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RE:Drossel

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Vogelart
Band V,2 (1905) S. 17211729
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Drossel. I. Mit dem Gesamtname κίχλη (neugr. κίχλη, κίχλα oder τζήχλα, auf Kreta τοίχλα) bezeichneten die Griechen verschiedene D.-Arten mit Ausnahme der Amsel [s. d.) und des λαϊός (Arist. hist. an. IX 19, 95 ed. Aubert et Wimmer. Ant. Lib. 19), worunter von einigen die Stein-D., [1722] Petrocichla saxatilis, von andern die Blau-D., Petrocichla cyaneus, verstanden wird. Nach D’ Arcy Wentworth Thompson (A glossary of greek birds 1895) erscheint die Wurzel von κίχλη in russ. kwickzol, einer D.-Art, mit welcher engl. ouzel = Wasseramsel, Cinclus aquaticus (?), vielleicht verwandt ist. Die dorische Form war κιχήλα (Athen. II 64 f.; vgl. Epicharmos ebd. und Ar. Nub. 339. Andere Formen waren ἴχλα, ἰχάλη, ἴσκλα (Hesych.). In dem unechten, um die Mitte des 3. Jhdts. v. Chr. geschriebenen 9. Buche von Aristoteles Tierkunde (hist. an. IX 20, 96) sind folgende drei Arten unterschieden: 1. die ἰξοβόρος, welche nur Mistel und Harz fresse und an Grösse dem Häher, Garrulus glandarius, gleichkomme; 2. die τριχάς, welche eine helle Stimme habe und so gross wie die Amsel sei; 3. die ἰλιάς, welche die kleinste und weniger bunt sei. Statt ἰξοβόρος steht in dem Citat des Athenaios (II 65 a) ἰξοφάγος und in dem des nacht Athenaios citierenden Eustathios (Il. XIII 572) ἰξοφόρος. Diese haben die Worte, welche sich auf das Harzfressen der ersteren, auf die helle Stimme der τριχάς und die weniger bunte Farbe der ἰλλάς (statt ἰλιάς) beziehen, nicht. Ausserdem fügen sie noch hinzu, dass die ἰλλάς von einigen τυλάς genannt werde, so von Alexander Polyhistor, welcher auch sage, dass sie herdenweise lebe und wie die Schwalbe niste. Aber diese Angabe scheint irrtümlich von der κίχλη auf die ἰλλάς übertragen zu sein, da Aristoteles (hist. an. VI 1, 3) von den κίχλαι sagt, dass sie ihre Nester wie die Schwalben aus Lehm an die Kronen der Bäume bauen und zwar in zusammenhängenden Reihen, so dass eine förmliche Kette von Nestern gebildet werde. Doch ist die Bemerkung an und für sich verdächtig, da nur die Wacholder-D., Turdus pilaris, und die für Griechenland nicht in Betracht kommende Ring-D., Turdus torquatus, in Colonien nisten, aber von allen echten D. wiederum nur die Mistel-D. in Griechenland Standvogel ist, d. h. auch hier (von Mai ab) in den Waldungen aller Gebirge brütet und im Winter sich häufig am Olymp auf den Kiefern, auf welchen die Misteln wachsen, findet, während die Zugvögel in der Fremde kein Nest bauen, man müsste denn annehmen, dass die Wacholder-D. früher in Griechenland, wenigstens in Makedonien genistet habe (vgl. Krüper und Hartlaub in A. Mommsens Gr. Jahreszeiten III 1875, 228f. Thompson 86). Dann könnte man wohl den Specialnamen τυλάς auf letztere beziehen. Die ἰξοβόρος ist, wie der Name besagt, die Mistel-D., Turdus viscivorus, so benannt, weil sie die im Herbste reifenden Mistelbeeren besonders liebt. Die τριχάς ist nach der Beschreibung die Sing-D., Turdus musicus. Sie kommt in Griechenland sehr häufig vom Spätherbst den ganzen Winter hindurch vor und ist dort eine gesuchte Speise (Krüper und Hartlaub a. a. O. 227. 