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RE:Damophon 2

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Bildhauer aus Messene
Band IV,2 (1901) S. 20772079
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2) Bildhauer aus Messene, in der Litteratur nur von Pausanias, von diesem aber merkwürdig oft und offenbar mit einer gewissen Vorliebe erwähnt (IV 31, 6 οὗ μάλιστα ἄξιον ποιήσασθαι μνήμην. 10 Μεσσηνίων δὲ ὅτι μὴ τοῦτον ἄλλον γε οὐδένα λόγου ποιήσαντα ἀξίως οἶδα ἀγάλματα). Nur Götterbilder werden von ihm genannt und zwar teils aus Marmor, teils aus Holz, hingegen kein einziges Erzbild. Für seine Vaterstadt fertigt er die Göttermutter, die Artemis Laphria (Paus. IV 31, 6) und als Weihgeschenke für den Asklepiostempel die Personification von Theben, die Tyche (Personification von Messene ?) und die Artemis Phosphoros (Paus. IV 31, 10). Ob auch die Cultbilder des Asklepios und seiner Söhne und eine zweite Votivgruppe, Apollon, die Musen und Herakles, von seiner Hand waren, lässt sich aus den Worten des Pausanias mit Sicherheit nicht entnehmen. Dagegen bezeugt dieser ausdrücklich, dass die zu der ersten Gruppe gehörige Eisenstatue des Epameinondas das Werk eines anderen Künstlers sei, von dem es dahingestellt bleiben muss, ob er ein Zeitgenosse des D. oder ob er älter oder jünger als dieser war. Für den alten Eileithyiatempel des achaeischen Aigion machte er ein neues Cultbild, ein akrolithes Xoanon, das die eine Hand mit dem obligaten Gestus der Geburtshelferin ausstreckte, während es mit der Rechten eine Fackel emporhob (Paus. VII 23, 6). Auch die Cultbilder im Asklepiostempel dieser Stadt, Asklepios selbst und Hygieia, waren sein Werk (Paus. VII 23, 7). Für Megalopolis arbeitet er die colossalen Cultbilder der grossen Mutter und der Soteira. Die erstere war aus Marmor, die letztere akrolith gebildet; vor ihnen, vielleicht an den Ecken der Basis, waren zwei Mädchen angebracht, die Blumenkörbe auf den Köpfen trugen und von den Periegeten bald als Athena und Artemis gedeutet, bald für die Töchter des Künstlers ausgegeben wurden (Paus. VIII 31. 1ff.). Ob D. auch an den im Eingang angebrachten Reliefs und dem mit Reliefs geschmückten Opfertisch Anteil hatte, ergiebt sich aus den Worten des Pausanias nicht. Für den im Peribolos desselben Heiligtums gelegenen Aphroditetempel arbeitet er ein akrolithes Bild der Göttin und eine Holzstatue des Hermes (Paus. VIII 31, 9). Endlich [2078] fertigte er auch die colossale marmorne Cultgruppe für den Tempel der Despoina in Lykosura (Paus. VIII 37, 4), in der Mitte die Sitzbilder der Demeter und ihrer Tochter Despoina, diese mit Scepter in der Linken und dem mystischen Kästchen auf dem Schoss, jene mit Fackel in der Rechten und den linken Arm um den Hals der Despoina legend. Neben Demeter stand ArArtemistemis in Jägertracht, in der einen Hand eine Fackel, in der andern zwei Schlangen haltend, wie solche als Weihgeschenke an die Despoina roh aus Thon modelliert in der nächsten Umgebung des Heiligtums in grossen Mengen gefunden werden. Ihr entsprach neben Despoina die gerüstete Gestalt des Anytos (s. Bd. I S. 2655). Die seit 1883 von der griechischen archäologischen Gesellschaft unternommenen Ausgrabungen haben bedeutende Reste dieser Gruppe zu Tage gefördert und die Angabe des Pausanias, dass Statue und Basis aus einem einzigen Block gearbeitet seien, den man infolge eines Traumgesichts innerhalb des heiligen Bezirks ausgegraben habe, als irrtümlich erwiesen. Das Material ist Marmor von Dolianá (bei Tegea); die einzelnen Statuen waren aus mehreren Blöcken hergestellt und vielfach gestückt. Gefunden sind von der Demeter der Kopf und ein Stück der Brust, von der Despoina der Schoss mit Resten der Cista, sowie ein grösseres und mehrere kleinere Bruchstücke des Mantels, auf dem in flachem Relief Blitze und Adler, Niken mit Thymiaterien, Olivenzweige und am Saum des Überschlags ein Zug von Seegottheiten, am unteren Saum menschlich costümierte Haustiere, die einen Komos aufführen, dargestellt sind; ferner von der Artemis und Anytos die Köpfe, endlich Teile des Throns; Kavvadias Fouilles de Lycosura. Leonardos in den Πρακτικὰ τ. ἀρχαιλογ. ἑταιρείας τοῦ ἔτους 1896, 101ff., wo auch die umfangreiche Zeitschriftenlitteratur am vollständigsten angegeben ist. Overbeck Plast. II⁴ 485ff. Taf. Collignon Sculpt. gr. II 626ff. Frazer Paus. IV p. 371ff. Phot. d. ath. Instit. Λυκοσ. 34. 43. 45. Ausser diesen eigenen Schöpfungen des D. ist noch seine Restaurationsarbeit am Zeus des Pheidias zu erwähnen, dessen klaffende Elfenbeinplatten er wieder zusammenfügte (Paus. IV 31, 6).

