Caestus, die Schlagvorrichtung der Faustkämpfer in römischer Zeit, bei den Griechen in successiver Entwicklung ἱμάντες, μειλίχαι, σφαῖραι, ἱμὰς ὀξύς, μύρμηκες genannt. Der Sage nach vom Bebrykerfürsten Amykos erfunden (Clem. Alex. strom. I 16, 76. Schol. Plat. leg. VII 796 A), sind die einfachen weichen Riemen (ἱμάντες) dem Epos bereits wohl bekannt (Il. XXIII 684 ἱμάντας ἐυτμήτους βοὸς ἀγραύλοιο). Seitdem bleiben sie, wie die Vasenbilder lehren, ohne wesentliche Änderung bis ins 5. Jhdt. hinein in der Palaestra wie bei den öffentlichen Spielen, später wenigstens in den Vorübungen zum Ernstkampfe in Verwendung (Plat. leg. VIII 830 B. Paus. II 23, 3). Nach Paus. VIII 40, 3 waren sie ἐκ βοέας ὠμῆς d. h. aus rohem, nicht in der später vervollkommneten Weise gegerbtem Leder hergestellt. Einzeln hatten sie wegen der grossen Anzahl der erforderlichen Windungen eine Länge von beiläufig doppelter Manneshöhe und wurden ausser Gebrauch zu einem Bündel zusammengelegt, wie man solche in den Händen der Palaestriten (Benndorf Vorlegebl. VIII 1. Catal. vas. Brit. Mus. III pl. III. Abh. d. arch.-epigr. Sem. Wien XII 68) oder an der Wand aufgehängt sieht (Arch. Anz. 1892, 164. Hartwig Meistersch. LXI). Beim Anlegen bildet der Athlet zunächst in jeder Hand eine Schlinge (Benndorf a. O. Gerhard Auserl. Vas. 271. Hartwig LXI und S. 410), und diese dann zur Verflechtung und Verknüpfung des Riemens benützend legt er denselben um die Hand an (Arch.-epigr. Mitt. V Taf. 4. Abh. XII 69ff.). Das fertiggestellte Riemengeflecht bedeckt in der Regel die Mittelhand, das Gelenk und meist einen geringen Teil des Armes, während die Finger entweder unbedeckt bleiben (Philostr. gymn. 9. Paus. VIII 40, 3. Gerhard a. O.) oder ebenfalls mit einbezogen werden (Abh. XII Fig. 59 e. 60). Mehr auf den Schutz der Faust als auf Verwundung des Gegners berechnet, wurden die weichen Riemen neben der späteren gefährlicheren Art als ἱμάντες μαλακώτεροι oder μειλίχαι bezeichnet. Die schärfere Faustarmatur, die sogar tötliche Wirkung üben konnte, ist zum erstenmal erwähnt bei Platon a. O. καὶ ὡς ἐγγύτατα τοῦ ὁμοίου ἰόντες ἀντὶ ἱμάντων σφαίρας ἂν περιεδούμεθα, ὅπως αἱ πληγαί τε καὶ αἱ τῶν πληγῶν εὐλάβειαι διεμελετῶντο εἰς τὸ δυνατὸν ἱκανῶς. Vgl. Plut. de prof. in virt. 9. Bekker Anecd. I 62. Poll. III 150. Krause Gymn. u. Agon. I 505, 10. Die älteste bildliche Darstellung der σφαῖραι
[1320] ist offenbar zu erkennen auf der durch den Archontennamen Pythodelos auf das J. 336 datierten panathenaeischen Amphora des Brit. Museum (Mon. d. Inst. X 48 e 2, genauer Abh. XII 83). Die verstärkten Riemen sind durch die Häufung um die Fingerknöchel so gefährlich geworden, dass man genötigt ist, eine Art Handschuh zum Schutz von Hand und Unterarm anzulegen. So auch auf einer zweiten Amphora Bull. hell. VI pl. II, an der Peterschen Cista (Reisch Führer S. 331), auf einem Spiegel (Gerhard Etr. Sp. 171), voll entwickelt und sichtlich aus Leder hergestellt an Polydeukes und Amykos der ficoronischen Cista (Braun V. Benndorf Vorlegebl. 