Zum Inhalt springen

RE:Chariboia

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Miturheberin des Todes des Kinder des Antenoriden Laokoon
Band III,2 (1899) S. 21332134
Bildergalerie im Original
Register III,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|III,2|2133|2134|Chariboia|[[REAutor]]|RE:Chariboia}}        

Chariboia (Χαρίβοια), nach dem Tzetzes-Scholion zu Lykophron 347 mit Porkes zusammen Urheberin des Todes der Kinder Laokoons, des Antenoriden, im thymbraeischen Apollonheiligtum. Beide kamen von den Kalydnaiinseln her ans troische Gestade (πλεύσαντες). Diesen Namen Ch. hat Madvig auch erkannt in dem verderbten Fuldaer Scholion zu Vergil. Aen. II 211 (curifin et) periboeam. Sie werden hier als dracones bezeichnet, und die ganze Angabe auf Lysimachos (Νόστοι frg. 17 a, FHG III 340) zurückgeführt, den thatsächlich die Tzetzesscholien auch sonst (zu v. 874) gerade über die Antenoriden citieren. Nun führen aber kurz vorher (zu v. 204) dieselben Fuldaer Vergilscholien horum draconum nomina ausdrücklich auf Sophokles Drama ,Laokoon‘ zurück. Dieser hat also, wie Robert (Bild und Lied 197ff.) zeigt, die Namen dem Lysimachos vermittelt. Aus ihm hatte auch Lykophron v. 347 den Porkes ohne Ch. (wie Dionysios Halik. Archaeol. I 48 die Geschichte ohne beide Namen) entnommen. Da von dracones nicht πλεύσαντες ausgesagt werden kann, auch der eine Name männlich, der andere weiblich ist, in der griechischen Mythologie sich ferner schwerlich ein Analogon finden wird zu Schlangen, die übers Meer schwimmen, so schliesst Robert, dass Ch. und Porkes als Personen von den kalydnischen Inseln herüberkamen und sich erst dann plötzlich in Schlangen verwandelten, welche nur die beiden Kinder Laokoons töteten, abweichend von der vergilischen Darstellung und in Übereinstimmung mit Lykophron, der den Porkes blos παιδοβρῶτος nennt, sowie mit Dion. Hal., Lysimachos, Tzetzes und Qu. Smyrnaeus, die den Laokoon seine Söhne überleben lassen oder seinen Tod verschweigen. [2134] Ch. tötete also auch blos einen Sohn des Laokoon, nicht diesen selber. Sophokles endlich, der die Verknüpfung der Fabel mit der Aineiassage dem Arktinos entlehnte (Robert a. O. 197. 202), folgt in diesem Motiv vielmehr dem Bakchylides, der, mit leiser Vertauschung, von einer Verwandlung der Schlangen in Menschen redete (Serv. Fuld. Aen. II 201). Der sophokleïsche ,Laokoon‘, in dem Ch. zuerst vorkam, ist nach Roberts ansprechender Vermutung (a. O. 201f.) kein anderes Stück als die Ἀντηνορίδαι. Bei ihm eigneten die beiden Schlangen noch nicht, wie bei Vergil und Qu. Smyrnaeus, der Athena, sondern dem Apollon; sie straften noch nicht den ,Neptunpriester‘ Laokoon beim Poseidonopfer am Strande, wie wiederum bei Vergil, sondern den Apollonpriester im thymbraeischen Apollontempel. In diesem sind sie wohl ursprünglich nach der Darstellung des Arktinos (da Proklos blos δράκοντες ἐπιφανέντες hat) heimisch gewesen, bis Bakchylides, anspielend auf das Versteck der Achaierflotte hinter Tenedos, auch dieses τέρας hinter Tenedos, von den kalydnischen Inseln, herkommen liess, weil in der Flotte wie im Schlangenpaar gleichermassen das über Ilion hereinbrechende Unheil symbolisiert war (so schon Arktinos; vgl. Robert a. O. 192 und 199f.).