Vor den Ausgrabungen in Lykosura schloss man aus dem Charakter der messenischen Gruppe, die die politische Verbindung von Messenien und Theben zu verherrlichen scheint, sowie aus der Thätigkeit des Künstlers für das Ol. 102, 2 erbaute Megalopolis und seine im folgenden Jahre wiederhergestellte Vaterstadt, dass er ein Zeitgenosse des Epameinondas gewesen sein müsse (Brunn Künstl.-Gesch. I 290ff.). An diesem frühen Ansatz halten heute nur noch E. Gardner (Greek sculpt. 403) und Percy Gardner (Class. Rev. XI 1897, 71) fest. Alle übrigen Forscher stimmen darin überein, dass sowohl der Stil der Sculpturen, als die architektonischen Formen des Tempels und seine nachlässige Construction (Dörpfeld Athen. Mitt. XV 1890. 230. XVIII 1893, 219) auf einen weit späteren Ansatz führen. Die meisten entscheiden sich für die Zeit des achäischen Bundes, in der die Reminiscenzen an die Zeit des Epameinondas besonders verständlich erscheinen und auf die auch die Thätigkeit des D. in der Bundeshauptstadt Aigion [2079] hinzuweisen scheint (Conze Arch. Anz. 1893, 125. Collignon a. O.). Indessen wurden dieselben Reminiscenzen auch in der Zeit des Hadrian wieder gepflegt (Paus. VIII 11, 8) und zugleich mit ihnen die an den achäischen Bund; Aegion begann damals wieder Münzen zu prägen (Head HN 348). Auf diese Zeit weist aber mit Entschiedenheit der Stil der Sculpturen, die in den Figuren der in der Antoninenzeit beginnenden ,griechisch-römischen‘ Sarkophagclasse ihre nächsten Verwandten haben; vgl. für den Kopf des Anytos Sark.-Rel. II 24, für die der Demeter und Artemis III 160. 160 a. Dieselben Sarkophage bieten in den mit flachen, figürlichen Reliefs verzierten Deckelmatratzen die einzigen bekannten Parallelen zu dem Mantel der Despoina; vgl. Robert Herm. XXIX 1894, 429ff. Bei diesem Ansatz erklärt sich ebenso das sonst sehr auffallende Schweigen des Plinius über D., wie die Begeisterung des Pausanias für diesen seinen älteren Zeitgenossen. Auch die Restauration des olympischen Zeusbildes, die vielleicht mit dem Besuch des Hadrian in Zusammenhang steht, scheint für diese Periode zu passen. Für sie ist auch einerseits die Rückkehr zur alten Holztechnik charakteristisch, andrerseits die virtuose, wenn auch keineswegs gleichmässig sorgfältige Behandlung der Marmortechnik, in der eine möglichst genaue Wiedergabe des Thonmodells und eine Wirkung auf die Fernansicht angestrebt wird. Die Köpfe, obgleich jeder für sich sehr effectvoll, lassen Einheitlichkeit des Stils und Innerlichkeit der Charakteristik vermissen. Vermutungsweise hat man dem D. auch einen Colossalkopf des capitolinischen Museums zugeteilt, Helbig Führer I² 453. Brunn-Bruckmann Denkmäler 265. Röm. Mitt. IV 1889, 218.