Zum Inhalt springen

RE:Fructus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Frucht als jurist. t.t. Einkommen / Gewinn, Gegenstand eines Genusses
Band VII,1 (1910) S. 120121
Bildergalerie im Original
Register VII,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VII,1|120|121|Fructus|[[REAutor]]|RE:Fructus}}        

Fructus im weitesten Sinne des Wortes ist jeder Gegenstand eines Genusses (frui), also auch jeder Gewinn, daher auch das Einkommen aus einer Gütermasse; vgl. Dig. XXII 1, 49 (Iavolenus) f. rei est vel pignori dari licere. Im weitesten Sinne zerfällt der Ausdruck in einen absoluten und einen relativen Begriff, d. h. in Sachen, deren Fruchteigenschaft ihnen auch dann, wenn man sie an und für sich betrachtet, anhaftet, z. B. Feldfrüchte (Dig. L 16, 236, 1 glandis appellatione omnis fructus continetur), und in Früchte einer bestimmten Sache (der Muttersache). Es kann daher dieselbe Sache (z. B. ein Muttertier) Frucht eines andern sein und zugleich Muttersache eines dritten. Diese relative Bedeutung ist die eigentlich juristische (Dig. XX 1. Cod. VIII 51), und zwar in doppelter Hinsicht. Einmal gibt es gewisse Fruchtziehungsrechte, die neben dem Eigentume stehen und dies unangetastet lassen müssen, namentlich der Nießbrauch (ususfructus). Hier ist f. alles was aus einer Sache ohne Eigentumsverlust oder Eigentumsbeschädigung gewonnen werden kann, sei es nun als natürliches Erzeugnis (f. naturales), sei es durch Vermittlung eines Rechtsverhältnisses, z. B. durch eine Vermietung (f. civiles Dig. XXII 1, 36). Hierher gehört die alte Streitfrage (Cic. de fin. I 12), ob das Sklavenkind f. der Mutter sei, die man schließlich verneinte, Dig. XXII 1, 28, 1, wahrscheinlich um die Trennung von Mutter und Sklavenkind zu vermeiden.

Wo dagegen f. neben einer fremden Sache herauszugeben waren, aus der der Zurückgebende sie grundlos erworben hatte, scheint man einen weiteren Fruchtbegriff angenommen zu haben, der alles umfaßte, was aus einer Sache (mit oder ohne Gefährdung des Eigentums) gewonnen worden war (Dig. XXII 1, 49), natürlich nur ohne sie zu zerstören, weil sonst von einer Nebenpflicht, die Früchte mit der Sache herauszugeben, nicht gesprochen werden kann. Wer nämlich alle Sachen herausgeben muß, die er nur aus einem besondern Fruchtziehungsrechte würde haben gewinnen dürfen, muß um so mehr auch das erstatten, was er nicht einmal aus einem solchen Rechte würde haben erwerben können.

Allgemeine Regeln über Fruchtverteilung bei dem Wechsel des Nutzungsberechtigten sind dem römischen Rechte fremd, vielmehr wird jeder Berechtigungsfall nach besondern Grundsätzen behandelt.

Literatur. Heimbach Die Lehre von der Frucht 1873. Göppert Über die organ. Erzeugnisse 1869. Czyhlarz Fortsetzung von Glück (41. 42) I 389ff. v. Petrazycki Die Fruchtverteilung beim Wechsel des Nutzungsberechtigten, Berlin 1892, und dazu R. Leonhard Ztschr. d. Savigny-Stift. XIV 275ff. v. Petrazycki Die Lehre vom Einkommen, 2 Bde., Berlin 1894. 1895, und dazu R. Leonhard in Gruchots Beiträgen XXXVIII 1894, 747ff.; vgl. Dernburg Pandekt. I7 176ff. § 78. Windscheid-Kipp Pandekt. I8 623 § 144 Anm.; über Fruchterwerbung II 846ff. § 186 und über Fruchterstattung II 879ff. § 194.