RE:Diamant
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Edelstein | |||
Band V,1 (1903) S. 322–324 | |||
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Diamant (ἀδάμας, adamas). Wann die Griechen die ursprünglich dem Stahl wegen seiner grossen Härte (ἀ–δαμάζω) beigelegte Bezeichnung ἀδάμας von dem Metall auf den ebenfalls durch sehr grosse Härte sich auszeichnenden Diamanten übertragen, bezw. wann sie diesen letzteren kennen gelernt haben, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Zum erstenmale findet sich das Wort in dieser Bedeutung bei Platon, obschon hier freilich die Deutung des Worts im Sinne von D. nicht unbestritten ist. Platon führt nämlich Polit. 303 E als Stoffe, die dem Golde beigemengt sind und nur durch Feuer von ihm geschieden werden, neben Kupfer und Silber auch ἀδάμας an, während er Tim. 59 B sagt: χρυσοῦ δὲ ὄζος, διὰ πυκνότητα σκληρότατον ὂν καὶ μελανθὲν, ἀδάμας ἐκλήθη. Vornehmlich wegen des μελανθέν hielt Schneider Anal. ad histor. rei metall. 4ff. das hier gemeinte Mineral für Eisen, Pinder De adamante (Berl. 1829) 85 für harte Goldkörner. Doch mag wohl das μελανθέν auf irgend einem Irrtum beruhen; jedenfalls wurde die Stelle auch sonst auf den D. gedeutet, von dem Plin. n. h. XXXVII 55 sagt: ita appellabatur auri nodus in metallis repertus perquam rare, comes auri, nec nisi in auro nasci videbatur, wo die Tempora bekunden, dass Plinius diese Ansicht als eine veraltete bezeichnet. Auch bei Poll. VII 99 wird der ἀδάμας τοῦ χρυσοῦ τὸ ἄνθος genannt. Es ist daher wohl mit Krause Pyrgoteles 10, 3 anzunehmen, dass man in der That in der ältern Zeit den D. für die kostbarste ‚Blüte des Goldes‘, gleichsam für einen ‚Goldknoten‘ hielt, in dem sich die reinsten und edelsten Teile des Goldes condensiert hätten; und dieser Ansicht schliesst sich auch Kluge Edelsteinkunde 221 an, mit Hinweis darauf, dass im sog. Seifengebirge neben Gold, Platin, Osmium und Iridium auch Diamanten vorkommen (vgl. ebd. 219, 1). Offenbar war man aber in der älteren Zeit ebenso über die Beschaffenheit wie über die Provenienz des D. im Unklaren; die wenigen bekannten Exemplare mochte man durch den Handel vom Orient her erhalten haben – Theophr. de lapid. 21 erwähnt den D. nur beiläufig wegen seiner angeblichen Unverbrennlichkeit; diese Ansicht war im Altertum allgemein verbreitet, wie auch betreffs der Härte des Steines übertriebene Vorstellungen herrschten, vgl. Plin. a. a. O. 57: incudibus hi deprehenduntur ita respuentes ictus, ut ferrum utrimque dissultet, incudes [323] ipsae etiam exiliant. quippe duritia est inenarrabilis, simulque ignium victrix natura et numquam incalescens, unde et nomen accepit; vgl. Senec. dial. II 3, 5. Erst die Neuzeit hat die Verbrennbarkeit des D. nachgewiesen, während das Mittelalter noch an dem Glauben der Alten festhielt, und ebenso an deren seltsamem Aberglauben, dass der Stein, wenn er durch heisses Bocksblut erwärmt worden sei, mit Hammer und Ambos zerschlagen werden könne, Plin. a. a. O. 59 hircino rumpitur sanguine, neque aliter quam recenti calidoque macerata et sic quoque multis ictibus, tum etiam praeterquam eximias incudes malleosque ferreos frangens; darnach Isid. orig. XII 1, 14. XVI 13, 2. Marbod. lapid. 1; ferner vgl. Paus. VIII 18, 6. August. civ. dei XXI 4. Doch war den Alten die Thatsache bekannt, dass der D. vom D. selbst angegriffen und geritzt werde, Plin. a. a. O. 58, wo es freilich nur von einer Art, die siderites genannt wird, und von den kyprischen Diamanten angegeben wird; und dass die alten Steinschneider schon, ebenso wie die heutigen, D.-Splitter wegen ihrer Härte zum Gravieren von Edelsteinen benutzten, wird direct überliefert, Plin. 60 cum feliciter contigit rumpere, in tam parvas friantur crustas, ut cerni vix possint. expetuntur hae scalptoribus ferroque includuntur nullam non duritiam ex facili cavantes (vgl. ebd. 200). Solin. c. 30, 33. 52, 56. Marbod. a. a. O. und 14; man glaubt auch an alten Gemmen die Spuren der Arbeit mit dem D. nachweisen zu können, vgl. Lessing Antiquar. Briefe 27, nach Natter Traité p. 36.
