RE:Elektron
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Bezeichnung d. Bernstein | |||
Band V,2 (1905) S. 2315–2317 | |||
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Elektron (ἤλεκτρον) nannten die Alten sowohl den Bernstein als eine Mischung von Gold und Silber, die sich teils von Natur in manchen Bergwerken findet, teils künstlich durch Legierung erzeugt wurde. Wie im Artikel Bernstein (Bd. III S. 295f.) dargelegt, ist es namentlich bei den ältesten Erwähnungen des Wortes kaum möglich, mit Sicherheit zu bestimmen, welche von beiden Bedeutungen des Wortes gemeint ist. Namentlich in den homerischen Gedichten muß es durchaus unentschieden bleiben, ob unter ἤλεκτρον an gewissen Stellen das so benannte Metall zu verstehen sei oder ob überall die Bedeutung Bernstein angenommen werden müsse; auch Helbig Hom. Epos² 106 läßt es unentschieden; ebenso steht es mit dem E. im ps.-hesiodischen Schild des Achill 142. Dagegen hat es einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, dass in dem Gedicht Εἰρεσιώνη (Hom. epigr. 15) 10 mit ἤλεκτρον das Metall gemeint ist (Helbig 116); und ganz gewiß ist das der Fall Soph. Ant. 1037 mit dem ἀπὸ Σαρδέων ἤλεκτρον, da Lydien reich an E. war (s. u.). Die römischen Schriftsteller nahmen freilich an, daß Homer bei der Schilderung des Palastes des Menelaos Od. IV 71f. mit dem neben Erz, Gold, Silber und Elfenbein als Wandschmuck erwähnten E. das Metall gemeint habe, wie Plin. XXXIII 81 ausdrücklich sagt; und es geht auf diese Ansicht zurück, wenn die römischen Dichter in ihren homerischen Nachahmungen ebenfalls gern das metallische E. anbringen, wie Verg. Aen. VIII 402. 624; Georg. III 522. Sil. It. I 229. Claud. in Olyb. et Prob. (carm. I) 98; rapt. Pros. I 244 (dagegen ist Iuv. 14, 307 wohl Bernstein zu verstehen). Das E. wurde in natürlichem Zustande an verschiedenen Punkten gefunden; so in den aethiopischen Goldminen (Lepsius Abh. Akad. Berl. 1871, I 43ff.); es hieß bei den Ägyptern Asem, wurde vielfach verarbeitet, weil es härter als Gold ist, und kommt daher auf Inschriften öfters vor, vgl. Erman Ägypten 611f. 620, ferner in Lydien (Herod. I 50, wo es λευκὸς χρυσός heisst, ebenso Strab. III 147 und auf der Inschrift Ἐφημ. ἀρχ. 1888, 42 Z. 19f.; vgl. Brandis Münz-, Mass- und Gewichtwesen in Vorderasien 164. Lenormant La monnaie dans l’antiquité I 192); auch in den spanischen Silberbergwerken fand es sich (Strab. a. a. O. Plin. XXXIII 80). Es war vielfach in den Minen das E. oder überhaupt silberhaltiges Gold das zunächst gewonnene Metall, aus dem dann erst im weiteren Prozeß das Silber ausgeschieden wurde; daher wurde in frühen Zeiten, wo man sich auf dies Scheidungsverfahren noch nicht so verstand, vielfach solches silberhaltiges Gold verarbeitet, und so sind z. B. viele der mykenischen Goldarbeiten silberhaltig, s. Mitzopoulos Berg- und hüttenmänn.