12) M. Fonteius. Die einzige Quelle für sein Leben bieten die Reste der Rede Ciceros pro M. Fonteio, hier nach der Ausgabe von C. F. W. Müller II 2, 17–35 zitiert; die ebd. II 3, CXXVIIf. abgedruckten Fragmenta Cusana sind nicht dieser Rede, sondern der für L. Flaccus zuzuweisen, vgl. F. Schöll Rh. Mus. LI 392–395. F. war der Sohn des 663 = 91 in Asculum ermordeten Legaten Nr. 2 (Cic. 41, vgl. 48). Seine Ämterlaufbahn begann er als Triumvir und wurde darauf Quaestor. Cic. 5 sagt, daß ein jedes dieser beiden Ämter in pecunia maxuma tractanda procurandaque versatus und in Rom vor aller Augen geführt worden sei; man wird F. daher eher mit Mommsen (Münzw. 573 nr. 331 Anm.) und Schneider (3–5) für einen Triumvir monetalis, als mit Drumann (G. R. V 329) für einen Triumvir coloniae deducendae halten. Die Quaestura urbana führte er nach Cic. 1 nach Erlaß der Lex Valeria de aere alieno vom J. 668 = 86, doch noch nicht in demselben
[2844] Jahre, sondern erst im nächsten oder zweitnächsten (vgl. Mommsen a. O.); es wurde ihm später der Vorwurf gemacht, dieses Amt schlecht geführt und Unterschlagungen begangen zu haben (Cic. 1–5). Während er bis dahin im Dienste der Demokraten gestanden hatte, muß er sich bei Sullas Rückkehr nach Italien im J. 671 = 83 an diesen angeschlossen haben; in der folgenden Zeit, etwa 673 = 81 unter C. Annius Luscus, war er dann Legat in Hispania ulterior (Cic. 6. 45). Darauf war er Legat in Makedonien und hatte die Provinz gegen Raubzüge der Thraker zu verteidigen (Cic. 44); vermutlich diente er dort unter Ap. Claudius Pulcher (o. Bd. III S. 2849, 35ff.) und hatte nach dessen Tode im J. 678 = 76 Gelegenheit, sich in selbständiger Stellung zu bewähren. Seine Praetur wäre dann in das nächste J. 679 = 75 und seine Verwaltung der Provinz Gallia Narbonensis, die nach Cic. 82 drei Jahre lang währte, in die J. 680 = 74 bis 682 = 72 zu setzen oder schon in die J. 679 = 75 bis 681 = 73, wenn aus dem Wortlaut bei Cic. 11 und 16 geschlossen werden sollte, daß F. schon als Praetor, nicht erst als Propraetor in die Provinz abging. Die Angaben der Rede Ciceros und unsere Kenntnis der Geschichte dieser Zeit sind zu unvollständig, um eine sichere Entscheidung der Frage zu ermöglichen, in welchen Jahren F. Gallien verwaltet habe; jedoch sind die Neueren außer Maurenbrecher Sall. hist. frg. I 29. II 227f., der die J. 677 = 77 bis 679 = 75 annimmt, in jener späteren Ansetzung ziemlich einig (vgl. besonders Schneider 10–21. Bienkowski Wiener Studien 223f. Lebègue Fastes de la Narbonnaise [Toulouse 1893] 17). Die wichtigste Quelle ist Cic. 16: Cum Galliae Fonteius praeesset, scitis, iudices, maximos populi Romani exercitus in duabus Hispaniis clarissimosque imperatores fuisse …… exercitus praeterea Cn. Pompei maximus atque ornatissimus hiemavit in Gallia M. Fonteio imperante. Die Statthalterschaft des F. fällt demnach zusammen mit dem Verweilen des Metellus Pius und des Pompeius in Spanien; daß nur die Winterquartiere des Pompeius, nicht auch die des Metellus in Gallien mit ihr zusammenfallen, führt auf die Jahre seit 679 = 75. Dazu stimmt die Angabe bei Cic. 13, daß F. nicht nur die in Spanien kämpfenden Heere mit Getreidelieferungen unterstützt habe, sondern auch berittene Hilfstruppen ausgehoben habe ad ea bella, quae tum in toto orbe terrarum a populo Romano gerebantur; diese