97) Dionysios Chalkus (ὁ χαλκοῦς), Politiker, Redner und elegischer Dichter. Nachlass bei Bergk PLG II p. 262ff. Vgl. Fr. Osann Beitr. z. gr. u. röm. Literaturgeschichte 1835, 79–140. W. Hertzberg Litterarhistorisches Taschenbuch von Prutz, 1845, 389–391. Welcker Kl. Schr. II 215–227. Flach Gesch. d. gr. Lyrik 432f. Reitzenstein Epigramm und Scholion 51. Aus seiner politischen Thätigkeit sind vor allem zwei Thatsachen bekannt; ein Antrag auf Einführung von Kupfermünzen, der ihm den Spitznamen χαλκοῦς verschaffte (Boeckh Metrol. 340, die betreffende Rede hat noch Kallimachos gelesen, s. Athen. XV 669 D = Callim. frg. 100 d, 24, II p. 320 Schn.), und die Beteiligung bei der Deduction attischer Colonisten nach Sybaris-Thurioi (Plut. Nik. 5. Phot. lex. I p. 282 N. s. Θουριομάντεις· τοὺς περὶ Λάμπωνα· τὴν γὰρ εἰς Σύβαριν ἀποικίαν οἱ μὲν Λάμπωνι ἀνατιθέασιν .., οἱ δὲ τῷ Χαλκιδεῖ [corr. Χαλκῷ] Διονυσίῳ, kürzer die verstümmelten Artikel bei Hesych. s. v. und Schol. Aristoph. Nub. 332). Ein (angeblicher) Sohn von ihm, Hieron, war Günstling und Parteigänger des Nikias, Plut. Nik. 5 Ἱέρων .., ἀνὴρ τεθραμμένος ἐπὶ τῆς οἰκίας τοῦ Νικίου, περί τε γράμματα καὶ μουσικὴν ἐξησκημένος ὑπ’ αὐτοῦ· προσποιούμενος δ’ υἱὸς εἶναι Διονυσίου τοὺ Χαλκοῦ – οὗ καὶ ποιήματα σώζεται καὶ τῆς εἰς Ἰταλίαν ἀποικίας ἡγεμὼν γενόμενος, ἔκτισε Θουρίους [das letzte früher falsch auf den Sohn bezogen] – οὗτος οὖν ὁ Ἱέρων τά τε πρὸς τοὺς μάντεις ἀπόρρητα διεπράττετο τῷ Νικίᾳ κτλ. Die Anekdote ist für die Stellung des D. bezeichnend, der selbst Deisidaimon und Mantis gewesen sein muss, wie sein angeblicher Sohn. Vgl. E. Meyer Gesch. d. Altert. V 24 § 398. Seine Ἐλεγεῖα haben Aristoteles (Rhet. III 2) und wohl auch noch Plutarch (a. O.) und Athenaios vorgelegen. Die erhaltenen Fragmente tragen durchweg sympotischen Charakter. Einige Stücke fingen (was schon den Alten auffiel, Athen. XIII 602 C) mit dem Pentameter an. Nach Welckers ansprechender Vermutung (a. O. 220) erklärt sich das dadurch, dass die Elegien sich zu einem Elegienkranze, einem poetischen Symposion, zusammenfügten; die Elegien sind so Gegenstücke zu jenen Skolien aus einem Sieben-Weisen-Mahl, die uns Lobon überliefert hat (Anthol. Lyr. ed. Crusius p. LXXIII). Auch so bleibt es ein capriciöser Einfall, mit dem Pentameter (den die doppelte Katalexis zum Abschluss der Bewegung bestimmt) ein Gedicht oder eine ῥῆσις anheben zu lassen; es ist ein ähnliches Zersprengen der strengen alten Form, wie das Beginnen einer directen Rede mitten im Hexameter (bei den ältern Epikern unerhört, bei den Römern häufig). Die Sprache und Darstellung des D. fällt auf durch eine Überfülle metaphorischer Elemente; er nähert sich, nach dem Vorgange Ions (frg. 1), oft geradezu dem Stil des Griphos. Neben feierlichen Wendungen, die an die Phraseologie der Hymnen und höheren Lyrik erinnern (frg. 2, 1. 6 = Pind. frg. 89 p. 419 Schr.), stehen niedrig klingende Ausdrücke, wie die von Aristoteles getadelte κραυγὴ Καλλιόπης. Wäre das alles ernst gemeint, verdiente D. den Tadel, den man von Aristoteles an bis herunter auf Weber, Bernhardy, Welcker und Flach so reichlich über sein Haupt ausgeschüttet hat, während das arglose Lob Hertzbergs zum Widerspruch
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herausforderte. Aber wenn man sich Inhalt und Zweck der Dichtung vergegenwärtigt, erscheint das Ganze als παίγνιον, als übermütiges Spiel mit den Mitteln der Poesie, in humoristisch-parodischer Absicht, und wird damit verständlich und erträglich. Man hat es mit einem der zahlreichen Dilettanten jener Zeit zu thun, denen der Gedanke, als Dichter ernsthaft genommen zu werden, wohl recht fern lag.