325). Das Wort τριχάς ist möglicherweise dasselbe wie τρίκκος (ein Vogel bei Hesych.; vgl. δρίκκαι ebd.) und nach Thompson (171) dasselbe wie engl. thrush, womit zu vergleichen litt. s-trazd-as. russ. drosd’, isländ. trast, lat. turdus u. s. w. W. Prellwitz (Etym. Wörterb. d. gr. Spr. 1892, 305) leitet lat. turdus, litt, strāzdas = D., altnord. ƿrost, mhd. drostel, nhd. D. mit στροῦθος = Sperling von einer indog. [1723] Wurzel stresdho = schwirren ab. Dazu kommen mit Gutturalen kslav. drozgǔ, slov. drozg, serb. drozag, ahd. drosca und throsga = D. (Nesselmann Thes. ling. pruss. 1873, 190). Die ἰλιάς oder ἰλλάς endlich möchten Aubert u. Wimmer (I 96) als Rot-D., Turdus iliacus, deuten, obwohl diese keineswegs weniger bunt als die beiden vorigen ist. Thompson entscheidet sich darüber nicht, doch glaubt er, dass das Wort vielleicht mit ἴχλα verwandt und wahrscheinlich eine alte oder dialektische Form mit der einfachen Bedeutung D. gewesen sei. Eine weitere Bestimmung der Arten lässt sich aus den Angaben der griechischen Schriftsteller kaum herausfinden, da ausser an den angeführten Stellen nur von der κίχλη im allgemeinen die Rede ist und ihr keine für eine Artbestimmung geeigneten Eigenschaften beigelegt werden. Die κίχλαι zwar, welche Holzkäferlarven und Feigengallwespen vertilgten (Ar. Av. 591), können nur Mistel-D. (bezw. Wacholder-D.) gewesen sein. Desgleichen die, welche Myrtenzweige ins Nest legen sollten, sei es zum Schutz gegen Zauberei (Ael. n. an. I 35. Man. Phil. de av. 723), sei es zum Schutz gegen Tiere (Anatol. de sympath. et antipath. in Fabricius Bibl. gr. IV 2, 298), wie Schaben (Geop. XV 1, 19) u. dgl. Fraglich ist es schon, ob die κίχλα in der aesopischen Fabel (194), welche sich in einem Myrtenhain um der Früchte willen aufhält und gefangen wird, als Mistel-D. gedacht ist, da die hier zu supponierende Jahreszeit der Winter ist. Die κίχλαι Homers (Od. XXII 468) können ebenfalls anderer Art sein, besonders Sing-D., da die αὖλις, in welche sie sich im Gebüsch zur Ruhe begeben, kein Nest zu sein braucht, sondern nur die Schlafstelle sein kann. Auf einer poetischen Licenz gar scheint es zu beruhen, wenn die κίχλαι neben den (erst im November in Griechenland ankommenden) Staren den Früchten des Landes Schaden zufügen sollen (Anth. Pal. IX 373), da sie im November doch höchstens noch Oliven vorfinden konnten, von denen gesagt wird, dass die D. sie gerne fressen (Epicharm. bei Athen. II 64f. Calpurn. ecl. 3, 48). Auch andere Angaben können nur auf die D. im allgemeinen bezogen werden. Sie sind eine Art Sperlinge (Schol. Ar. Pac. 531). Der πύγαργος, eine Art Bachstelze (oder der Wasserschwätzer, Cinclus aquaticus), ist so gross wie die D. (Arist. hist. an. VIII 3, 47), der μαλακοκρανεύς, vielleicht der kleine Würger, Lanius minor, ist etwas kleiner (ebd. IX 22, 98). Die D. wechselt die Farbe; im Winter ist sie am Halse grau getüpfelt, im Sommer aber buntfarbig (ebd. IX 49 b, 254. Ael. h. a. XII 28), eine Angabe, die eigentlich vom ganzen Federkleide gilt und nur sofern, als dieses im Frühjahr bei den Zugvögeln meistens ausgefärbt und schöner ist (A. Mommsen Zur Kunde des gr. Klimas 1870, 18). In ihrer Stimme soll mit der Jahreszeit keine Veränderung eintreten (Arist. ebd.), doch verstummt Winters in Griechenland vor der Nahrungssorge fast jedes Lied der Vögel (Mommsen ebd. 17). Ein dem Eubulos zugeschriebenes Sprichwort lautete auch κωφότερος (Zenob. IV 66; vgl. Apostol. X 33. Gregor. Cypr. L. II 49) oder ἀφωνότερος κίχλης Phot. Suid. s. κωφότερος; vgl. Macar. V 45). Die D. gehören zu den Bergvögeln (Pherekrates bei Athen. VI 269 d. Gal. VI 435. E libro de [1724] medic. ad Constant. Pogon. 