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RE:Decuma

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Zehntenabgabe an eine Gottheit bzw. Gemeinde oder Staat
Band IV,2 (1901) S. 23062314
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Decuma (decima sc. pars, δεκάτη, Corp. gloss. II 38, 31. III 426, 24). A. Der einer Gottheit gelobte zehnte Teil an Beute oder Erträgen. Varro de l.l. VI 54 vovere Apolloni decumas praedae. Iustin. XVIII 7, 7. XX 3, 3. Camillus gelobt solchen dem pythischen Apollon vor Veiis Eroberung (Liv. V 21, 2. Plut. Cam. 7. Val. Max. V 6, 8. Niebuhr R. G. 621. Schwegler R. G. III 214. 228), ein Gelübde, dessen Erfüllung er nur schwer beim römischen Volke hat durchsetzen können nach Liv. V 23, 8. 25, 7. Plut. Cam. 8. Sulla weihte die D. seines Privatvermögens dem Hercules Victor und speiste das Volk, um es für die Leiden des Bürgerkrieges zu entschädigen, öffentlich, Plut. Sulla 35. Ebenso handelte Crassus, Plut. Crass. 2. Nach Diodor IV 21. Plut. quaest. Rom. 18 war diese Spende an Hercules altrömische Sitte. Lange R. A. III² 169. [2307]

B. Naturalabgabe vom italischen Gemeindelande. Die Pächter, welche den ager publicus (s. den Art. o. Bd. I S. 792) occupiert hatten, zahlten an den Staat den Zehnten der Saat, den Fünften der Baumfrüchte und Weinpflanzungen. Appian. bell. civ. I 7: Ῥωμαῖοι . . τῆς .. γῆς τῆς δορυκτήρου σφίσιν ἑκάστοτε γιγνομένης τὴν μὲν ἐξειργασμένην αὐτίκα τοῖς οἰκιζομένοις ἐπιδιῄρουν ἢ ἐπίπρασκον ἢ ἐξενισθουν, τὴν δ’ ἀργὸν ἐκ τοῦ πολέμου τότε οὖσαν, ἢ δὴ καὶ μάλιστα ἐπλήθυεν, οὐκ ἄγοντές πω σχολὴν διαλαχεῖν, ἐπεκήρυττον ἐν τοσῷδε τοῖς ἐθέλουσιν ἐκπονεῖν ἐπὶ τέλει τῶν ἐτησίων καρπῶν, δεκάτῃ μὲν τῶν σπειρομένων πέμπτῃ δὲ τῶν φυτευομένων; vgl. I 18: τὸ κήρυγμα τὴν ἀνέμητον [γῆν] ἐξεργάζεσθαι τὸν ἐθέλοντα προλέγον. Mommsen St.-R. III 87. 1115. Diese durch andere Belege nicht gestützte, aber gute Nachricht hält Karlowa I 96 nach der Seite hin für bedenklich, dass Appian Einrichtungen, die für einige Teile des ager publicus später getroffen waren, verallgemeinere und irrtümlich auf frühere Zeiten übertrage; jedenfalls kann nicht sofort eine Fruchtquote verlangt worden sein, ehe die zu cultivierenden Ländereien einen nennenswerten Ertrag abwarfen. Allerdings scheint die Notiz nicht das ursprüngliche Verhältnis darzustellen. Auch M. Weber Agrargesch. 127 erkennt an, dass die Nutzung der gemeinen Mark wohl zunächst abgabenfrei war. Über die Zeit, wann diese Abgabe allgemein eingeführt und verlangt wurde, sind nur Mutmassungen möglich. Vgl. auch über Liv. IV 36, 2 Niebuhr R. G. II⁴ 482. Schwegler II 409. 436 mit Pernice 59, der die rechtliche Natur dieses Zehnten auseinandersetzt. Wie der, welcher Vieh auf die Gemeindeweide trieb, Hutgeld (scriptura, s. d.) zu entrichten hatte, so zahlte der Occupant eine Fruchtquote für Nutzniessung, denn der Staat bleibt Besitzer des Grund und Bodens, das Überlassungsrecht ist jederzeit widerruflich. Aber, bemerkt Pernice, ,der Zehnte ist nicht Bedingung zur Occupation, weder in dem Sinne, dass die Einziehung des Landes nur zulässig wäre, wenn der Zins nicht mehr entrichtet würde, noch in dem Sinne, dass wegen Nichtzahlung die Einziehung erfolgte‘. Beispiele, dass im Weigerungsfalle der Staat die Leistung erzwang, sind nicht bekannt. Die Erhebung geschah durch den Quaestor des Aerarium (s. d.). Gewöhnlich fand später, wie Niebuhr II 158 zuerst erkannte, eine Verpachtung des Zehnten durch den Censor auf ein Lustrum (Bd. III S. 1904) statt (agrum publicum fruendum locare, decumas vendere, vectigalia locare, publico frui, zahlreiche Nachweise giebt Schwegler II 409f. 435), vgl. den Art. Vectigalia. Die Nutzung des Gemeindelandes zu regeln ist Competenz des Senates, Mommsen St.-R. III 1116.

