Encheirogastores, (Ἐγχειρογάστορες), monströse mythische Wesen aus Kyzikos, thessalischen Ursprungs, nach Dei(l)ochos von Prokonnesos dem Logographen (frg. 5 aus Schol. Apoll. Rhod. I 987ff., FHG II 17f.). Der Scholiast identifiziert sie mit den von Apollonios in Kyzikos erwähnten sog. Γηγενέες (vgl. auch das Schol. Paris. zu I 996 und dazu Knaack Comment.phil. Gryph. [2548] 1887, 41, 10. Knorr De Apoll. Rhod. Argon., Diss. Leipz. 1902, 18ff.). Die sog. Γηγενέες des Apollonios verschütten den Hafen von Kyzikos, den χυτὸς λιμήν (989f.), haben sechs Arme (944), also, zwei Beine (1010) eingerechnet, acht Gliedmassen, schwingen damit πέτρας ἀμφιρρῶγας (994), werfen sie und verstopfen somit die Hafeneinfahrt (φράξαν 990). Sie tauchen ins Wasser und stemmen bald von dort aus auf den Strand, bald vom Strand aus auf den Meeresgrund abwechselnd Gliedmassen und Häupter (1006ff.). Die Vorstellung dieser αἰνὰ πέλωρα (996) ist also ausgefüllt von dem Gegensatz κράατα–πόδες, oder κεφαλαὶ (στήθεα)–γυῖα, also dem was bei Deilochos γαστὴρ und χεῖρες genannt ist: ἐγχειρο–γάστορες, Handbäuche oder Bauchhänder; man begreift, warum sie dem Apollonios ἔκπαγλοι (950) = τερατώδεις (Schol.) vorkommen. Als echte Meerungetüme belagern sie vom Wasser aus die im verstopften Hafenbecken gefangenen Argonauten (996) wie ein Wild. Allerdings läßt Apollonios sie vom Berge herabeilen, aber diese Inconsequenz hängt mit dem ‚poetischen‘ Namen Γηγενέες zusammen, den er den Argonautika des Herakleoten Herodoros mit der Kenntnis ihres Kampfes gegen Herakles entlehnt hat (Schol. I 943. 992; vgl. Knaack a. O. 41). Er ist durch das Bestreben mythologischer Classificierung diesen Meerwesen, die mit der Erde nichts zu thun haben, aufgedrängt. Das Geschöpf, das cὠς χερσὶ χρῆται ταῖς (ὀκτὼ) πλεκτάναις (Arist. hist. an. IV 1, 6), ist der Polyp (ὀκτόπους), dessen acht Gliedmassen unmittelbar am Bauch ansitzen. Ihre Schlangenartigkeit kam einer Vermengung der E. mit den schlangenbeinigen Giganten-γηγενεῖς entgegen. Steine an den Saugarmen sind schon eine homerische Vorstellung (Od. V 433), einen heiligen Stein bringt schwimmend ein Polyp in der Enaloslegende (Plut. conv. 36, o. S. 2546), und das Zusammentragen von Steinen im Wasser, das Lauern auf Beute und das pfeilschnelle Hervorschiessen haben Altertum wie Neuzeit an diesen Ungetümen beobachtet (Aelian. n. a. I 27. Plin. n. h. IX 91. Brehm-Marshall Tierleben, Niedere Tiere 262ff. 266). Steine wälzten auch an die Mündung des benachbarten Flusses Rhyndakos, um sie zu verstopfen, Γίγαντες. Auch Herakles kommt mit ihnen in Kampf, wie die Γηγενέες Herodors und Apollonios. Am berühmtesten aber sind doch am Rhyndakos die Hekatoncheiren, deren Name nicht mehr besagt als πολύχειρες, πολύποδες und die Polypengestalt des Aigaion-Briareus (s. d.) malt, sowie des Gyes (von den acht gummischlauchartigen gelenkigen γῦα) und Kottos (von κόττειν; diese Geschöpfe schlugen mit den acht Armen wie mit Keulen um sich. Plin. n. h. IX 92. Philol.N. F.X 347). Als ,Urbilder der Laistrygonen‘ hat M. Mayer (Giganten u. Tit. 120) die Hekatoncheiren erkannt. Daß Aristarch zu Od. X 124 sie ἰχθύες ὡς νηχόμενοι dachte, zeigt der Excurs Philol. N. F. X 354. Der Name enthält die Fischbezeichnung τρυγών (Stachelrochen) und die ‚Gier‘ ausdrückende Vorsilbe λαι(σ)–(–κάπρος, –παῖς, –ποδίας). Alle diese einzelnen Erscheinungsformen der polypengestaltigen Daemonen gehen nachweislich auf Südthessalien (Magnesia) und Malis (Aigaia)-Euboia zurück, Philol. a. O. 347 und Art. Aigaion und Cheirogastores.