Autolykos (Αὐτόλυκος). 1) Eine Gestalt des mittelgriechischen Volkswitzes, woher sie die Odyssee und Hesiod aufnahmen (wenn er Il. X 267 als der Dieb der aus einem Eberkopfe verfertigten Lederhaube erwähnt wird, welche Meriones dem Odysseus zum nächtlichen Spähergange giebt, so ist diese Stelle jünger, doch ist es vielleicht eine mythisch echte Reminiscenz, dass gerade Odysseus diese Haube trägt). Hermes hat ihm Od. XIX 395 die zwei Gaben der Dieberei und des Eides (d. h. des abschwörenden Meineids) verliehen, als sein Vater erscheint er wohl zufällig erst bei den späteren, zuerst bei Pherekyd. frg. 63 (Schol. Od. XIX 432; vgl. jedoch über die zweifelhafte Gewähr dieser Autorennamen E. Schwartz De scholiis Homericis, Jahrb. f. Philol. Suppl. XII 438ff.), wo Philonis, Tochter des Deion, Mutter des A. ist; andere, z. B. Hyg. fab. 200, nennen als Mutter Chione, Tochter des Daidalion. Dagegen erscheint A. bereits in der Odyssee XIX 394 (XXI 219). XXIV 334 als mütterlicher Grossvater des Odysseus bei Gelegenheit der Erzählung von der Narbe, welche Odysseus sich auf der Eberjagd mit den Söhnen des A. zuzog. Wahrscheinlich setzen diese Teile der Odyssee bereits diejenige Fassung der Sage voraus, welche die jungen erhaltenen Mythographen wohl im wesentlichen nach Hesiod erzählen, wenn auch für dar ernste Epos kein Anlass vorlag, die Vaterschaft des Laertes in Frage zu stellen. Die Stelle der hesiodischen Kataloge (frg. 136 Rz.) besagt, dass er alles was er nahm, unsichtbar machen konnte. Die Abweichungen der mythographischen Tradition beschränken sich auf einen Hauptpunkt. Alle Quellen erzählen von einem Wettstreit zwischen den beiden Schlauköpfen Sisyphos und A., in welchem letzterer schliesslich unterliegt. Sisyphos vermisst Rinder, kann sie aber nicht wiederfinden, da A. alles verwandeln kann. Da brennt Sisyphos seinen Herden sein Monogramm in die Hufen und indem [2601] er nun A. heimsucht, findet er zu dessen grossem Erstaunen sein Eigentum sofort wieder heraus. Bei diesem Besuch nun macht Sisyphos die Tochter des A., Antikleia, zur Mutter des Odysseus, nach der häufiger bezeugten Version (Hyg. fab. 201. Tzetzes zu Lykophr. 344), indem er sie heimlich verführt, nach den Sophoklesscholien des Laur. zu Aias 190 im Einverständnis mit dem Vater, welcher nach beiden Versionen die Tochter dem Laertes vermählt, jedenfalls ohne ihn über das Vorgefallene aufzuklären. Eine Fortbildung der ersten Version enthalten die Scholien des Laur. 2725 zu demselben Verse (vgl. Papageorgios Schol. in Soph. trag. vet. XI), nach welchen A. dem Sisyphos die Tochter wirklich vermählt, sie aber geschändet zurückerhält. Das ursprüngliche volkstümliche Motiv ist jedenfalls das gegenseitige Sichüberbieten der beiden Schlauköpfe, ein komisches Seitenstück zum Sängerkrieg in Chalkis oder zum Agon der Seher in Kolophon (vgl. auch die populären Cyklen von Diebesgeschichten in Hebels Schatzkästlein). Eine verrohende Weiterdichtung stellt die Rache des Sisyphos in den Vordergrund, während die andere Weiterdichtung hinausläuft auf die Erzeugung des Schlaukopfs Odysseus durch überlegte Zuchtwahl. Die ersten litterarischen Vertreter dieser verschiedenen Varianten sind uns unbekannt, vom Gange des euripideischen Satyrspiels A. wissen wir gar nichts. Vier Scenen der A.-Sage sind neuerdings (als Vorgeschichte zur Odyssee) auf einer gepressten Weinkanne des Töpfers Dionysios gefunden, welche dem 3.–1. Jhdt. v. Chr. angehört, erläutert von C. Robert im 50. Berliner Winckelmannsprogramm 90ff. Dargestellt ist 1) Sisyphos (beständig CΙCΦΟC geschrieben), mit A. um ein Rind streitend. 2) A. den Laertes heranführend; ihnen begegnend 3) Sisyphos die wiedererkannten Rinder heimführend, welcher 4) im Thalamos der Antikleia (ΑΝΤΙΟΚΛΕΑ) diese auf das Lager zieht.
A.s Gattin Neaire wird erwähnt von Paus. VIII 4, 6, seine Tochter Polymede, Mutter des Iason, Apollod. I 9, 16, sein Sohn Aisimos, Vater des Sinon, Serv. Aen. II 13, letztere beiden Gestalten Verkörperungen von Klugheit und List.