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RE:Errhephoroi

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Für Athena ausgewählte Mädchen
Band VI,1 (1907) S. 549551
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Errhephoroi (Ἐῤῥηφόροι, ἐρσηφόροι. Zeugnisse: 1. Sesselinschrift des Dionysischen Theaters für zwei ἐρσηφόροι der Ge Themis, IG III 318. 2. Desgleichen für zwei ἐρσηφόροι der Eileithyia in Agrai, IG III 319. 3. Eine Ehreninschrift, nur von Pittakis gesehen, erwähnt eine ἐρρηφορήσασαν Δήμητρι καὶ Κόρηι, IG III 919. Damit zu vergleichen die ἐρ[σ]οφόρος bei den Mysterien von Mytilene im 3. Jhdt n. Chr., s. Ἐρσοφόρος. Fernzuhalten ist die ἀρρητοφορία im Rohdischen Lukianscholion (E. Rohde Kl. Schriften II 356ff. Robert Griech. Myth. I 211f., 3. 781, 1. Toepffer Att. Geneal. 121 u. a., o. Bd. I S. 1961 [‌Dümmler]. Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 5281.), so genannt von den ἄρρητα ἰερά, Teignachbildungen von Geschlechtsgliedern u. a., die die Weiber beim Feste der θεσμοφορία mitbrachten. 4. In einer Inschrift der ersten Hälfte des 2. Jhdts. v. Chr. wird jemand nachgerühmt, daß er seine Tochter für die Epidaurien als Arrhephora (ἀρρηφοροῦσαν) gab, IG II 1 add. p. 418 nr. 453 b; vgl. Lysias or. XXI 5; dafür IG III 916 in der Kaiserzeit: κανηφορήσασαν Ἐπιδαυρίοις. 5. Die ἐρρηφόροι oder ἀρρηφόροι der Athena.

Über die Schreibung des Wortes und das Wesen der Einrichtung ist viel geschrieben, und hat man sich schon im Altertum die Köpfe zerbrochen. Wir besprechen zuerst die Sache, dann den Namen und seine Schreibung.

A. ,Mit sieben Jahren war ich sogleich Errhephore (ἠρρηφόρουν, man kann also auch die Schreibung mit ἀρρ- daraus ableiten), sodann mit zehn Jahren Mahlerin der Archegetis d. h. der Athena, dann Bärin im Safrangewand an den Brauronien‘ heißt es in Aristophanes Lysistrate v. 641ff. in der Aufzählung der Verdienste einer Athenerin. Lysias XXI 5 und Deinarch gegen Pytheas (Harpocr. s. ἀρρηφορεῖν) erwähnen die Institution, ersterer als Liturgie, die er auf sich genommen. Aus der Scholien- und Lexikographenliteratur, die gute Quellen, sicherlich auch die Atthidographen, benutzt, da Istros zitiert wird, erfahren wir, daß [jährlich?] vier Mädchen von vornehmer Geburt gewählt wurden (ἐχειροτονοῦντο, also von der Volksversammlung), von denen wiederum der Archon Basileus zwei aussuchte (technischer Ausdruck dafür ἐπιώψατο οἷον κατέλεξεν, ἐξελέξατο Suid. s. v. IG II 948), die das Weben des Peplos und alles, was sich darauf bezog, leiteten. Sie trugen weißes Gewand, was sie aber an Goldschmuck anlegten, war damit der Göttin geweiht, Harp. a. a. O. aus Dinarchscholien (Suid. Etym. M.), in einigen Hss. ἀρρηνοφορεῖν und ἀρρηνοφόροι s. u. Auf der Burg gab es einen Platz, an dem sie Ball spielten, die σφαιρίστρα (gebildet wie ὀρχήσ–τρα und der moderne theräische Ortsname [550] Χορεύ-τρα), auf der Isokrates als Knabe, zu Roß dahinsprengend, dargestellt war, wie manche behaupteten; aus mündlicher Tradition von Heliodoros in seiner Periegese verzeichnet und darnach aufgenommen von Plut. vita Isocr. 839 B, vgl. B. Keil Herm. XXX 1895, 203. Man buk für sie die Kuchen ἀνάστατοι, Athen. III 114 a. Hesych. Suid. Über den Abschluß ihrer Tätigkeit berichtet Pausanias I 27, 2, nachdem er vom Pandrosostempel gesprochen, der an das Erechtheion angrenze. Zwei Jungfrauen, Arrhephoren, wohnten nahe dem Poliastempel und lebten eine Zeitlang bei der Göttin; wenn aber das Fest käme, setzte ihnen die Athenapriesterin bei Nacht etwas auf den Kopf, was weder sie selbst kenne, noch die Trägerinnen wüßten (eine Umschreibung der ἄρρητα im Stil des Pausanias), und schicke sie auf einem unterirdischen Wege (κάθοδος ὐπόγαιος αὐτομάτη) nach dem Bezirk der Aphrodite in den Gärten, Dort lassen sie ihre Bürde und bekommen dafür eine andere, eingehüllt. Dann entläßt man sie und nimmt andere an ihre Stelle. Das Fest wird auf die ἀρρηφορία bezogen, die der Athena im Skirophorion gefeiert wird, weil man ἄρρητα καὶ μυστήρια trägt. Etym. M. s. ἀρρηφορία. Der Beginn der Arbeit, das Aufziehen des Gewebes auf den Webstuhl, geschah am 1. Pyanopsion, Etym. M. s. Χάλκεια. Über die topographischen Probleme, den Gang und die Lage des Pandroseion, s. die Literatur bei Blümner-Hitzig z. d. St.; es ist sehr fraglich, ob man im 2. Jhdt. n. Chr. einen anderen Ausgang aus der Burg als die Propyläen hatte (an die A. Mommsen auch denkt), obwohl man den uralten Aufgang zur Burg von der Nordseite dafür vorgeschlagen hat, von dem es aber sehr fraglich ist, ob er damals noch offen war. A. Brückner erinnert scharfsinnig an den geheimnisvollen Ausgang der Lokrerinnen aus Ilios. Zahlreich sind die Inschriften. Aus vorrömischer Zeit IG II 1379–1385. 1390–1392. 1591; meist Weihungen an Athena, einmal (1383) an Athena und Pandrosos. Schreibung, soweit nicht ergänzt, mit ἐρρ-; über die ἀρρηφοροῦσα an den Epidaurien s. o. S. 549, 30ff. Aus der Kaiserzeit IG III 887 der Athena Polias und Pandrosos, andere nur der Athena geweiht. 902. 916–918. Andere Errhephoren scheide ich aus; auch die ἀρρηφορήσασα, die ihren eigenen Sohn weiht. 822 a, gehört in eine andere Sphäre; oder sollte sie sich als Mutter noch auf die Tätigkeit beziehen, die sie mit sieben Jahren als kleines Mädchen ausgeübt hatte!? Monumentale Darstellung auf dem Ostfries des Parthenon? Robert Gr. Myth. I 211, 3 nach K. O. Müller u. a.

