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RE:Baubo 1

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Göttin mit Kult auf Paros
Band III,1 (1897) S. 150 (IA)–151 (IA)
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Baubo. 1) Der Kult der B. begegnet uns allein auf der Insel Paros, deren alten Demeterdienst bereits der homerische Demeterhymnos, der ἱερὸς λόγος von Eleusis, kennt. Er ist bezeugt durch die Inschrift Ἀθήναιον V (1876) 15 nr. 5 (Bechtel Inschr. ion. Dial. nr. 65), welche ihr zusammen mit Hera, Demeter Thesmophoros, Kore und Zeus Eubuleus von Erasippe, der Tochter des Prason, geweiht ist. Der Stein giebt Βαβοῖ statt Βαυβοῖ, wie statt des Zeitworts βαυβᾶν auch die Form βαβᾶν bezeugt ist. Es kann kein Zweifel sein, dass dieselbe Gottheit gemeint ist. Dieselbe Namensform kommt auch in der Litteratur vor: Michael Psellos bei Leo Allatius De Graecorum hodie quorundam opinationibus, Coloniae Agrippin. 1645 p. 139 (E. Abel Orphica frg. 216): ὁ μέν τοι Βαβουτζικάριος ἐξ ἑλληνικῆς φλυαρίας παρεισεφθάρη τῷ βίῳ. ἔνεστι γάρ που τοῖς ὀρφικοῖς ἔπεσι Βαβώ τις ὀνομαζομένη δαίμων νυκτερινὴ, ἐπιμήκης τὸ σχῆμα, καὶ σκιώδης τὴν ὕπαρξιν. Ἱστορεῖ δὲ καὶ Πορφύριος ὁ φιλόσοφος περὶ τούτων. Dass die ursprüngliche Namensform aber Βαυβώ ist, haben jetzt die Untersuchungen von O. Crusius (Unters. zu den Mimiamben des Herondas 128) und A. Dieterich (Philol. LII 1894, 3) gelehrt, die an Herondas Φιλιάζουσαι (VI) 19 anknüpfen. Den dort erwähnten κόκιννον βαυβῶνα, um den sich die Unterhaltung der Freundinnen dreht, übersetzt F. Bücheler mit coccineum tutunum, und mit Recht erinnert Crusius a. a. O. 128 an das scorteum fascinum des Petron. 138 (s. auch Crusius Philol. LII 12*). Hierher gehört auch die bei Hesych. s. βαυβώ erhaltene Nachricht, dass βαυβώ bei Empedokles κοιλία bedeute, und wenn man auch Dieterich a. a. O. nicht ohne weiteres zugeben wird, dass es einen alten phallischen Daemon Βαυβών gegeben habe, so wird doch niemand mehr die Göttin B. von dem βαυβών trennen wollen, über den uns Herondas in so unerfreulicher Weise aufgeklärt hat, und ganz hinfällig ist die Ansicht, nach welcher B. als Hypostase der Hekate aufzufassen wäre (Kern Athen. Mitt. XVI 1891, 7, 2).

Wo der Kult dieser merkwürdigen Göttin ursprünglich zu Hause ist, können wir nicht mehr entscheiden. Fest steht die wichtige Thatsache, dass sie in Paros einen Kult hatte und eine Rolle in der durch die Orphiker geschaffenen Fassung des ἱερὸς λόγος der eleusinischen Mysterien spielte. Denn es ist eine orphische Dichtung, in der sie die Iambe des homerischen Hymnos, deren Namen auch nach Paros weist, vertritt, wobei es nicht unwesentlich ist, dass uns eine Spur ihres Daseins schon bei Empedokles begegnet, dessen Beeinflussung durch orphische Dichtungen völlig sicher [151] ist (Archiv f. Gesch. der Philosophie I 1888, 498. Dieterich a. a. O.). Die orphische Dichtung hat sich dieser Gottheit, wie auch des durch dieselbe Inschrift für Paros bezeugten Zeus Eubuleus bemächtigt und sie dann zu den unzüchtigsten Scherzen und Spässen verwandt. Aus den Kirchenvätern (Clemens Alex. Protr. p. 16 Pott. = Euseb. praep. evang. II 3. Arnob. V 25 p. 196 R. [Abel Orphica frg. 215]; vgl. Suidas s. Δημώ und Michael Psellos de operatione daemonum ed. Boissonade p. 40) wissen wir, dass B. als Gattin des Dysaules die irrende Demeter in Eleusis empfängt und bewirtet, und es sind uns in zwei verschiedenen Fassungen bei Clemens und Arnobius auch die Verse erhalten, welche die unanständigen Scherze schildern, mit denen B. die traurige Göttin zu erheitern sucht. Was unter den formatae inguinibus res der bei Arnobius erhaltenen Verse zu verstehen ist, hat uns jetzt der κόκκινος βαυβών des Herondas gelehrt. Wenn bei Hesych. s. Βαυβώ (cod. Βανμώ) B. als τιθήνη Δήμητρος bezeichnet wird, so wird das auf einem Missverständnisse beruhen. Wie alt die orphische Dichtung ist, aus der uns jene Episode erhalten ist, lässt sich nicht bestimmen. Dass aber schon im 4. Jhdt. v. Chr. B. als Gattin des Dysaules bekannt war, beweist Harpokration s. Δυςαύλης • Ἀσκληπιάδης ἐν δ’ Τραγῳδουμένων τὸν Δυςαύλην αὐτόχθονα εἶναί φησι, συνοικήσαντα δὲ Βαυβοῖ σχεῖν παῖδας Πρωτογόνην τε καὶ Μίσαν. Die Hss. bieten πρωτονόην τε καὶ νῆσαν bezw. κνῖσαν; vgl. aber Dieterich a. a. O. 2. L. Bloch ebd. 577. Protogone kann man von dem orphischen Phanes Protogonos nicht trennen, und dass B.s zweite Tochter Misa eine der B. ganz ähnliche Gestalt ist, hat Dieterich a. a. O. im Anschluss an die κάθοδος Μίσης im ersten Mimiambus des Herondas erwiesen. Aus orphischen Geheimkulten ist B. dann auch in das Wirrsal der Zauberpapyri gelangt, und da erscheint sie dann einmal allerdings auch der Hekate gleichgesetzt, wo C. Dilthey, dem Abel Orphica p. 289 gefolgt ist, mit Unrecht Βομβώ für B. eingesetzt hat; vgl. die Stellen bei Dieterich a. a. O. und Abraxas 148, 3. 201, 19.

Auf B. ist schliesslich eine merkwürdige im Berliner Antiquarium befindliche Terracottengruppe aus Italien gedeutet worden, welche eine nackte Frau mit unanständiger Bewegung auf einem Schwein reitend darstellt (Millingen Ann. d. Inst. XV 1843 tav. E.); diese Deutung ist wohl lediglich durch Goethes Walpurgisnacht veranlasst worden.

Litteratur: Lobeck Aglaophamus II 818. Preller Demeter und Persephone 134. F. Lenormant in Daremberg-Saglio Dictionnaire I 683. R. Förster Raub und Rückkehr der Persephone 282. A. Ludwich Neue Jahrb. f. Piniol. CXLI 1890, 51. Crusius a. a. Ο. Dieterich a. a. O. und Nekyia 87.

[Kern. ]