1889 XII). Aufgekommen ist diese Form um rund 400. Aber wohl bald darauf kam man in dem Bestreben, den Boxer einerseits immer gefährlicher zu gestalten, anderseits das zeitraubende Anlegen des Riemens zu vereinfachen, auf den Gedanken, das Gewinde um die Fingerknöchel ein- für allemal als fertigen festen Schlagriemen herzustellen. Diesen eigentlichen C., ἱμὰς ὀξύς, beschreibt Philostrat. gymn. 10 ῥινοὺς γὰρ τῶν πιοτάτων βοῶν δέψοντες ἱμάντα ἐργάζονται πυκτικὸν ὀξὺν καὶ προεμβάλλοντα, ὁ δέ γε ἀντίχειρ οὐ ξυλλαμβάνει τοῖς δακτύλοις τοῦ πλήττειν ὑπὲρ συμμετρίας τῶν τραυμάτων, ὡς μὴ πᾶσα ἡ χεὶρ μάχοιτο. Besser als diese Schilderung belehren uns hierüber die erhaltenen Monumente, als ältestes die Marmorstatue eines Athleten aus Sorrent im Neapler Museum (abgeb. Kalkmann Proport. d. Gesichts Taf. 3, die Faust in den Röm. Mitt. IV 179. Abh. XII 78), die berühmte Bronze im Thermenmuseum (Röm. Mitt. IV 177. Abh. XII 77), eine Bronzefaust in Neapel 7417 (Antich. di Ercol., Bronzi II Vign. I. Krause XVIII d 66 i. Abh. XII 79) und eine noch unveröffentlichte Bronzehand in Verona, andere kleinere und daher weniger fördernde Monumente ungerechnet. Die Hand ist bedeckt von dem manchmal, wie es scheint, gefütterten Lederhandschuh, der die Fingerspitzen frei lässt und an seinem hinteren Ende, etwa in der Mitte des Unterarmes, mit Fellhaar verbrämt ist. Der aus einigen durch dünne Lederstreifen zusammengeschnürten festen Lagen gefertigte ovale Schlagriemen mit einer Öffnung in der Mitte zur Aufnahme der vier Finger sitzt über deren Ansatzknöchel und erhält durch die nach rückwärts verlaufenden und um Handgelenk und Arm gewundenen Riemen sowie durch einen an dem Handschuhrücken aufgenähten Wulst eine unverrückbare Lage. Die verheerenden Wirkungen dieses bereits sehr gefährlichen Instrumentes, auf das dann gleichfalls die Bezeichnung σφαῖραι übergegangen ist, sind an der Thermenbronze mit künstlerischer Beschränkung, aber doch augenfällig angedeutet. Wurde es in den Vorübungen statt der μειλίχαι angewendet, so konnte seine Gefährlichkeit durch die ἐπίσφαιρα, wohl eine Art weichen Überzuges, paralysiert werden (Plut. praec. reip. ger. 32, 825 E). Eine merkwürdige Abweichung von der geschilderten gewöhnlichen Form zeigt das Faustkämpferrelief im Lateran Helbig 619), wo nebst dem Schlagriemen für vier Finger noch ein kleinerer den Daumen umgiebt. Über den Casseler Athleten vgl. Abh. XII 86f. Blos von römischen Schriftstellern (Verg. Aen. V 404. Val. Flacc. I 420.
[1321] Stat. Theb. VI 732) wird eine Verschärfung des Riemens durch Metall überliefert. Die Einführung eines durchaus metallenen C. erfolgte in der römischen Kaiserzeit. Fünf Monumente zeigen seine eigenartige Bildung; eine kleine Bronzeapplik in Athen, Nat. Mus. 7574 (Abh. XII 88), den Oberteil eines siegreichen Faustkämpfers darstellend, ferner Lateranrelief Benndorf-Schöne nr. 384 (Garrucci Tav. XXXVI 4), Capitälrelief im Vatican (Abh. XII Fig. 72), Lateransarkophag Helbig 628 (Garrucci XXXVI 1), eine Figur auf dem Athlethenmosaik im Lateran (Abh. XII Fig. 74). Übereinstimmend zeigen diese Athletendarstellungen als Schutz einen glatten Fausthandschuh (für sich angebracht an der Stütze des Dresdner Faustkämpfers, Abh. XII Fig. 75) und einen zottigen, riemenumwundenen Ärmel vom Handgelenk bis zur Achsel. Der C. selbst besteht aus einer etwa halbkugeligen, den Handrücken und die vier Finger deckenden Metallhülse, die an der Aussenseite einen zwei- oder dreigezackten Vorsprung trägt und an einer Handhabe für die vier Finger innen, mittelst eines um den Vorsprung laufenden und am Handrücken gekreuzten Riemens aussen festgehalten wird. Der Daumen liegt aussen an. Bei den Schriftstellern nirgends erwähnt, bezeichnet dieser auf barbarische Verwundung berechnete Totschläger bereits den Verfall und die Verrohung der Boxkunst. Mercurialis De arte gymn. 187ff. Faber Agonistica 55f. Fabretti Columna Trai. 260ff. Krause Gymn. u. Agon. I 502ff. Huelsen Röm. Mitt. IV 175ff. Jüthner Abh. d. arch.-epigr. Sem. Wien XII 65ff.