Defensor senatus. Obgleich Constantin seine Neugründung am Bosporos über alle andern Städte des Reiches erheben wollte, liess er doch geflissentlich Rom einen formellen Vorrang (Iulian. or. I 8 B. Joh. Lyd. de mag. II 30). Constantinopel erhielt zwar keinen gewöhnlichen Ordo decurionum, wie ihn die übrigen Gemeinden besassen, sondern einen Senat (Ellissen Der Senat im oströmischen Reiche, Göttingen 1881, 10), aber von niedrigerem Range. Führten die römischen Senatoren den Titel viri clarissimi, so sollten die byzantinischen nur viri clari heissen (Anon. Vales. 6, 30: senatum constituit secundi ordinis; claros vocavit; vgl. Liban. ep. 68); die Anrede patres conscripti wurde ihnen erst durch Theodosius I. zu teil (Themist. or. XIV 183 c). Beide Städte waren der Verwaltung der sie umgebenden Provinzen entzogen, aber während Rom unter einem Praefectus urbi stand, wurde Constantinopel von einem Proconsul regiert, der um eine Rangstufe niedriger stand. Diese Unterschiede wurden durch Constantius zum grossen Teil beseitigt. Er verwandelte 359 den Proconsulat in eine Stadtpraefectur
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(Sievers Das Leben des Libanius 211) und erliess um dieselbe Zeit eine Reihe von Verordnungen, durch welche der orientalische Senat dem römischen angeglichen wurde (vgl. Themist. or. III 48 a). Zu diesen gehört auch ein umfangreiches Gesetz vom 3. Mai 361 (Haenel Corpus legum. Indices p. 39), das die Leistungen der Senatoren für die Spiele und Bauten von Constantinopel regelt (Cod. Theod. VI 4, 12. 13) und als Entgelt dafür ihren Besitzungen in der Provinz zahlreiche Immunitäten gewährt (Cod. Theod. VII 8, 1. XI 1, 7. 15, 1. 23, 1. XIII 1, 3. XV 1, 7). Um diese vor den Übergriffen der Praesides und Steuererheber zu schützen, wurden durch dasselbe Gesetz in allen Provinzen D. s. eingesetzt (Cod. Theod. I 28, 1. XV 1, 7). Im J. 364 wurde diese Bestimmung dahin vervollständigt, dass der Senat selbst je einen oder zwei D. für jede Provinz aus seiner Mitte wählen solle (Cod. Theod. I 28, 2), während sie vorher wahrscheinlich durch den Stadtpraefecten ernannt worden waren. In den Provinzen sollte die Umlage der Steuern nur in Gegenwart der D. s. stattfinden dürfen, damit kein Senator dadurch geschädigt werde (Cod. Theod. I 28, 3), und meinten sie, dass die Privilegien ihrer Standesgenossen in irgend einer Weise angegriffen würden, so sollten sie dies hindern, und falls sie Widerstand fänden, an den Kaiser berichten (Cod. Theod. I 28, 3. 4). Im J. 383 wurde sogar verfügt, dass die Steuereintreibung von den Gütern der Senatoren den Decurionen, welche sie bei allen andern Unterthanen besorgten, entzogen und auf die Officialen der Statthalter übertragen werden solle (Cod. Theod. XI 7, 12), und ein Gesetz vom J. 396 schärfte dies noch einmal ein und verpflichtete die D. s. zur Aufsicht darüber (Cod. Theod. VI 3, 2. 3). Aber da die Folge war, dass die vornehmen Herrn die Hälfte ihrer Steuern unbezahlt liessen, wurde diese Bestimmung schon im nächsten Jahre wieder aufgehoben (Cod. Theod. VI 3, 4) und gleichzeitig wohl auch das Amt der D. s. abgeschafft; denn später wird es nicht mehr erwähnt. Da es nur in orientalischen Gesetzen vorkommt, scheint es ausschliesslich für den Senat von Constantinopel, nicht auch für den römischen bestanden zu haben.