-Ztg. f. 1878, 329. Die künstliche Legierung (auch von Plut. de Pyth. orac. 2 p. 395 C erwähnt) stellte man aus verschiedenen Gründen her: einmal, weil sie härter war, als das reine [2316] Gold, sodann um bei kunstgewerblichen Arbeiten neben dem reinen Gold und dem reinen Silber die Nüance des blaßgelben E. anbringen zu können, und endlich auch vielfach der grösseren Billigkeit wegen. Man legierte dabei in der Regel in demselben Verhältnis, in dem das beste E. in der Natur gemischt war, nämlich 4 Teile Gold auf 1 Teil Silber (Plin. a. a. O.; dagegen geben Serv. Aen. VIII 402 und Isid. orig. XVI 24, 2 3 Teile Gold und 1 Teil Silber an). Indessen ist es wohl zweifellos, dass ebenso, wie beim natürlichen E. sehr verschiedene Mischungsverhältnisse vorkommen (Plin. sagt a. a. O.: omni auro inest argentum vario pondere, aliubi decuma parte, aliubi octava. in uno tantum Callaeciae metallo, quod vocant Albucrazense, tricensima sexta portio invenitur; ideo ceteris praestat), so auch beim künstlichen nicht überall dieselben Vorschriften beobachtet wurden. Bei dem Weihgeschenk des Kroisos an den delphischen Apollon (Herod. a. a. O.) berechnet man nach den Angaben des Gewichts und des Volumens, daß die Mischung der E.-Ziegel aus 7 Teilen Gold und 3 Teilen Silber bestand, s. Brandis a. a. O. 167. Lenormant a. a. O. 194. Hultsch Metrologie² 578. Die Untersuchungen kleinasiatischer E.-Münzen ergaben, dass da der Silbergehalt sehr oft 20% übersteigt, ja bis zu 48,3% ist nachgewiesen (Brandis a. a. O. 170. Lenormant 193. Hofmann Wiener numism. Ztschr. XVI 13. XVII 1).
Seine hauptsächlichste Verwendung fand das E. in der Münzprägung (vgl. Lenormant a. a. O. 192ff.); hier hat es in Kleinasien, besonders in Lydien, eine wichtige Rolle gespielt, die darauf beruht, daß ein Stater des Mischmetalls im Gewicht gleich einem und im Wert gleich zehn Silberstateren war (Hultsch 181). Von Lydien aus verbreitete sich die Verwendung des E. zur Münzprägung nach zahlreichen griechischen Städten Kleinasiens, wie Milet, Ephesos, Kyme, Klazomenai, Lampsakos, Abydos, sowie nach den Inseln Chios und Samos (Head Numism. Chronicle XV 260. Brandis 107ff. 178ff. 198), dann weiterhin nach Euboia (Hultsch 548. Catal. Brit. Mus., Central Greece 106, 1–5) und vereinzelt nach Athen (ebd. Attica XIII), Theben (ebd. Centr. Greece 77f.) und Aigina (ebd. Attica LXVI). Auch aus Syrakus (Head HN 156), Karthago (ebd. 739f.) und Campanien besitzen wir E.-Münzen (Babelon Monn. d. l. républ. Rom. I, XXIX. 23). Nach Hist. Aug. Alex. Sever. 25 liess auch dieser Kaiser noch solche prägen.
Daneben fand aber das E. auch ausgedehnte Verwendung im Kunstgewerbe, für Schmucksachen, wie Ohrringe (vgl. Schliemann Ilios 115), Armbänder u. s. w., und für Geräte, besonders Schalen und Becher: so der angebliche Becher der Helena in Lindos auf Rhodos (Plin. a. a. O. 81), die κύλιξ des Pytheas, Athen. XI 465 D, die Schale bei Mart. VIII 51, 5, bei der E. mit reinem Golde zusammengestellt zu sein scheint; vgl. ferner Hist. Aug. trig. tyr. 14, 5. Dig. XXXIV 2, 32, 5 (von Becker-Göll Gallus II 380 fälschlich als Bernstein erklärt). XLI 1, 7. Instit. II 1, 27. So finden sich denn auch in den Tempelinventaren Gegenstände aus E., so in Delos und Eleusis (Ἐφημ. ἀρχ. 1888, 42 Z. 19).
Literatur: Scheins De electro veterum metallico, [2317] Berlin 1871. Blümner Technol. u. Terminol. IV 160. Jacob in Daremberg Dictionn. des antiqu. II 535.