RE:Exedra
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Sitzplatz im Freien | |||
Band VI,2 (1909) S. 1581–1583 | |||
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Exedra. Das Wort bezeichnet einen Ort, an dem man mehr oder weniger im Freien sitzen konnte. Solche Sitzplätze konnten sehr verschiedener Art sein. Ein unbedeckter Sitz war offenbar die von Strab. XIII 625 erwähnte, auch als σκοπή bezeichnete E. auf der Höhe des Tmolos, mit Blick in die verschiedenen Täler, und so auch wohl die προεξέδρη λίθου λευκοῦ, von der Xerxes (Herodot. VII 44) bei Abydos seine Truppen vorüberziehen sah. So hat man denn auch den [1582] unbedeckten halbrunden Sitz beim Zeustempel in Pergamon als E. Attalos II. bezeichnet (Altert. v. Perg. V 2, 58ff.), obgleich der Name hier nicht bezeugt ist. Und es ist wohl möglich, daß die z. B. in Pompeii mehrfach vorkommenden halbrunden Steinsitze auch E. genannt werden konnten. Beglaubigt ist für sie der Name schola (CIL X 831); aber dieser Name konnte auch eine Apsis bezeichnen (schola labri Vitr. V 10, 4), und eine Apsis konnte auch E. heißen.
E. hießen ferner Räume, die in ganzer oder fast ganzer Breite auf einen Porticus geöffnet waren. So namentlich in den Palaestren, wo die größte E. das Ephebeum war. Vitr. V 11, 2. Hier sind die von Vitruv so genannten Räume deutlich zu erkennen in den erhaltenen Palaestren. In Olympia (Curtius und Adler Olympia II 113ff., Taf. LXXIII. LXXIV 1) sind auf der Nord-, Ost- und Westseite der Palaistra, weit offene Säle, deren Eingänge durch meistens zwei bis fünf, in einem größeren Raum der Nordseite durch neun Säulen geteilt sind. Sie haben eine Tiefe im Osten und Westen von 6,75 m., im Norden von 8,35 in. Im Süden ist eine 4,37 m. tiefe durchgehende Halle mit 15 Säulen im Eingang, in der man das Ephebeum erkennen will. Mehrere dieser Räume (VI, VIII, IX, XII, XV, XVIII auf dem Plan) hatten Steinsitze an den Wänden (in XVIII vollständig erhalten) und Marmorfußboden; in anderen (V, VII, XVII) fehlten die Bänke und bestand der Fußboden aus Erde.
Weniger gut erhalten ist alles dies auf Delos (Bull. hell. 1891, 246 Taf. XV). Hier liegen an der Palaistra ein kleinerer (7,92 × 6,20) und zwei sehr große Räume (20,30 × 7,35), ohne Türen in fast ganzer Breite auf die Portiken geöffnet. Ἐ τῆς παλαίστρας in einer Inschrift von Delos, Bull. hell. XIV (1890) 488, 1. Auch an anderen öffentlichen Portiken gab es solche E. In einer E. am Porticus des Pompeiustheaters fand die Senatssitzung statt, in der Caesar ermordet wurde, Plut. Brut. 14. Sie muss also beträchtlich groß gewesen sein.
E. in Wohnhäusern werden öfters erwähnt. Vitruv kennt sie im griechischen (VI 7, 3) und römischen Hause (VII 3, 4. 5, 2. 9, 2). Die E. seiner Villen erwähnt Cicero de or. III 17; de n. d. I 15; ad fam. VII 23, 3). In den Häusern Pompeiis sind sie leicht kenntlich durch die Ähnlichkeit mit den E. der Palaestren: weit offene Zimmer, die sich ohne Türen auf die Portiken der Peristyle öffnen. Meist ist eine E. in der Mitte der Rückseite des Peristyls, dem Tablinum gegenüber. Varro de r. r. I 6, 15 berichtet von einer solchen E., die durch Vorspannung eines Netzes in ein Vogelhaus verwandelt war. Einigemale haben diese E. Säulen im Eingange: Pompeii, E. des Alexandermosaiks in der Casa del Fauno, ferner in der Casa del Cinghiale. Zweifelhaft ist, ob der Name auch Räumen zukommt, die sich in ganzer oder fast ganzer Breite auf die Portiken öffnen, aber durch Türen verschließbar sind.
Sicher aber ist der Name E. bezeugt für einen Raum, der sich in ganzer Breite auf einen grössern geschlossenen Raum öffnet. Joseph. ant. VIII 134 von der E. an dem großen Saal im Palast des Salomon, in der der König zu Gericht [1583] zu sitzen pflegte. Nach dieser Analogie können auch das Tablinum und die Alae am Atrium ihrer Form nach als Exedren bezeichnet werden, ebenso das Tribunal der Basilika, sei es, daß es ein mit einer Säulenstellung auf den Hauptraum geöffnetes erhöhtes Zimmer ist, wie in der Basilika von Pompeii, sei es, daß es die Form der Apsis hat. Denn gerade für apsisförmige Räume ist der Name E. bezeugt.
Daß nämlich auf das Freie geöffnete Apsiden, wie die halbrunde Nische an der Gräberstraße in Pompeii (Overbeck4 406), die E. des Herodes Atticus in Olympia (Curtius und Adler Olympia II 134ff. Bötticher Olympia 401), die große Apsis am Hippodrom des Palatin (Richter Topogr.² 155) mit Recht E. genannt zu werden pflegen, ist inschriftlich erwiesen auf Delos, wo die E. des Midas durch die ihr in einer Entfernung von 25 m. gegenüberliegende Mosaikinschrift als solche bezeichnet wird. Bull. hell. VI (1882) 305 pl. IX h, die Inschrift ebd. VII (1883) 280.