B. Name. Auf Istros geht die Etymologie νοn Ἕρση, der Kekropstochter, zurück: ἑρσεφορία (corr. ἐρσηφορία), weil ihr der Festzug gegolten habe, Schol. Ar. Lys. 642, vgl. Wellmann De Istro Callim. 11. Suid. Etym. M. s. ἀρρηφορία. Moeris s. ἐρρηφόροι. Diese Etymologie, die sich auf die häufigere, wenn auch nicht alleinherrschende und auch für das 2. Jhdt. v. Chr. nicht einzige Schreibung der Inschriften beruft, hat im allgemeinen viel Zustimmung gefunden. Daß die Autorität der Hss. in dieser Sache wenig gilt, betont mit Recht Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 528f., der die Schreibung mit für die richtige ansieht (vgl Myth. I 211, 1). Es wären also die ,Tauträgerinnen‘, [551] als passende Dienerinnen der göttlichen ,Tauschwestern‘. Dann muß man die ἐρσοφόροι anderer Gottheiten und die ἀρρηφόροι von den ἐρσηφόροι nach Kräften zu scheiden bemüht sein. Und wenn man das ist – ich habe im obigen die Möglichkeit versucht – wird man sich der Bedenklichkeit bewußt. Die modernen Grammatiker Meisterhans und G. Meyer (Gr. Gramm.³ 103) erkennen in Anbetracht aller Inschriftstellen einfach ein Schwanken an; und dies spricht sich ja auch in den Erklärungsversuchen der Alten aus. Zurückweisen müssen wir die auch von Pausanias (s. o.) und noch von L. Meyer Griech. Etym. I 266 vertretene Etymologie ἀρρηφορία = ἀρρητο–φορία. So kommen wir zurück auf die von Lobeck Aglaoph. 872f. Dindorf-Stephanus Thesaur. s. ἀρρηφορέω. L. Ross Arch. Aufs. I 86 gebilligte Ableitung von dem nicht mehr direkt zu belegenden Worte, dessen Deminutiv in ἄρριχος (Marm. Par. und Koine ἄρσιχος) vorliegt, mit der aus κάδδ–ιχος, Πύρριχος Σίμιχος und andern Worten geläufigen Endung. Damit verschwindet allerdings das Geheimnis, das vielen Erklärern so wertvoll ist, es sind Korbträgerinnen, wie sie in vielen Kulten möglich sind, so genannt nach ihrer Tätigkeit bei den Prozessionen. Ἀρρηφόρος war der ältere Ausdruck, dessen Bedeutung schon in alexandrinischer Zeit nicht mehr verstanden wurde; man behielt ihn als Antiquität, um die sich bald allerlei Mystik rankte, bei, ersetzte ihn aber auch wohl, wie bei den Epidaurien (s. o. S. 549, 35), durch den verständlicheren κανηφόρος. Demnach ist es auch irrelevant, ob wir die Schreibung mit a oder bevorzugen, ob wir gut attisch ρρ oder κοινῶς ρσ schreiben. In der Negative stimmt diese Auffassung mit A. Mommsen Feste der Stadt Athen 109, 4, dessen positiven Vorschlag ich freilich gar nicht verstehe. Übrigens haben solche etymologische Feststellungen, auch wenn sie sich als völlig sicher erweisen, für das Verständnis antiker Religion auch nur einen relativen Wert; wissen wir doch, wie bei den Griechen Religion und Mythologie auch mit Etymologien, die sprachlich falsch sind, anders ausgedrückt mit mehrdeutigen Wortstämmen, gewuchert haben.

Literatur. Die Handbücher sind meist schon angeführt. Bischoff-Schoemann Gr. Altert. II4 494 erwähnt unter anderem eine Etymologie von J. Harrison, die ich aber trotz des Beifalls einer Autorität wie S. Wide nicht billigen kann.