24 bei Ermerins Anecd. med. gr. p. 273. Anonym, bei Ideler Phys. et med. gr. min. II p. 268) oder Waldvögeln (Philumenos in den Nachträgen zu Alex. Trall. p. 26 Puschm.) und zeigen sich im Winter (Orib. coll. med. I 3, 4). Sie verbergen sich im Winter (Arist. hist. an. VIII 16, 109), wohl nur sofern ihre ganze Lebensthätigkeit dann sehr herabgestimmt ist. Sie werden vom Habicht gefressen, aber nicht ihr Herz (ebd. IX 11, 73). Am öftesten ist von der D. als einer beliebten Speise die Rede (Pherekrat. ebd. Ar. Ach. 970. 1105. 1116; Nub. 339. 983. 1073; Pac. 1149. 1195. Nikostratos bei Athen. II 65 d. Poll. VI 52). Sie scheinen in dieser Hinsicht die beliebtesten von allen Vögeln gewesen zu sein, weshalb der Scholiast zu Ar. Pac. 531 auch die hier erwähnten so auffasst und zwar, wie es scheint, mit Recht, da vom Gesange der D. nur einmal (Arist. hist. an. IX 20, 96) 20 die Rede ist. Zur Schlaraffenzeit des goldenen Zeitalters flogen die gebratenen D. in den Mund (Telekleides bei Athen. II 64 f. VI 268 c; vgl. Pherekrates ebd. VI 269 b). Menaichmos (ebd. II 65 b) sagt, dass das dem Homer zugeschriebene Gedicht Ἐπικιχλίδες diesen Namen erhalten habe, weil Homer, wenn er es den Kindern vorgelesen, D. zum Geschenk erhalten habe. An den Amphidromien ass man sie zusammen mit den Ringeltauben (Eubul. ebd. c. Ephippios ebd. IX 370 d), die im Sommer selten sind, doch im Winter in Menge erlegt werden (Krüper und Hartlaub a. a. O. 257). Sie gehörten zum Nachtisch (Athen. XIV 641 f. Eust. Od. 1138), später zum πρόπομα (Athen. II 64f.), dem seit der Zeit des Kaisers Tiberius aufgekommenen, vor der Mahlzeit abgehaltenen Trinkgelage. Man zahlte zu Aristophanes Zeit für ein Gericht D. eine Drachme (Ar. Ach. 960) = ca. eine Mark. Unreelle Händler bliesen sie auf, um sie fetter erscheinen zu lassen (Ar. Av. 1080). Man fing sie mit Netzen (Hom. Od. XXII 468. Dionys. de av. III 13) oder in Gruben, welche mit Scherben überdeckt waren, unter Anwendung eines Lockvogels (Dionys. ebd.). Im Winter konnte man bei Schneetreiben mit Leichtigkeit aus einem Schwarm von Amseln und D. mehrere Dutzend, darunter auch fette und fleischige, dadurch fangen, dass man die Äste wilder Birnbäume mit Mistelleim bestrich (Alciphr. III 30, 1). Wenn man bedenkt, dass die in Freiheit lebende D. erst im Herbst fett und daher schmackhaft wird, so wird in den genannten Fällen vorwiegend an die Sing-D. zu denken sein, von der, wie erwähnt, hervorgehoben wird, dass sie heute in Griechenland von Ende October ab um der Speise willen in grosser Menge erlegt wird (vgl. auch Mommsen Zur Kunde d. gr. Klimas 18). Erst der im 4. Jhdt. n. Chr. schreibende Didymos (Geop. XIV 24, 5) giebt nach dem Vorbilde römischer Schriftsteller eine Anweisung, sie in einer Behausung zu halten, wo sie mit getrockneten und in Wasser erweichten und zerstossenen Feigen in Mehl, mit Myrten-, Mastix-, Epheu-, Lor-, Oliven- und anderen Beeren, mit Hirse, mit letzterer wie mit enthülstem und maceriertem Spelt auch die jungen D. gefüttert werden sollten.