C. Naturalabgabe in Provinzen. Hinsichtlich der Abgabenpflicht von Grund und Boden in den Provinzen, welche in den Art. Stipendium, Tributum, Vectigalia eingehender zu erörtern ist, nahm Sicilien, später auch Asien (s. u.) eine Sonderstellung ein, da diese Länder kein Stipendium zahlten. Cic. Verr. III 12: Inter Siciliam ceterasque provincias in agrorum vectigalium ratione hoc interest, quod ceteris aut impositum vectigal est certum, quod stipendium dicitur ut [2308] Hispanis et plerisque Poenorum quasi victoriae praemium ac poena belli, aut censoria locatio constituta est, ut Asiae lege Sempronia. 1) In Sicilien unterscheiden wir a) abgabenfreie Gemeinden; b) solche, deren Gebiet mit Waffengewalt erobert und als ager publicus p. R. erklärt ist, dann aber zurückgegeben ward gegen Zahlung einer von den Censoren zu verpachtenden Abgabe an das römische Volk; c) Gemeinden, deren Bodenrecht unangetastet blieb, die aber zehntpflichtig den Römern wurden, wie sie es früheren Herren gewesen waren. Cic. Verr. III 13: Perpaucae Siciliae civitates sunt bello a maioribus nostris subactae: quarum ager cum esset publicus populi Romani factus, tamen illis est redditus. is ager a censoribus locari solet (vgl. V 53). Foederatae civitates sunt duae, quarum decumae venire non soleant, Mamertina et Tauromenitana. quinque praeterea sine foedere immunes ac liberae, Centuripina, Halaesina, Segestana, Halicyensis, Panormitana. praeterea omnis ager Siciliae civitatum decumanus (vgl. III 45. 100. 103. 120. 121. 178. 200) est, itemque ante imperium p. R. ipsorum Siculorum voluntate et institutis fuit. Rom verlangt also hier keine neuen Abgaben, sondern tritt an die Stelle der früheren Zehntherren, Karthago und Syrakus, Mommsen St.-R. III 730; vor allem soll das Gesetz Hieros über Erhebung des Zehnten in Kraft bleiben. Cic. Verr. III 14: (maiores) ... tanta cura Siculos tueri ac retinere voluerunt, ut non modo eorum agris vectigal novum nullum imponerent, sed ne legem quidem venditionis decumarum nec vendundi aut tempus aut locum commutarent, ut certo tempore anni ut ibidem in Sicilia, denique ut lege Hieronica venderent. Ciceros dritte Rede gegen Verres giebt über dieses öfter (III 15. 18f. 24. 38. 44. 117. 121. II 32. 63. 147. 150 und sonst) erwähnte Gesetz und die Verpachtung des Zehnten (decumas vendere a. a. O. III 15. 18. 40. 44. 70. 83. 117. 151. II 63. 147 u. o. Merguet Lex. II 35) nähere Auskunft. Es handelt sich um eine Naturalabgabe von Feldfrüchten, den Zehnten von Getreide (d. frumenti Cic. Verr. III 40. 49. 117; frumentum decumanum I 11. III 12 48. 163. 172. 188; d. tritici III 75. 83. 110. 148; d. hordei III 73. 78), von Trauben, Wein und kleinen Früchten (Cic. Verr. III 18 vini et olei decumas et frugum minutarum). Marquardt St.-V. II 188, 3 deutet den letzteren Ausdruck mit Bezug auf Serv. Aen. I 178. Dig. L 16, 77. Paul. sent. III 6, 78. Ammian. XXIII 6, 41. Colum. II 11 als Gemüse, Bohnen, Erbsen. Alljährlich, also vor der Verpachtung, wurde in jeder Gemeinde die Zahl der Pflichtigen aratores amtlich festgestellt (Cic. Verr. III 38. 