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RE:Caudinae furculae

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Engpaß im samnitischen Appenin
Band III,2 (1899) S. 18021803
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Caudinae furculae (so Liv. IX 2, 6. 3, 6 u. a.; nur poetisch furcae Caudinae, Lucan. II 137; fauces Caudinae Silius Italicus), Engpass im samnitischen Appenin, bekannt als Ort der Katastrophe des römischen Heeres im J. 321 v. Chr. (Liv. a. a. O. Flor. I 16. Eutrop. II 9. Oros. III 15. Appian. Samn. 4; vgl. Cic. de off. III 30; de senect. 13). Das Thal von Caudium hat, abgesehen von einigen beschwerlichen und für ein Heer sicher nie passierbar gewesenen Bergpfaden drei natürliche Zugänge (s. die umstehende Karte); an der Westseite die ziemlich breite Senkung zwischen dem Monte Sauccoli und Monte Veccio, in der die Dörfer Arpaja, Forchia, Arienzo und S. Maria a Vico liegen. Durch diese ging im Altertum die Via Appia, deren Station ad Novas dem modernen Dorfe S. Maria a Vico entsprochen haben muss und von der mehrere Meilensteine bei Forchia und Arpaja gefunden sind (CIL IX 5982–5993).

An der Ostseite des Thales führte die Appia südlich von Montesarchio über steile Berghöhen (in kürzerer und mehr nördlicher Linie als die moderne Strasse, s. die Beschreibung des Holstenius bei Nissen Rh. Mus. XXV 10) in das Thal des Corvo, eines Zuflusses des Calore, und weiter nach Benevent. Einen dritten Zugang hat das Thal von Norden, wo der zum Volturno fliessende Fiume Isclero das enge Felsthal von Mojano und S. Agata dei Goti (Saticula) durchfiiesst. Den Ort der Einschliessung schildert Livius so (IX 2, 6ff.): saltus duo alti angusti silvosique sunt, montibus circa perpetuis inter se iuncti. Iacet inter eos satis patens clausus in medio campus herbidus aquosusque, per quem medium iter est. Sed antequam venias ad eum, intrandae primae angustiae sunt, et aut eadem qua te insinuaveris retro via repetenda aut, si ire porro pergas, per alium saltum artiorem inpeditioremque evadendum. In eum campum via alia per cavam rupem Romani [1803] demisso agmine cum ad alias angustias protinus pergerent, saeptas deiectu arborum saxorumque ingentium obiacentem molem invenere. Cum frau hostilis apparuisset, praesidium etiam in summo saltu conspicitur .... citati inde retro qua venerunt pergunt repetere viam: eam quoque clausam sua obice armisque inveniunt. Da das römische Heer vor der Katastrophe bei Calatia stand, und die Consuln die Absicht gehabt hatten, auf dem kürzesten Wege auf das angeblich bedrohte Luceria loszumarschieren, müssen sie den Weg über Benevent, das 12 mp. jenseits Caudium liegt, zu wählen beabsichtigt haben, das Ausgangsdefilé muss also der östlich von Montesarchio in das Thal des Corvo führende Pass sein. Zweifelhaft bleibt, welches der Eingangspass gewesen sein könne, und ob die Katastrophe innerhalb desselben oder im Thale von Caudium stattgefunden habe. Die älteren Gelehrten nehmen fast durchweg das erstere an. Daniele (auf dessen Ansätze Cocchia völlig zurückkommt) hält das Thal von Arpaja, Gandy (bei Keppel Craven. A tour through the southern provinces of the kingdom of Naples, 1821 p. 16f.) das von Mojano für den Ort der Einschliessung. Dagegen wendet Nissen mit Recht ein, dass für ein Heer von 40 000 Mann weder in dem Defilé von Arpaja (das auch von keinem Flusse durchströmt wird), noch in dem von Mojano Platz gewesen sein könne. Vielmehr ist der campus satis patens das Thal von Caudium selbst, die cava rupes ist das Defilé von Mojano, die alterae augustiae der ins Sabatothal überführende Pass. Wenn auch der Name der furculae Caudinae nachweislich im Mittelalter an dem Pass von Arpaja gehaftet hat, kann derselbe doch keinenfalls der Ort der Katastrophe sein.

Die ältere Litteratur (Daniele Le forche Caudine illustrate, Neapel 1778 und 1811. Bartolini Viaggio da Napoli alle forche Caudine, Neapel 1827) ist entbehrlich neben der trefflichen Darlegung Nissens (der caudinische Frieden, Rh. Mus. XXV 1870, 1–65 bes. 4f.); die neueste Behandlung durch E. Cocchia (I Romani alle forche Caudine, Memorie della R. Accademia di Napoli XIV 33–73, mit ungenügender Karte und einigen Localnotizen) fördert die Frage nicht.