8) Aelius Donatus, in den Hss. Grammaticus urbis Romae (Ars) und V(ir) c(larissimus) orator urbis Romae (Terenzcomm.) genannt, lebte nach dem Zeugnis seines Schülers Hieronymus (chron. ad a. 353) um die Mitte des 4. Jhdts. in Rom. Über sein Leben ist nichts Näheres bekannt; was [1546] sich hier und da findet (so die Vita des Flaccus Rebius bei Hagen Anecd. Helv. CCLX), beruht auf Erfindung. Werke: 1. eine ars grammatica in doppelter Ausgabe: a) die sog. ars minor, eine Elementargrammatik, behandelt in Frage und Antwort die Lehre von den acht Redeteilen; b) die ars maior, für reifere Schüler, zerfällt in drei Teile: der erste enthält die Lehre de voce, de littera, de syllaba, de pedibus, de tonis, de posituris; der zweite wiederum die Lehre von den acht Redeteilen; der dritte handelt de barbarismo, de soloecismo, de ceteris vitiis, de metaplasmo, de schematibus, de tropis. Über die vielfach schwankenden Bezeichnungen und gegenseitigen Beziehungen der beiden Lehrbücher in der Überlieferung vgl. Keil G. L. IV p. XXXV. Die Lehre, die D. vorträgt, entstammt in der Hauptsache, wie bei Charisius, Diomedes und Dositheus, älteren Werken des 3. und 2. Jhdts., die ihrerseits wieder von den Grammatikern des 1. Jhdts. abhängen. Das genauere Verhältnis zu den Werken der übrigen Artigraphen erörtert ausführlich Jeep Lehre von den Redeteilen 24ff., welcher Benutzung des D. durch Diomedes annimmt, mit dem jener vielfach übereinstimmt, während man sonst geneigt ist, das Gemeinsame auf gleiche Quellen zurückzuführen. Die Ars des D. wurde häufig commentiert, so von Servius, Cledonius, Pompeius u. a.; diese Commentare bespricht ebenfalls Jeep a. a. O. 28ff. Als Schulbuch fand die Ars minor grosse Verbreitung und hat bis über die Erfindung des Buchdruckes hinaus den lateinischen Unterricht beherrscht. Ausgabe der Artes von Keil G. L. IV 351–402, der Commentare ebd. IV 403–448. 486–565. V 10–328; dazu Hagen Anecd. Helv. 143–158. 202–274. Vgl. auch den Catalogus grammaticorum bei Hagen Anecd. Helv. CXXXIX. 2. Commentar zu Vergil, bezeugt durch Hieronymus (adv. Ruf. I 16), Priscianus (G. L. III 61; vgl. 266), den Verfasser der Explanationes in Donatum (G. L. IV 486), Paulus Diaconus (Hist. Langob. II 23) und vor allem durch Servius, der ihn ausgiebig benutzt hat, seinen Gewährsmann in der Regel aber nur dann nennt, wenn er dessen Ansicht entgegentritt. Vgl. Ribbeck Proleg. 178–185. Thilo Serv. praef. XV. LXXV. Lämmerhirt De prisc. script. locis a Servio allatis (Comm. Jen. IV) 339ff.; über Reste des Commentars im Liber glossarum vgl. Goetz Liber glossarum 66–72. Erhalten sind: das Vorwort des Werkes (abgedr. von Wölfflin im Philol. XXIV 154), die auf Sueton beruhende Vita Vergilii (bei Reifferscheid Suetonii reliquiae 54; auch von Hagen Jahrb. f. Philol. Suppl. IV 734 abgedruckt) und die Einleitung zu den Bucolica (bei Hagen a. a. O. 740). 3. Commentar zu Terenz, genannt bei Hieronymus (a. a. O.), Priscianus (G. L. III 281. 320), sowie in den Explanationes in Donatum (a. a. O.). Der in zahlreichen Hss. (ausser Paris. 7920 s. XI und Vatic. Regin. 1595 s. XIII sämtlich dem 15. Jhdt. angehörend) unter dem Namen des D. erhaltene Terenzcommentar zu Andria, Eunuchus, Adelphoe, Hecyra und Phormio ist nicht das ursprüngliche Werk, sondern eine Vereinigung zweier stark interpolierten Excerpte aus demselben, wie besonders die zahlreichen Parallelstellen und die Überlieferung des Commentare zu
[1547]
Phormio II 3 zeigen, wo in den besten Hss. sich die Scholien in zwei Parallelreihen finden. Eine durchgängige Scheidung des Restes des alten Commentars von den späteren Zusätzen dürfte kaum gelingen, doch wird man annehmen dürfen, dass die wertvolleren Scholien von D. herrühren, der gute Quellen (genannt werden Probus, Nigidius, Asper) benutzte. Ob in der überlieferten Scholienmasse ein Terenzcommentar des Euanthius teilweise erhalten ist, bleibt trotz Scheidemantels Quaest. Euanthianae 1883 ungewiss (s. Wessner Unters. z. lat. Schol.-Litt. 1899, 1ff.); ebenso bedarf die von Gerstenberg (De Eugraphio) behauptete Beziehung des Commentars zu dem des Eugraphius einer nochmaligen Prüfung; sicher dagegen ist, dass die Scholien des Codex Bembinus oft in enger Beziehung zu dem Donatcommentar stehen. Vgl. über die ganze Frage Sabbadini Studi ital. di filol. dass. II 1–42, woselbst auch die ältere Litteratur (1–3) aufgeführt ist; dazu Rabbow Jahrb. f. Philol. CLV 305–342. In kritischer Ausgabe liegen bisher nur vor: die Vita Terentii (Sueton mit einem Zusatz des D.) von Ritschl in Reifferscheids Suetonii reliquiae 26–36 und Commentar dazu 481–538 (= Opusc. III 204); die Einleitung über die Komoedie und die Einleitungen zu den einzelnen Stücken von Reifferscheid im Ind. schol. Vratislav. 1874 und 1875; erstere ausserdem von Leo in Kaibels Fragm. Com. Graec. I 62ff.; der Commentar zum Eunuchus Act. I–II von Sabbadini Studi ital. di filol. dass. III 251–329. Jetzt Bd. I einer kritischen Gesamtausgabe von P. Wessner, Leipz. 1902 (Einl., Andr., Eun.); im übrigen ist man auf die Ausgabe von Klotz Leipz. 1838 oder auf die älteren Ausgaben von Lindenbrog Frankfurt 1623 und Westerhov Haag 1726 angewiesen. Dass D. auch eine rhetorische Schrift verfasst habe, in der zum mindesten die elocutio behandelt war, vermutet Sabbadini (Studi ital. III 339) auf Grund der Angaben bei Rufinus (Rhetor. lat. min. ed. Halm) 583, 24 u. 581, 19 und im Liber glossarum, Corp. gloss. lat. V 175, 13. Keil G. L. IV p. XXXVII hielt dies für unwahrscheinlich.