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RE:Comparatio publica

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Anschaffung von Gebrauchsgegenständen durch Rom und Gemeinden
Band IV,1 (1900) S. 781784
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Comparatio publica (der Ausdruck findet sich in der Rubrik zu Cod. Theod. XI 15) ist die von der Stadt Rom (bezw. dem römischen Fiscus) und den Gemeinden ausserhalb Roms erfolgende Anschaffung von Verbrauchsgegenständen insbesondere Getreide oder Öl, zum Zwecke entgeltlicher oder unentgeltlicher Überlassung an die einzelnen Gemeindeangehörigen oder zur Verwendung für die eigenen Bedürfnisse (Unterhalt für das Heer u. dergl.). Mit c. p. identisch sind die Ausdrücke comparatio diversarum specierum (Cod. Theod. XI 15, 1). comparatio specierum (Cod. Theod. XI 17, 4. XV 1, 49), venalitium (Cod. Theod. VI 26. 14; hiezu vgl. Gothofredus Comm. zu Cod. Theod. II 159), synoneton (Cod. Iust. XI 15, 1), συνωνή (Cod. Iust. X 27, 2 passim. Suid. s. v.), σιτωνία (Cod. Iust. XII 63, 2, 4); Hauptgegenstand der C. p. ist Getreide, daher in den Quellen von comparatio frumentaria, (Cod. Theod. XIV 16, 1) gleichbedeutend mit coemptio frumentaria (Cod. Theod. XIV 16, 3) die Rede ist.

Die C. p. findet sich schon in der Republik, indem zum Zwecke der Frumentationen, ausnahmsweise auch behufs entgeltlicher Weiterveräusserung Getreide in den Provinzen von staatswegen angekauft wurde (s. o. Annona Bd. I S. 2317f.). [782] In der Kaiserzeit ist der Bedarf für die Frumentationen, solange dieselben sich erhielten, durch die Naturalsteuern gedeckt worden; nachdem aber die Getreideversorgung in dieser Periode ein Gegenstand staatlicher Fürsorge geworden war, haben auch in der Kaiserzeit Ankäufe von Weizen, Gerste u. s. w. von Seite der Stadt (später des römischen Fiscus) in grossem Massstabe stattgefunden (vgl. O. Hirschfeld Philol. XXIX 67); auch in den Gemeinden ausserhalb Roms ist (hie und da mit Benützung hellenischer Institutionen) die C. p. nach römischem Muster eingerichtet worden (Hirschfeld a. a. O. 83ff. Liebenam Städteverwaltung im röm. Kaiserreich 369f.). In der nachdiocletianischen Zeit ist die C. p. mehrfach Gegenstand gesetzlicher Regelung geworden, wovon die Abgrenzung der Anschaffungsgebiete für die beiden Hauptstädte (Ägypten für Constantinopel, das übrige Africa für Rom) die wichtigste Neuerung ist (Hirschfeld a. a. O. 85ff.).