Schilderung paßt erst auf die Zeit seit Beginn des dritten Mithridatischen Krieges 680 = 74. Auch die lange Amtsdauer des F. ist ähnlich wie die des Verres in diesen Jahren, in denen auch der Sklavenkrieg zum Ausbruch kam, am besten verständlich; dagegen ist ohne jede Beweiskraft der Umstand, daß Sall. hist. III 46 Maur. beim J. 681 = 78 von solita vitiosis magistratibus in Gallien spreche, während Cicero die Verwaltung des F. so sehr lobe; sie hat ja gerade zu der Anklage des F. Anlaß gegeben, so daß auch jene Wendung ganz am Platze ist. Was Cicero außer dem bereits Berührten in der Rede für F. von seiner Statthalterschaft berichtet, ist hauptsächlich die Unterwerfung einiger keltischer
[2845] Stämme (12. 13. 14. 26. 49, vgl. über die militärische Tüchtigkeit des F. auch 41–43. 48f.). Nicht lange nach der Rückkehr aus der Provinz wurde F. wegen Erpressungen angeklagt. Der Prozeß wurde vor einem Gerichtshofe verhandelt, der auf Grund der Lex Aurelia iudiciaria vom J. 684 = 70 gebildet war (Cic. 36); Cicero übernahm die Verteidigung des Angeklagten und setzte in der Einleitung seiner Rede (frg. I aus Iul. Vict. p. 400, 13 Halm) auseinander, wie verschieden dieser Fall von dem des Verres sei, wo er einen andern Statthalter wegen desselben Verbrechens angeklagt hatte; dies führt darauf, den Prozeß ins J. 685 = 69 zu setzen. Der eigentliche Ankläger war der vornehme Gallier Indutiomarus; ihn vertrat vor Gericht M. Plaetorius, neben dem als Subscriptor M. Fabius stand. Soweit die Verteidigungsrede Ciceros auf den materiellen Inhalt der Anklage eingeht, legt sie dar, daß die Verwaltung des F. allerdings die gallischen Untertanen vielfach hart getroffen, aber den Vorteil der Regierung, der römischen Bürger, die in Gallien Geschäfte hatten, und der alten Bundesgenossen Roms, d. h. der fremden Niederlassungen in diesen Gegenden, stets wahrgenommen habe. Die erhaltenen Teile der Rede bilden den Schluß der Ausführungen der Verteidigung bei der zweiten Verhandlung (vgl. Cic. 37. 40); weil alles Vorangegangene fehlt, ist die Beurteilung des Erhaltenen bei Holm Gesch. Siciliens III 437 nicht ganz gerecht. Der Ausgang des Prozesses ist unbekannt; aus einer Bemerkung Ciceros (ad Att. I 6, 1), daß ein M. Fonteius, dessen Name hier nicht einmal sicher überliefert ist, ein Haus in Neapel im J. 686 = 68 gekauft habe, mit Schneider 33f. zu schließen, daß F. verurteilt worden sei und in Neapel gleich anderen ein Asyl gefunden habe, scheint unzulässig. Ebensowenig ist die Vermutung der Herausgeber zweier ephesischer Inschriften zu billigen, von denen die eine einen …ον Φοντήϊ[ον … τὸν] πενθερὸν τὸν Μάρκου Ἀππο[λ]ηΐου τοῦ ταμίου und die andere dessen Tochter, die Gattin dieses Quaestors M. Appuleius Sex. f. (vielleicht des Consuls von 734 = 20, o. Bd. II S. 258 Nr. 14) ehrt, daß der hier genannte F. Ciceros Klient sei, der sich mit seinem Raube nach Ephesos zurückgezogen haben könnte (Ancient greek inscr. of the Brit. Mus. III 547); jedenfalls war F. zur Zeit seines Prozesses noch unverheiratet und kinderlos, da Cicero nur seine Mutter und Schwester als Fürbitterinnen auftreten läßt (46ff.). Vgl. Drumann G. R. V 329–335. A. R. Schneider Quaestionum in Ciceronis pro Font. orationem capita IV, Diss. Leipz. 1876 (I. Vorleben des F., II. Seine gallische Statthalterschaft, III. Sein Prozeß, IV. Ciceros Rede).