Die Römer sagten (zuerst) nur turdus, nicht turda (Varro de l. l. IX 55), obwohl es auch weibliche giebt (Varro r. r. III 5, 6). Schon ein erhaltener [1725] Sextentaras (aus der Zeit zwischen dem ersten und zweiten punischen Kriege) zeigt Turd[us] als Name eines Münzbeamten (CIL I 294). Später sagte Persius (VI 24) turda, freilich er allein (Sergii explanat. in Donatum 494, 22 K.). Von turdus bildete man turdela (Varro de l. l. VI 2), was gewissermassen eine kleine D. bezeichnet, durch deren Mist die Mistel erzeugt werden soll, woher auch das Sprichwort bei den Alten malum (wohl wegen der Beeren, welche von der Mistel-D. gefressen werden) sibi avis cacat (Plautus bei Serv. Aen. VI 205. Isid. XII 7, 71). Sachlich richtiger wird in einem lateinisch-sächsischen Glossar des 9. Jhdts. turdela als grössere D. bezeichnet, durch deren Mist die Mistel erzeugt werde (Corp. gloss. lat. II 596, 8). Von dem turdus, wie sonst die D. genannt wird, sagt letzteres auch Plinius (XVI 247). Aber fast ganz dem Aristoteles, bezw. dem Verfasser des 9. Buches von dessen Tierkunde, direct oder indirect nachgesprochen ist seine Behauptung, dass die D. im Sommer um den Hals bunt und im Winter einfarbig seien (X 80); ferner, dass sie ihr Nest auf den Gipfeln der Bäume aus Lehm bauten, fast Nest an Nest nisteten und im Verborgenen heckten (X 147). Dass die Eier zehn Tage nach der Begattung im Leibe reif würden (ebd.), sagt Aristoteles (hist. an. VI 2, 16) nicht von der D., sondern dem Haushuhn. Ganz unverständlich oder falsch sind folgende Worte des Plinius: die Amseln, D. und Stare ziehen (im Winter) fort, bleiben aber in den benachbarten Gegenden; sie verlieren (hier) ihre Federn nicht und verbergen sich auch nicht; oft sieht man sie dort ihr Winterfressen suchen; die D. werden im Winter am meisten in Deutschland wahrgenommen (X 72). Ausser der Amsel aber überwintern die D. meist nicht in Deutschland, sondern in südlicheren Gegenden. Sie bleiben nach Plinius (X 73) in Italien drei Monate (im Winter?). Nach Varro (r. r. III 5, 7) kommen sie jährlich übers Meer (?) um das Herbstäquinoctium nach Italien und fliegen dahin um das Herbstäquinoctium zurück. Sie ziehen am Ende des Winters ab (Isid. XII 7, 71). Ein Gastwirt zu Benevent briet im Frühjahr dem Maecenas und seinen Reisegefährten magere D. (Hor. sat. I 5, 72). Im Winter stellte der Landmann mit einer leichten Stellgabel weitmaschige Netze auf, um die gefrässigen D. zu fangen (Hor. epod. 2, 34). Nach Palladius (XIII 6) hat man im December für Schlingen zu sorgen, um D. und andere Vögel in niedrigen Wäldern und Gesträuchen, die reich an Beeren sind, zu fangen, und dieser Fang wird bis in den März fortgesetzt. Übrigens nahm man auch Begenwürmer zur Lockspeise beim Fang mit Schlingen (Plaut. Bacch. 