Die C. p. ist nach Gothofredus Einteilung entweder eine voluntaria oder eine necessaria, je nachdem die Hingabe der species vom freien Willen des Eigentümers abhängt oder eine Nötigung zur Lieferung besteht. Für die Zeit der Republik und für die heidnische Kaiserzeit liegt nichts vor, was zur Annahme einer Verpflichtung zur entgeltlichen Lieferung berechtigen würde. Die älteste Rechtsquelle, aus welcher sich ein Anhaltspunkt für eine solche gewinnen lässt, ist die Oratio des Constantius aus dem J. 361 (Cod. Theod. XI 15, 1); in derselben wird den actores und procuratores der Senatoren die Immunität von der C. p. erteilt; es hat also allem Anscheine nach damals die allgemeine, aber durch Privilegien beschränkbare Verpflichtung zur Lieferung der species annonariae bestanden. Dies ergiebt sich auch aus Cod. Theod. XI 15, 2, aus dem J. 384, indem hier mit Bezug auf die Vergangenheit gesagt wird: sciant provinciales, nullam sibi necessitatem indictionis imponi, sed huius adscriptionis necessitatem sublatam. Der Standpunkt der Verpflichtung ist in dem eben citierten Erlass aus dem J. 384 verlassen; der Abschluss eines Verkaufes wird in das Belieben der Provincialen gestellt (unusquisque provincialium nostrorum arbitratu proprio ... species petitas libens praestet ac distrahat) und nur an die Vermögenderen, die possessores, die unverbindliche Mahnung gerichtet, sich bei der C. p. entgegenkommend zu zeigen (quibus cohortatio non imperatur, ut consensum facilem praestent super speciebus annonariis distrahendis). Dass in den J. 382–384 Hungersnot im Orient herrschte, kann wohl kaum (mit Gothofredus a. a. O. IV 108) als Grund für die Festsetzung dieser Bestimmung angesehen werden, da offenbar einer Hungersnot viel wirksamer nach dem alten Rechte abzuhelfen war. Der Übergang vom System des Contrahierungszwanges zur Contrahierungsfreiheit wurde dadurch ermöglicht, dass von Theodosius unter Einem (Cod. Theod. XI 1, 4) die bis dahin zulässige Ablösung der Naturalsteuern durch Geld verboten wurde. In den J. 408 und 412 ist hauptsächlich infolge der Erhebung des Stilicho, der die Zufuhr aus dem Orient hinderte (Gothofredus a. a. O. IV 139. V 323), der Contrahierungszwang für Illyrien wieder eingeführt [783] worden (Cod. Theod. XI 17, 4. XV 1, 49 = Cod. Iust. X 49, 1, beide an Herculius pf. p. Illyrici gerichtet und im wesentlichen gleichlautend) und die Heranziehung sämtlicher Bewohner ohne Unterschied verordnet worden (comparationi ... specierum universi sine ullo privilegio coarctentur, ita ut in his dumtaxat titulis universi pro portione possessionis et iugationis ... coarctentur); dem J. 412 und nicht, wie man aus der Datierung Id. Oct. Ravenna Honorio VII et Theodosio II AA. coss. entnehmen müsste, dem J. 407, gehört der auf unser Institut Bezug habende Erlass in Cod. Theod. VI 26, 14 (= Cod. Iust. XII 19, 4) an, in welchem die kaiserlichen scriniarii unter anderem auch von der der C. p. entsprechenden Verpflichtung zur entgeltlichen Lieferung der species annonariae befreit werden (iubemus, ut primo omnium sit eorum secura possessio ab omnibus sordidis muneribus excusata, superindictum non timeant, venalicium non petatur, solumque canonicae indictionis praestent tributum). Schon Gothofredus hat (a. a. O. II 108) bemerkt, dass der in Rede stehende Erlass mit Cod. Theod. VI 18, 1, dessen Subscription D. Id. Oct. Ravennae Honorio IX et Theodosio V AA. coss. lautet, zu verbinden ist – Inscription, Ort, Tag und Monat in der Subscription und Gegenstand stimmen überein – bezüglich der abweichenden Angabe des Jahres aber, der zu Cod. Theod. VI 18, 1 der Vorzug zu geben ist, da der in der Inscription genannte Epiphanius noch im J. 414 (in Cod. Theod. VI 24, 7) als Praefectus urbi begegnet. Für das J. 407 wäre aber die Erteilung eines Privilegiums bezüglich der C. p. ganz unbegreiflich; der Erlass in Cod. Theod. XV 1, 49 will ja die im J. 386 eingeführte Contrahierungsfreiheit im allgemeinen fortbestehen lassen und nur für Illyrien eine Ausnahme statuieren; die Annahme einer solchen in noch so beschränktem territorialen Umfange für die Zeit vor 412 ist nach dem Wortlaute von Cod. Theod. XV 1, 49 als ausgeschlossen anzusehen. Im J. 491 ist dann von Anastasius wieder für die ganze östliche Reichshälfte die allgemeine, durch Privilegien nicht beschränkbare Verpflichtung der provincialen Grundbesitzer zur Lieferung von species annonariae, aber nur für den Fall einer dringenden Notwendigkeit ausgesprochen worden (Cod. Iust. X 27, 1: quotiens urgente necessitate comparationes frumenti vel hordei aliarumque specierum quibuslibet provinciis indicentur, nulli penitus possidentium sese sub cuiuscumque privilegii occasione excusandi tribui facultatem censemus). Der Standpunkt der Verpflichtung ist auch in der die C. p. (des Ostreiches) in umfassender Weise regelnden Constitution in Cod. Iust. X 27, 2 (zwischen 491 und 505 erlassen) festgehalten; die zwangsweise C. p. soll nur in Fällen dringender Notwendigkeit über besondere kaiserliche Anordnung stattfinden (§ 5) und sollen die einzelnen possessores ,pro modo iugerum et capitum‘ herangezogen werden (§ 8); niemand soll verpflichtet sein, seinen ganzen Vorrat zu verkaufen, sondern nur den den eigenen Bedarf übersteigenden Teil (§ 3), auch weiters, den Fall einer ἀπαίτητος αἰτία ausgenommen, zu einer Lieferung an eine fremde Gemeinde nicht verhalten werden können. [784]

Über die Regulierung des Kaufpreises bei der C. p. enthalten Cod. Theod. XI 15, 2 und Cod. Iust. X 27, 2 übereinstimmend die Bestimmung, dass als Entgelt für die Hingabe der Waren der officielle Marktpreis zu leisten und der ganze Kaufschilling sofort ziffermässig zu bestimmen sei; in Cod. Iust. X 27, 2 ist überdies noch die gleichzeitige Abrechnung der von dem Verkäufer etwa in Geld zu leistenden Abgaben verordnet. Der Kaufschilling (bezw. der nach jenem Abzug übrig bleibende Rest) ist nach Cod. Theod. a. a. O. sofort, nach Cod. Iust. X 27, 3 zu den vorher festgesetzten Terminen zu bezahlen. S. im übrigen Annona, Curator frumenti comparandi, Praefectus annonae.