120 lege Hieronica numerus aratorum quotannis apud magistratus publice subscribitur); mit diesem generellen Ausdruck bezeichnet Cicero, wie Marquardt treffend hervorhebt, sehr verschiedenartige Personen, sowohl possessores wie Pächter, meist aber doch Sicilianer, Degenkolb 25. Dieselben müssen wahrheitsgemäss die Anzahl der in Bewirtschaftung befindlichen iugera angeben (Cic. Verr. III 26. 38. 53 numerum iugerum profiteri. 102. 112. 113) und die Aussaat (III 102), Degenkolb 47. Die Abgabe lastet auf dem Gute (III 199 nam [2309] cum aratori aliquid imponitur, non hominis, si quae sunt praeterea facultates, sed arationis ipsius vis ac ratio consideranda est) und liegt dem jeweiligen Bebauer, also auch dem Pächter, so III 55, gleichviel ob er in einer freien Stadt wohnt (Cic. Verr. III 53. 108. 114) oder römischer Bürger ist (III 36. 37. 60) ob, nicht dem rechtlichen Eigentümer. Vgl. Huschke Census 139. Voigt II 402. Pernice a. a. O. 67. Eine solche Abgabenpflicht des Grund und Bodens erkennt noch die kaiserliche Gesetzgebung an, wie schon das Rescript des Aurelius Antoninus und Verus bekundet, Dig. XXXIX 4, 7 in vectigalibus ipsa praedia non personas conveniri. Degenkolb 36 fasst die sicilische D. mehr als Gewerbesteuer auf. Eine directe Erhebung fand nicht statt, sondern die decumae wurden nach Stadtbezirken (Cic. Verr. III 77 d. Herbitenses; III 104 agri Aetnensis et Leontini d.; III 100 agri Hennensis d. 110. 117. 147f. u. ö.) an den Meistbietenden durch den Statthalter (III 18. 77. 104. 149) in Syrakus verpachtet (III 149 palam res gesta est, maximo contentu, Syracusis. testis est tota provincia, propterea quod undique ad emendas decumas solet eo convenire). Ein bestimmter Termin war gesetzlich festgelegt (III 14, s. o.). Wer den Zuschlag bekam, übernahm die Verpflichtung, eine gewisse Anzahl Scheffel Getreide oder andere der genannten Producte nach Rom zu liefern; fällt die Ernte schlecht aus, so muss er auf eigene Rechnung Ersatz für den Ausfall schaffen; ist der Ertrag gross, so kann er den Überschuss zu eigenem weiteren Verdienste verwenden. Man überbot sich manchmal, um beim Volke in Rom sich beliebt zu machen (Cic. Verr. III 149). – Unter dem Consulat des L. Octavius und C. Aurelius Cotta im J. 679 = 75 gestattete ein Senatsbeschluss die Verpachtung der decumae vini et olei et frugum minutarum in Rom selbst (III 18). Schon Marquardt II 190 bemerkt, dass der Zehnte für eine Provinz wie Sicilien an sich keine drückende Last sein konnte, da der Boden so ausserordentlich fruchtbar war. Nach Cic. Verr. III 112 brachte der Acker von Leontini das Acht-, selbst das Zehnfache der Aussaat, vgl. Liv. XXVII 5. Wurden andere Lasten auferlegt, wie das frumentum in cellam für den Praetor und sein Gefolge (Cic. Verr. III 188. Marquardt II 102), so gab der Staat eine Entschädigung. Wenn das staatliche Interesse es erforderte, konnte durch Senats- und Volksbeschluss (Cic. Verr. III 163. 