792). Agrippina. die Gemahlin des Kaisers Claudius, hatte eine D. (wohl Blau-D., Turdus cyaneus, oder Stein-D., Turdus saxatilis), welche, was vorher nie vorgekommen, die Gespräche der Menschen nachahmte (Plin. X 1201. Sonst galt sie nur als beliebte Delicatesse (Hor. sat. II 5, 10. Ov. art. am. II 269. Mart. XIII 51. Hieron. adv. Iovin. II 5 = Migne L. 23, 290 b), als die leckerste Kost unter allen Vögeln (Mart. XIII 92) oder überhaupt neben einer Sautasche (Hor. ep. I 15, 40). Asellius Sabinus liess in einer Fabel die D. sich [1726] um den ersten Rang mit einem Champignon, einer Beccafige und Auster streiten (Suet. Tib. 42). Doch, wie alle gemischten Speisen, bekommen auch D., mit Austern gemischt, dem Magen schlecht (Hor. sat. II 2, 74). Den Geschmack der D. wussten nur Feinschmecker zu beurteilen (Pers. VI 24), die sogar unterscheiden konnten, ob die D. in einem Behälter oder in Freiheit gelebt hätten, ob sie männlichen oder weiblichen Geschlechts seien (Schol. ebd.).

Kurz vor der Zeit des Augustus fing man nämlich an, die D. zu mästen (Cornel. Nep. bei Plin. X 60). Daher wurden schon in den siebziger Jahren v. Chr. bei einem luxuriösen Mahle der Pontifices gegen Ende August D. aufgetischt (Macrob. sat. III 13, 12). Als dem kranken Pompeius der Arzt während der Sommerszeit eine D. verordnete, waren D. nur bei Lucullus, der sie mästete, zu finden (Plut. Luc. 40; Pomp. 2; reg. et imperat. apophth., Cn. Pomp. 10; an seni sit ger. resp. 4; vgl. Varro r. r. III 4, 3). Man mästete sie in einem turdarium (Varro de l. l. VI 2) oder ornithon (Varro r. r. III 4, 2). Solche Vogelbehälter hatten die Fleischwarenhändler und andere Leute teils in Rom teils auf dem Lande, besonders im Sabinischen, weil hier die D. wegen Beschaffenheit des Geländes sich in Menge zeigten (Varro ebd.). Eine genaue Beschreibung eines solchen aviarium giebt Varro (r. r. III 5, 1–6). Es sollte mit Ziegelsteinen oder mit einem Netze überdacht sein; so gross, dass etliche tausend D. und Amseln, eventuell auch Ortolane und Wachteln eingesperrt werden konnten; durch Rinnen reinliches Wasser zugeführt werden; der Eingang niedrig und enge sein und womöglich durch eine coclia, eine cylinderförmige und um die Axe drehbare Thür mit einer Öffnung zum Ein- bezw. Austreten, verschlossen sein; nur wenige Lichtoffnungen sollten vorhanden sein; um diese und die Thür die Wände beworfen, damit keine Maus oder andere schädliche Tiere eindringen konnten; im Innern zum Sitzen viele Pfähle und wie die Sitzreihen im Theater angeordnete Stangen vorhanden; die Vögel sollten mit aus Feigen und Speltmehl gekneteten Bissen gefüttert werden; 20 Tage, bevor die D. verspeist werden sollten, sollten sie reichlichere Nahrung, vermischt mit feinem Speltmehl erhalten; zum Abschlachten noch ein kleineres aviarium, ein seclusorium, vorhanden sein. Dann beschreibt Varro noch (ebd. 9–17) einen ornithon, welchen er sich in grossem Stil zu seinem Vergnügen bei Casinum für allerhand Geflügel angelegt hatte (s. Geflügelzucht). Der aus den Vogelhäusern der D. und Amseln gewonnene Dünger galt für den besten, weil er nicht allein für den Acker nützlich sei, sondern auch zur Mästung der Rinder und Schweine (Varro r. r. I 38, 2 und bei Plin. XVII 50). Aus einem ornithon bei Reate wurden ums J. 54 v. Chr. in einem Jahre 5000 Stück zu 3 