Die meisten Diamanten kamen im Altertum aus Indien, das mehrfach als Heimat des kostbaren Edelsteins, der auch den Alten als der erste unter allen Edelsteinen galt (Plin. a. a. O. 55 maximum in rebus humanis, non solum inter gemmas, pretium habet adamas diu non nisi regibus et iis admodum paucis cognitus; vgl. ebd. 204), genannt wird; über ihn Plin. a. a. O. 56 mit ausführlicher Beschreibung der Krystallisation in Form zweier, mit den Grundflächen zusammenstossender sechsseitiger Pyramiden, Dion. perieg. 1116. Anonym. peripl. mar. Erythr. 56. Ptolem. VII 1, 169. Augustin. a. a. O. Marbod. 1. Zweifelhafter ist, ob der angeblich in Arabien, Cypern und Makedonien vorkommende adamas, von dem Plin. 56ff. spricht, wirklicher D. ist. Lessing a. a. O. 30 dachte beim kyprischen adamas an die sog. Diamanten von Baffa, die nicht als echte Diamanten gelten; Pinder a. a. O. 50 und Schrauf Edelsteinkunde 114 meinten, Plinius spreche von Bergkrystall, ähnlich Krause 33. In der That findet man heut in jenen Gegenden keine Diamanten. Dass den Alten der Ural als Fundort bekannt war, darf aus Dion. perieg. 318 und Ammian. Marc. XXII 8, 31 geschlossen werden, wonach bei den Agathyrsen Reichtum an Diamanten herrschte. In der Kaiserzeit gehörte, wie wir aus Dig. XXXIX 4, 16, 7 entnehmen, der D. mit andern Edelsteinen zu denjenigen Importartikeln, die einem Eingangszoll unterlagen.
Verwandt wurde der D. fast ausschliesslich zu Ringen und sonstigen Schmucksachen; vgl. Mart. V 11, 1. Iuven. 6, 156. Augustin. a. a. O. Marbod. 1, 48f.; inschriftlich CIL II 3386, vgl. Hübner Herm. I 347. Doch scheint der D., von [324] dem Plinius a. a. O. sagt, dass ihn früher nur Könige gekannt hätten, auch später immer noch eine grosse Seltenheit gewesen zu sein; Friedländer Sittengesch. III 79 glaubt sogar, dass der Hist. Aug. Hadr. 3 erwähnte D., der von Nerva an Traian und von diesem an Hadrian überging, gar nicht gefasst gewesen sei. Schliff müssen jedoch die alten Diamanten gehabt haben, wenn auch an die kunstvolle Facettierung der modernen Technik noch nicht gedacht werden darf. Graviert sind Diamanten im Altertum wahrscheinlich niemals worden, vgl. Blümner Technol. III 233, 2. Sonst wissen wir nur noch von der oben erwähnten Anwendung des D. in der Steinschneidekunst. Von den geheimen Kräften, die man wie andern Edelsteinen auch dem D. zuschrieb, handelt Plin. a. a. O. 61 und Marbod. 1, 40ff.; darauf geht wahrscheinlich auch Stat. Theb. II 277.
Litteratur: Von älterer ist nur anzuführen Salmasius Exercit. Plin. 1073ff.; von neuerer ausser der citierten Abhandlung von Pinder eine Leipziger Promotionsschrift von Zerrenner De adamante 1850 (mir nicht zugänglich).