172) der Statthalter beauftragt werden, einen weiteren Zehnten (d. altera) einzuziehen, III 42 senatus cum temporibus rei publicae cogitur, ut decernat, ut alterae decumae exigantur, ita decernit. ut pro his decumis pecunia solvatur aratoribus, ut quod plus sumitur quam debetur, id emi non auferri putetur. Den Pächtern ward darnach für die Mehrleistung eine bare Entschädigung geleistet (daher frumentum emptum), Mommsen St.-R. III 1118. Das scheint nicht ganz selten vorgekommen zu sein, Liv. XXXVI 2, 13 praetori mandatum, ut duas d. frumenti exigeret; XXXVII 2, 12 Siciliae Sardiniaeque binae eo anno d. imperatae; XXXVII 50, 9 duas d. praetor Siculis imperet. XLII 31, 8. Cic. Verr. III 42. 227 alterae d. imperentur. Zunächst wurden die agri decumani herangezogen; reichte deren Vorrat nicht aus, [2310] mussten auch andere, selbst steuerfreie Städte zusteuern. So lieferte Halaesae, obwohl immunis ac libera (Cic. Verr. III 13), Getreide III 170, Centuripae, Messana ebenfalls IV 20. Für dies frumentum imperatum ward ein noch höherer Betrag gezahlt. Nach Cic. Verr. III 163 hat Sicilien zu Verres Zeit jährlich an solchen alterae decumae 3 Millionen modii zu liefern und für den Modius 3 Sesterzen zu zahlen, an frumentum emptum aber 800 000 modii zu 3½ Sesterzen, Marquardt II 115, 2. Mommsen III 1118, 1. Und doch war nicht selten die D. eine schwere Last, denn die Gemeinden wurden durch die Art der Veranschlagung von Seiten gewissenloser Statthalter und durch die Ausbeutungen der Pächter (decumani, Cic. Verr. III 25. 27. 29. 31. 34. 35. 50. 53. 61. 97. 100. 117. 119 u. ö. Merguet II 37) ruiniert; unter den publicani (s. d.) deren unheilvolles, von der Obrigkeit nicht unterdrücktes Treiben bekannt ist (vgl. Liv. XLV 18, 5 ubi publicanus esset, ibi aut ius publicum vanum aut libertatem sociis nullam esse; Marquardt I 539. II 190. Cic. ad Q. fr. 111, 32f. Dig. XXXIX 4, 12 [Ulpianus]), spielten sie eine besonders einflussreiche Rolle, Cic. Verr. II 175 decumani, hoc est principes et quasi senatores publicanorum. Um den ärgsten Bedrückungen zu entgehen, suchten die Städte selbst die D. zu pachten; so Herbita, das jedoch von dem Syrakusaner Aeschrio überboten ward, der 8100 Medimnen, beinahe die Hälfte mehr als im letzten Jahre, zu liefern verspricht, Cic. Verr. III 77: den Gerstezehnten der Flur ersteht Docimus, einer der Cumpane des Statthalters, ebenso wurde Therma von einem Beauftragten des Verres überboten, so dass der Stadt nichts weiter übrig blieb als diesem das Recht abzukaufen, III 99: Thermitani miserunt, qui decumas emerent agri sui. Magni sua putabant interesse publice potius quamvis magno emi, quam in aliquem istius emissarium inciderent. Appositus erat Venuleius quidam qui emeret. Is licri non destitit. Illi quoad videbatur ferri aliquo modo posse, contenderunt; postremo liceri destiterunt. Addicitur Venuleio tritici medimnum VIII milibus. Legatus Posidorus renuntiat. Cum omnibus hoc intolerandum videretur, tamen Venuleio dantur, ne accedat, tritici mod. VII et praeterea HS II. Vgl. III 88.