Denaren, d. h. zu ca. 2.70 Mark, verkauft (Varro r. r. III 2, 15; vgl. 4, 1), weil die D. damals für die von den Triumphatoren dem Volke bereiteten Festessen sehr gesucht waren (ebd. 5, 8 und bei Col. VIII 10, 6). Zu Columellas Zeit (ebd.) war dies der gewöhnliche Preis. Auch dieser giebt daher den Landleuten eine der Varros ähnliche Belehrung für die Einrichtung eines ornithon. [1727] Nach ihm (VIII 10) sollten die D. womöglich an demselben Orte gehalten werden, an welchem sie gefangen waren, weil sie bei dem Transport in Käfigen leicht stürben; deshalb müssten auch die eben im Netz gefangenen nicht allein in ein aviarium gesperrt werden, sondern zusammen mit älteren, bereits an die Gefangenschaft gewöhnten, damit diese in jenen wieder die Lebenslust anregten. Als Nahrung empfiehlt auch er getrocknete Feigen, gut zerrieben und mit feinem Mehl gemischt, ausserdem zur Abwechslung fast dieselben Beeren wie später Didymos (s. o.), weil die D. diese auch in der Freiheit liebten; vor allem dürfe es nie an Hirse fehlen, welche die kräftigste Nahrung sei. Nach Plinius (XVI 25) wurden auch die Bucheicheln von den D. geliebt, wurden aber wohl nur in gequetschtem Zustande zur Mast verwandt. Im J. 301 n. Chr. wurden von Diocletian (ed. IV 27) nur 60 Denare = 1,10 Mark für zehn Stück als Maximalpreis festgesetzt. Doch sah noch Palladius (I 26, 1) die Mästung der D., weil sie für Luxus treibende Personen eine beliebte Speise seien, für sehr rentabel an und wiederholte daher die Anweisungen Columellas. Bei Apicius sind die gekochten D. zu einer Erbsenspeise (194), die Bruststücke ebendazu (200) und zu einem Pfannengericht verwandt (134); zur Füllung sollten durch die Gurgel verschiedene Gewürze eingeführt und jene mit einem Faden zusammengebunden, dann die D. in Öl, Salz, Wasser, Dill und Porreezwiebeln gekocht werden (255).

Die Ärzte urteilten im allgemeinen über den diätetischen Wert des Fleisches günstig, doch nicht in vollständiger Übereinstimmung. Von den Vögeln, welche sich durch Fliegen fortbewegen, sind die kleineren, wie Beccafigen und D. nicht so nahrhaft wie die grossen (Cels. II 18). Das Fleisch der D. sollte von allen wilden Vögeln das beste sein (Ruf. Ephes. append. p. 651 ed. Daremb. et Ruelle; vgl. Orib. coll. med. I 3, 4). Dann aber heisst es, dass unter dem Fleisch der Vögel das der D. in Bezug auf Verdaulichkeit erst in zweiter Linie stehe (Gal. VI 700. Orib. coll. med. II 42, 2. Paul. Aeg. I 82. Anonym, bei Ideler Phys. et med. gr. min. II 279). Es hat guten Saft, macht aber mager (Anonym, bei Ideler II 257. 268. E libro de medicina ad Constant. Pogon. 5. 24 in Ermerins Anecd. med. gr. 239. 273). Als Speise für die Amme sind die D. zu empfehlen (Soran. I 94). Mit Myrtenbeeren gegessen, helfen sie gegen Dysenterie und treiben Urin (Plin. XXX 58. 68. Plin. Iun. II 11. 17). Sie sind als Nahrung bei verschiedenen Krankheiten zu empfehlen (Philumenos in Puschmanns Nachträgen zu Alex. Trall. p. 26. 44. Gal. VI 435. Marc. Emp. 20. 26. Alex. Trall. I 483. 543. II 219. 403. 407. 455. 509 Puschm.).

