7) Dioskurides (FHG II 192-196. R. Weber Leipz. Stud. XI 87–196, den Susemihl Gesch. d. gr. Litt. II 347–351 excerpiert. v. Wilamowitz Herm. XXXV 542f.), ein Schüler des Isokrates (Athen. I II b), verfasste eine Schrift über den Lakonerstaat (Plut. Lyk. 11 Δ. ὁ συντεταγμένος τὴν Λακωνικὴν πολιτείαν; abgekürzt Athen. IV 140 b Δ. ἐν β Πολιτείας und Phot. s. σκυτάλη Δ. ἐν τοῖς Περὶ νομίμων). Das war im 4. Jhdt. ein ausserordentlich beliebtes Thema – es genügt an das dem König Pausanias zugeschriebene Buch, an Xenophons Enkomion Lykurgs, sowie an die Polemik der platonischen Gesetze und der aristotelischen Politik gegen übertriebene Schätzungen Spartas zu erinnern: dass es einem Isokrateer nicht fern lag, beweist des Meisters berühmte Digression im Panathenaikos (202ff.). Die Fassung, in welcher nach Athen. I 11 b D. der Isokrateer die Verse Hom. Il. IX 119f. anführte, lässt sich als Warnung vor der Trunkenheit deuten; damit ist zu vergleichen, was der echte (Ges. I 637 a) und der falsche (Min. 320 a) Platon sowie Xenophon (rep. Lac. 5, 7) von der spartanischen Mässigkeit berichten. Mit erheblich geringerer Wahrscheinlichkeit können dem Isokrateer die Ἀπομνημονεύματα (Diog. Ι 63. Athen. XI 507 d) zugewiesen werden, wenn auch der Umstand, dass Hegesander (bei Athen, a. a. O.) das Buch benutzt, um Platon zu lästern, eher dafür als dagegen spricht. Mit der mythographischen Notiz Schol. Apoll. Arg. I 740 ist nichts anzufangen.
In der Epitome von Athenaios erstem Buch trägt ein Abschnitt die Überschrift Περὶ τοῦ τῶν ἡρώων καθ’ Ὅμηρον βίου. Der Anfang dieses Abschnittes ist in einer zweiten Fassung in einem
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Excerpt erhalten, das bei Suidas s. Ὅμηρος steht und, wie Kaibel (Herm. XXII 323ff.) gegen Hiller (Rh. Mus. XL 204ff.) erwiesen hat. nicht auf die Epitome, sondern ein vollständigeres Exemplar des Athenaios zurückgeht. Statt jener Überschrift leiten das Excerpt bei Suidas die Worte ein: ὅτι Διοσκουρίδης ἐν τοῖς παρ’ Ὁμήρωι νόμοις φησίν u. s. w. Seit Hiller zweifelt niemand daran, dass der Isokrateer mit dem Abschnitt nichts zu thun hat; die Untersuchung von R. Weber hat gezeigt, dass er eine Compilation von Homererklärungen ist, in welcher ζητήματα und λύσεις sowie die moralische Ausbeutung der Kyniker und Stoiker mit der aristarchischen Homer-Interpretation verquickt sind. Es kann hier unerörtert bleiben, ob das von R. Weber aus Athenaios reconstruierte Buch direct auch von Dio von Prusa, Plutarch u. a. benutzt ist, oder ob es nicht vielmehr nur ein Beispiel einer in der Kaiserzeit dominierenden Auffassung Homers ist, da diese Auffassung selbst richtig von R. Weber gezeichnet ist; auch die Frage, inwieweit Aristarchs Exegese original ist, darf zurückgeschoben werden, da das von Athenaios benutzte Buch die philologische Homerforschung der Alexandriner lediglich in der versteinerten Form kennt, die sie durch Aristarch und seine Schule erhalten hatte. Aber ein unglücklicher Gedanke war es, für dies Buch den Namen Διοσκουρίδης wieder hervorzuholen, nachdem Hiller, Kaibel und Brunk (De excerptis περὶ τοῦ τῶν ἡρώων καθ’ Ὅμηρον βίου ab Athenaeo servatis, Greifsw. Diss. 1887) das Richtige im wesentlichen gefunden hatten. Das Citat im Anfang des Excerpts bei Suidas ist nicht anders zu erklären als so viele Subscriptionen der ἱστορίαι in den Homerscholien; wie dort aus einem Citat im Context der Autorname herausgenommen und ans Ende gestellt ist, so ist hier das Citat Διοσκουρίδης ⟨ἐν τοῖς Νόμοις⟩ (letzteres ist jetzt Athen. I 12 a weggefallen, weil die Epitome die Buchtitel auszulassen pflegt, vgl. das Citat ἐν τοῖς Περὶ νομίμων bei Phot. s. σκυτάλη) an den Anfang geschoben und mit der Überschrift zu dem Scheintitel Δ. ἐν τοῖς παρ’ Ὁμήρωι νόμοις verquickt, einem Titel, der in sich thöricht ist und zu dem Abschnitt selbst nicht passt; der handelt nicht von νόμοι, sondern von der δίαιτα. Der Einfall B. Keils (Athen. Mitt. XX 441), diesen vermeintlichen D. mit dem aus der Inschrift Bull. hell. IV 350ff. bekannten Dichter Dioskurides von Tarsos (Nr. 3) zu identificieren, ist von v. Wilamowitz a. a. O. zurückgewiesen.