Unter den ungünstigsten Bedingungen mussten sich Gemeinden zu exorbitanten Geboten entschliessen, so Lipara, Cic. Verr. III 84. Die dritte verrinische Rede giebt mehr als genug Beipiele für den unerträglichen Druck, die brutale Gewaltthätigkeit, die schamlose Ausbeutung, denen unter solchem Statthalter Gemeinden wie Bürger zum Opfer fielen – selbst wenn wir so manche Übertreibungen und juristische Spitzfindigkeiten, deren Cicero als Ankläger sich auch hier schuldig macht, in Abrechnung bringen. Die Anordnungen der lex Hieronica werden willkürlich verletzt, III 16f. 21. 24. 38. vgl. II 63. Durch Verfügungen, wie III 36, dass das Getreide nicht eher von der Tenne entfernt werden darf, ehe nicht mit dem Pächter abgeschlossen ist (ne quis frumentum de area tolleret, antequam cum decumano pactus esset), die an sich berechtigt wäre (vgl. III 20), aber dadurch der Willkür Thor und Thür öffnet, dass vor dem 1. August das Getreide versandfertig [2311] im Hafen eingeliefert sein müsse (ut ante Calendas Sext. omnes decumas ad aquam deportatas haberet, vgl. III 51), wurde die Lieferung unter Umständen ungünstigen Witterungseinflüssen ausgesetzt und der arator gezwungen, zu seinem Schaden abzuschliessen. Apronius, der schlimmsten einer unter den Pächtern zur Zeit des Verres (III 21 nomine decumani, re vera ministri et satellites cupiditatum [praetoris]. 22. 24. 84 Verres alter) übte Erpressungen jeder Art (III 106ff.), machte Aufschläge auf eigene Faust (III 118 Apronius in vendundis decumis nummorum faciebat accessiones ad singulas decumas) , verlangte unter allerlei Vorwänden Zuschüsse (III 86), die man am Ende zahlte, damit die Peiniger, die wie ein Brand Hab und Gut, Recht und Freiheit verwüsten (III 66, vgl. 88), schliesslich abzögen (III 100 ut aliquando ex agris atque urbibus expleti atque saturati cum hoc cumulo quaestus decederent). Bezeichnend ist sein Verhalten bei der Pachtung des Zehnten vom Gebiet von Leontini, III 110ff. Auch bei Einziehung der decumae alterae wusste sich Verres zu bereichern, indem er das zum Ankauf bestimmte Geld nicht alsbald auszahlte, sondern den Pächtern gegen an ihn zu zahlende Wucherzinsen länger liess (III 164), auch wohl Gemeinden, weil sie angeblich unbrauchbares Getreide geliefert, statt dessen er aus eigenen Magazinen Ersatz gab, jede Entschädigung verweigerte (III 170ff., vgl. 48. 49. 87. 198).

War überhaupt schon das System, demjenigen, der den grössten Gewinn in Aussicht stellte, den Zuschlag zu erteilen, verfehlt, so wurde es zum Verbrechen, als man die aratores durch Drohungen aller Art (besonders III 56ff. 67ff.: die Agyriner geben, da man ihnen in Aussicht stellt, mit Ruten zu Tode gepeitscht zu werden, ausser dem Pflichtteil 33 000 Medimnen Weizen und 60 000 Sesterzen; vgl. III 152) zwang, nachzugeben. Nur zum Schein aber sollte ein derartiges Hinaufschrauben der Erträge der D. dem römischen Volke zu Gute kommen (III 48), thatsächlich nahmen Pächter oder die Statthalter selbst, wie Verres (III 49), den Überschuss zu eigenem Gewinnst. Unter einer solch ungeheuerlichen Verwaltung war nicht einmal gegen die brutalsten Übervorteilungen ein gerechter Urteilsspruch zu gewärtigen. Während vordem als Recht galt: ne quis extra suum forum vadimonium promittere cogatur (III 38. vgl. II 34 selecti e conventu aut propositi e negotiatoribus iudices nulli, Degenkolb 5ff. 20. 27), verkündete Verres Edict: ut arator decumano, quo vellet decumanus, vadimonium promitteret (III 38); gerechterweise sollte die Untersuchung in dem Bezirke geführt werden, wo das Grundstück lag. Was half bei solcher Erschwerung die Anordnung, dass man den decumanus bei Überforderungen verklagen konnte, das Achtfache dessen zu ersetzen, was dem arator ungesetzlich abgefordert sei; der letztere sollte, wenn er unrichtig fatiert, nur die Hälfte an Busse zahlen, Cic. Verr. III 26; gegen eine andere neue, absichtlich allgemein gehaltene Bestimmung III 25: quantum decumanus edidisset aratorem sibi decumae dare oportere, ut tantum arator decumano dare cogeretur, gab es keinen unparteiischen Gerichtshof, denn Verres bestellte die recuperatores aus seinen Getreuen, Cic. Verr. III 34. [2312] 54. 55 (de cohorte latronum). 69. 