II. Mit κίχλη und turdus bezeichneten die Alten eine oder vielmehr verschiedene Arten der Lippfische. Heute soll den Namen κίχλα in Griechenland Coricus rostratus C. V. = Symphodus scina Jord. führen (nach v. Heldreich bei J. V. Carus Prodrom, faun. mediterr. II 1889–1893, 604; doch ohne Vulgärname angeführt nach Apostolides 25 von Hoffmann und Jordan in Proceedings of the acad. of nat. sciences of Philadelphia 1892/3 nr. 155), ein 8–12 cm. langer Fisch [1728] mit braunen Flecken. Das lateinische Wort turdus hat sich teilweise für verschiedene Labroiden in einigen romanischen Wörtern erhalten, doch finden sich meist neben diesen, selbst an dem nämlichen Orte, auch andere Namen. So heisst Coricus rostratus in Castilien tuerto, in Catalonien tort (Carus 604). Ferner haben sich an einigen Orten Italiens die Namen specie di tordo, turdo, turdu verde u. s. w. für Labrus Turdus C. V. = Labrus viridis L. erhalten (Carus 596). Dieser 25–45 cm. lange Fisch ist grünlich, meist an den Seiten mit einem silbernen Bande gezeichnet, sein Kopf und Rücken bisweilen braun marmoriert. Von einer anderen Art, Labrus bimaculatus oder mixtus L., wird in Spanien das Männchen tordo demar oder vielfach anders, in Sicilien turdu pavonnizzu, ebenda das Weibchen turdu luvaru u. s. w. genannt (Carus 598). Sie hat eine Länge von 20–40 cm.; ihre Schwanz-und Afterflossen, bisweilen auch die übrigen Flossen sind blau gerändert; das Männchen hat blaue Streifen oder ein schwärzliches Band am Körper, ist jedoch bisweilen fast einfarbig; das Weibchen hat am hinteren Teile des Rückens zwei oder drei grosse schwarze Flecken. Während die genannten Arten sich sowohl im östlichen als westlichen Mittelmeer finden, ist eine vierte im südlichen Spanien tordo genannte Art, Crenilabrus Doderleini V. Crs. nicht um Griechenland beobachtet (Carus 602f.). Dieser Fisch ist 7–10 cm. lang; vom Rachen zieht sich über dem Auge bis zur Basis der Schwanzflosse ein braunes, oben und unten silbern gerändertes Band. Übrigens soll auch in Rom früher ein dort sehr bekannter Fisch tordo geheissen haben (s. Anm. zu Plin. LX 20, 52 in der Londoner Ausgabe nach Brotier in usum delph. 1826). Nicht nur die Farbenschönheit der Labroiden, sondern auch ihre Fähigkeit, die Färbung jählings zu verändern, erhöht sich in bemerkenswertem Masse gegen die Laichzeit hin, die gewöhnlich mit dem Frühling ihrer Heimat zusammenfällt; ihr Fleisch wird heute gering geschätzt, weil es ungemein weichlich ist (Brehms Tierleben³, Fische 197). Das lateinische Wort turdus wird in mittelalterlichen Fischverzeichnissen mit κίχλα geglichen (Corp. gloss. lat. III 256, 72. 318, 20. 355, 59. 