz zur Audornmedizin zur Entleerung der in der Brust befindlichen Schleimmassen und 265 und 267 zu durststillenden Pastillen. In ein Dekokt aus Süßholz u. a. werden 179 die Substanzen zu einem erwärmenden Mittel (des Magnus) geschüttet; ein solches wirkt 213 abführend und ist 243 nötig bei schleimigem und zähem Auswurf. Der Saft des Süßholzes kommt I 429 zu Pastillen gegen das Quartanfieber, schützt II 129 bei Angina den Schlund vor Rauhwerden durch die Maulbeerenarznei, wird 175 der Audornarznei zugesetzt und hilft 181 gegen chronischen Husten.

Die Geoponika schreiben ihr (V 24, 3) die Fähigkeit zu, zwischen Weinstöcke gepflanzt diese zu reichlichem Tragen zu bringen und geben sie als Bestandteil eines Rezeptes an, um jungen Wein alt erscheinen zu lassen (VII 24, 4).

Bei den späteren Lateinern entstanden durch Volksetymologie u. a. die Formen glycyridia (gliciridia); gliquiricia, liquiricia (Theodorus Priscianus ed. Rose 515), gliquiritia (Cassius Felix 33, 34, vgl. Rose 237) u. a. (vgl. auch Thesaur. Gloss. emend. s. glycyrrhiza. Simon Ianuensis s. glicoriza. Fischer-Benzon Altdeutsche Gartenflora 206), woraus schließlich das deutsche ,Lakrizensaft‘ hervorgegangen ist. Verwendet wird die Pflanze bezw. ihr Saft gleichfalls meist gegen Husten, wofür sie noch heute als Hausmittel gebraucht wird (Cassius Felix a. a. O. Gargil. Martial. 45. Muscionis gynaecia 139 u. a.).