135 tametsi qui tantis erunt cervicibus recuperatores, qui audeant in provincia cum praetor adsit, non solum contra voluntatem eius, sed etiam contra fortunas iudicare? Nympho aus Centuripae sollte die Grösse seiner Ackerlandes nicht richtig angegeben haben; das Gericht besteht aus dem Leibarzt des Verres, dem haruspex und dem praeco und verurteilt den Angeklagten zur Auslieferung des gesamten Ernteertrages. Xeno aus Menae verzichtet überhaupt auf gerichtliche Entscheidung und bewilligt die verlangte Summe. – Überdies forderte Verres noch Geld für Untersuchung des Getreides, für Schreiber, Diener (III 181 pro spectatione et collybo, deinde pro nescio quo cerario . . . scribae nomine de tota pecunia binae quinquagesimae detrahebantur; Degenkolb 50 beurteilt den Fall weniger hart, vgl. S. 67 über den Process Nymphos). Weitere Chikanen hatten die zu leiden, welche, um nicht die Lieferung an einen für sie ungünstig gelegenen Platz, der mit Absicht ausgewählt war, transportieren zu müssen, einen angemessenen Geldbetrag zahlen wollten (III 189). Angesichts der Willkür solcher Blutsauger (III 103) wurden binnen kurzem von manchem die Äcker verlassen (III 46ff. 53. 55. 120ff. 124. 127), Verzweifelte gar zum Selbstmord getrieben (III 129ff. 144). Nach drei Jahren waren im Gebiet von Leontini von 83 aratores noch 32 vorhanden, in der Flur von Motyka von 180 nur 101, im Bezirk von Herbita von 257 nur 120, in der Feldmark von Agyrium von 250 gar blos 80 übrig geblieben. Den Schaden, welcher durch mangelnde Bewirtschaftung der Güter erwuchs, trug, im Grunde, wie Cicero (III 127) mehrfach hervorhebt, das römische Volk.

Streitigkeiten zwischen Zehntpflichtigen und Zehntpächtern sollen auf Grund der Bestimmungen in der lex Hieronica entschieden werden, Cic. Verr. II 32 inter aratores et decumanos lege frumentaria, quam Hieronicam appellant, iudicia fiunt. Dies Gesetz, das Nitzsch 37 auf die Zeit des Diocles bezog, während nach Degenkolb 91 mehr Gründe, allerdings nicht entscheidende, für Hiero I. sprechen, war also bei Einrichtung der Provinz in Geltung geblieben und vom Senat bestätigt. Cicero Verr. III 20 nennt es streng und mit peinlichster Sorgfalt ausgearbeitet: acutissime ac diligcntissime scriptam, quae lex omnibus custodiis subiectum aratorem decumano tradidit, ut neque in segetibus neque in areis neque in horreis neque in amovendo neque in asportando frumento grano uno posset arator sine maxima poena fraudare decumanum, rühmt weiter aber, dass es gerecht sei: nam ita diligenter constituta sunt iura decumano, ut tamen ab invito aratore plus decuma non posset auferri. Es genügte schon zur Beruhigung der Provinz, dass Verres Nachfolger Metellus verkündete, er werde sich peinlich genau nach demselben richten, III 44. 121. 123. Namentlich scheinen also die Bestimmungen über die Zusammensetzung des Gerichtshofes Unparteilichkeit und rasches Verfahren verbürgt zu haben, Degenkolb 19ff. 76. Weber 181. Das war um so wichtiger, als die Leistung erzwungen, der Säumige gepfändet werden konnte (III 57 hominibus coactis in eorum arationes Apronius venit, omne instrumentum diripuit, [2313] familiam abduxit, pecus abegit) und eine Beschwerde erst nachträglich zulässig war, Pernice 66. Degenkolb 52ff. Das Recuperatorengericht (Cic. Verr. III 28. 32. 35 u. o.) setzte sich aus Vertretern der aratores und decumani zusammen und erkannte unter Vorsitz eines römischen Beamten, ob der zwischen dem Zehntpflichtigen und dem Pächter geschlossene Vertrag (pactio III 102. 112. 143) gewissenhaft erfüllt war. Genauere Darlegung des Verfahrens in den Artikeln Lex Hieronica, Recuperatores.

Die D. als Naturalleistung ist am Ende der Republik in Sicilien abgeschafft. Plin. n. h. III 91 zählt die stipendiären Gemeinden der Insel auf. Wenn, wie oben gesagt, die Gemeinden des öftern die Abgabe ihres Gebietes selbst pachteten oder dem Meistbietenden abkauften, so waren, bemerkt Weber 183, sie ,für das laufende Jahr so gestellt, als ob sie eine feste Fruchtquote zu liefern verpflichtet und dieselbe zu subrepartieren berechtigt gewesen wären‘. Diese Form ist dann später, vielleicht unter Caesar, die übliche geworden, indem die Naturalleistung in eine Geldrente umgewandelt wurde, so dass also dann auch Sicilien zu den provinciae stipendiariae gehörte.