437, 14). Der Fisch ist nach dem Vogel benannt (Quintil. inst. VIII 2, 8). Zuerst finden wir die κίχλη von Epicharmos (bei Athen. VII 305 c) erwähnt. Die Griechen hatten für sie viele Namen (Nikandros bei Athen. VII 305 d). Nach Pankrates (ebd. c) nannten die Angelfischer sie σαῦρος (Eidechse), αἰολίη (die Schillernde) und ὀρφίσκος; zugleich nennt er sie weinfarben (dunkelrot) und sagt, dass sie am Kopfe sehr fett sei. Meerfarben wird sie von Numenios (ebd. VII 305 c. 321 b), bunt von Artemidoros (onirocr. p. 108. 4 H.) genannt. Nach Aristoteles ist sie im Frühling dunkler und wird nachher heller (hist. an. VIII 30, 174 Aub. et W.; vgl. Athen. VII 305 b) und hat drei doppelte und eine einfache Kieme (ebd. II 13, 56). Den Farbenwechsel möchten Aubert und Wimmer (a. a. O. 132) auf Verwechslung verschiedener Species der Labroiden beziehen, doch pflegt das Aussehen der Fische, wie erwähnt, auch mit der Jahreszeit verschieden zu sein. Sie lebt zwischen Felsen (Ps.-Hipp. I 681 K. [1729] Arist. hist. an. VIII 15, 100. Col VIII 16, 8. Plin. XXXII 151. Gal. VI 718. Orib. coll. med. II 49. Aët. II 140. Alex. Trall. II 403 Puschm.) und zwar in der Nähe des Landes (Arist. hist. an. VIII 13, 87. Leonidas Anth. Pal. VII 504, 2), kommt aber nicht im Pontus vor (Plin. IX 52). Sie verbergen sich im Winter paarweise, Männchen und Weibchen (Arist. ebd. 15, 100). Sie hat, wie alle Felsfische (Diokles bei Athen. VII 305 b), weiches Fleisch (Xenokrates bei Orib. coll. med. II 58, 2 und bei Ideler Phys. et med. gr. min. I 121. 124. Ruf. Ephes. vers. lat. p. 259 Dar. et Ruelle. Orib. coll. med. II 58, 31. Alex. Trall. II 237) und war eine beliebte Speise (Enn. hed. 10 bei Bährens Fragm. poet. rom. p. 131) wegen ihres delicaten Fleisches (Oppian. hal. I 126). Sie gehört zu den Meerfischen, welche Heilkraft besitzen (Marc. Sid. 20). Das Fleisch ist leicht verdaulich (Ps.-Hipp. I 681. Xenokrates bei Ideler I 124. Ruf. Ephes. Orib. Alex. Trall. a. a. O.), aber wenig nahrhaft (Xenokrates und Orib. ebd.); es kommt im Geschmack gleich hinter dem des σκάρος und macht gutes Blut (Gal. VI 718. Orib. coll. med. II 49. Aët. II 140). Es kann bei verschiedenen Krankheiten genossen werden (Alex. Trall. I 543. II 61. 237. 403. 407). Die im Traum erscheinende κίχλη bedeutet für den Kranken Genesung, für den Gesunden Nachstellungen (Artemid. on. p. 108, 4). Columella (VIII 17, 8) sagt, dass man in die Fischteiche, welche in der Nähe des Meeres angelegt, und mit Meerwasser gefüllt wurden, mehrere Arten turdi bringen könne, also wohl verschiedene Labroiden. Oppianos (hal. IV I72f.) bezeichnet die κίχλαι als die Weibchen des κόσσυφος (s. Amsel). Dieser lebe mit jenen in Vielweiberei und bewache sie, die nie ihre Schlupfwinkel in den Felsen verliessen, des Tags mit rasender Eifersucht; in der Nacht sorge er für Nahrung. Der Fischer stecke auf den Angelhaken ein Weichschaltier, damit dieses in die Schlupfwinkel der κίχλαι feindlich eindringe. Während der κόσσυφος dies zu verhindern suchend nach jenem schnappe, werde er gefangen. Erst jetzt kämen die κίχλαι hervor und suchten ebenfalls den Tod.

[Olck. ]