2) In Asien führte, wie bereits Bd. II S. 1546 Brandis darlegt, C. Gracchus im J. 631 = 123 durch eine lex Sempronia die D. ein, Cic. Verr. III 12 (s. o.), welche in irgend einer Form auch vordem von pergamenischen Königen erhoben, bei Einverleibung des Gebietes aber aufgehoben war, jetzt aber nicht in der Provinz, sondern, um dem Ritterstand entgegenzukommen, von den Censoren in Rom verpachtet wurde, vgl. Cic. ad Att. I 17, 9. Fronto ad Verum p. 125 Nab. iam Gracchus locabat Asiam. SC. de Asclepiade vom J. 78 IGI 951 ἄρχοντες ἡμέτεροι οἵτινες ἄν ποτε Ἀσίαν μισθῶσιν; die Bruchstücke des Senatsbeschlusses Bull. hell. II 128 sind auch bereits Bd. II S. 1546 citiert. Pernice a. a. O. 65ff. Weber 183. Mommsen St.-R. III 731. Die D. wird öfter erwähnt, so Cic. pro lege Man. 15, dass angesichts der Blockade durch die Seeräuber neque ex portu neque ex decumis neque ex scriptum vectigal conservari potest; pro Flacc. 19 scriptura decumae portorium; sie wird nach Stadtbezirken erhoben ebd. 91 at fructus isti Tralliarorum Globulo praetore venierant. Falcidios emerat HS nongentis milibus. Auch hier hören wir, dass die decumani (Cic. ad Att. V 13, 1) Asien arg bedrücken, Plut. Luc. 7. 20. Caesar machte nach Appian. bell. civ. V 4 ὑμῖν τοὺς φόρους ἐπέτρεψεν ἀγείρειν παρὰ τῶν γεωργούντων im J. 706 = 48 dadurch ein Ende, dass er den Gemeinden die Erhebung der Gefälle übertrug, zugleich aber die Abgaben der Provinz um ein Drittel herabsetzte, Plut. Caes. 48; wie aus Dio XLII 6 τοὺς γοῦν τελώνας πικρότατά σφισι χρωμένους ἀταλλάξας ἐς φόρου συντέλειαν τὸ συμβαῖνον ἐκ τῶν τελῶν κατεστήσατο hervorgeht, wurde aus der D. ein Stipendium, das wenig später Cassius auf zehn, Antonius für neun Jahre voraus forderte, Appian. bell. civ. IV 74. V 5. 6. Marquardt II 191.

Litteratur. Niebuhr R. G. II 158ff. 592. III 729; Kl. Schr. 147. Göttling Gesch. der r. Staatsverf. 418. Schwegler R. G. II 405ff. 433. Marquardt St.-V. I 338. II 187ff. Mommsen R. G. II⁶ 381; St.-R. II 1093. III 87. 730. 1115ff. [2314] 1118. Lange R. Alt. I³ 814. III² 169. 201. Madvig II 72. 392. Walter Gesch. d. r. R. I³ 62. 274. Voigt Ius naturale II 402. 404; Über die staatsrechtl. Possessio und den Ager compascuus der röm. Rep., Abh. der sächs. Ges. der Wiss. X (1887) 221–272. Ihne R. G. VI 137ff. Karlowa R. R.-G. I 96. 332. 334ff. Schiller in Iw. v. Müllers Hdb. IV² 2, 196. 198. Willems Droit public⁶ 335. Mispoulet Inst. polit. III 216. G. Humbert in Daremberg-Saglio Dictionnaire II 36–38. Rudorff Schr. der röm. Feldmesser II 313. K. W. Nitzsch Die Gracchen 38ff. 146. Degenkolb Lex Hieronica, Berlin 1861. C. G. Dietrich Beiträge zur Kenntnis des röm. Staatspächtersystems, Diss. Leipzig 1877, 39. Pernice Ztschr. der Savignystiftg. XVIII (1884) 59ff. 62. 64ff. M. Weber Röm. Agrargeschichte 127. 179f.