RE:Anytos 3
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Sohn des Anthemion | |||
Band I,2 (1894) S. 2656 (IA) | |||
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3) Athener, Sohn des Anthemion (Plat. Men. 90 a. Diod. XIII 64, 6. Plut. Alk. 4, 4; amat. 17 p. 762c), vielleicht verwandt mit dem Vorigen (Enkel?), reicher Gerbereibesitzer (Schol. Plat. apol. 18b. Xen. apol. 29. Dio Chrysost. LV 22), gehörte am Ende des 5. Jhdts. v. Chr. zu den bekanntesten Politikern seiner Vaterstadt. Schon 409 befehligte er als Stratege ein athenisches Geschwader, das zum Entsatz des messenischen Pylos bestimmt war. Durch Stürme wurde er zur Umkehr gezwungen und deshalb des Verrats angegeklagt (Diod. a. O. Lys. XIII 78. 82; vgl. Plat. Men. 90b. Xen. a. O.). Doch entging er, angeblich durch Bestechung der Richter – der erste Fall derart, der vorgekommen sein soll –, der Verurteilung (Aristot. Ἀθην. πολ. 27, 5; vgl. Harpokr. s. δεκάζων. Diod. a. O. Plut. Coriol. 14, 4. Schol. Aeschin. I 87). Vorher (?) hatte er das Amt eines Sitophylax im Peiraieus bekleidet (Lys. XXII 8f.). Entscheidend trat dann A. hervor bei der Einsetzung und dem Sturz der ‚Dreissig‘ (404/3); ursprünglich hatte er für eine gemässigte Verfassungsreform gestimmt (Aristot. Ἀθην. πολ. 34, 3), gehörte aber später mit Thrasybulos und Archinos (s. d.) zu den Häuptern der demokratischen Partei (Isokr. VIII 23. Xen. hell. II 3, 42. 44. Andok. I 150).
Gesellig und menschlich stand A. dem Kreise des Sokrates nahe. Er gehörte zu den Liebhabern des jungen Alkibiades (Plut. Alk. 4, 4; vgl. amator. 17 p. 762 c. Athen. XII 534 e. f); auch mit dem Meister selbst hat er verkehrt: er tritt als Unterredner in Platons Menon auf. Schliesslich überwarf sich allerdings A. anscheinend aus persönlicher Empfindlichkeit mit Sokrates (Plat. apol. 73e. Xen. apol. 30f.) und leitete (399) mit Meletos und Lykon (s. d.) gegen ihn die verhängnisvolle Anklage ein (Diod. XIV 37, 6. Plat. apol. 18b. 23e. 28a u. ö. Isokr. XI Hypoth. Hor. Sat. II 4, 3. Max. Tyr. IX 1ff. XXIV 6. Diog. Laert. II 38). Nach Sokrates Tode wurde er deshalb, als die Stimmung des Volks umschlug, verbannt. Er begab sich nach Herakleia am Pontos, wurde aber auch dort nicht aufgenommen, sondern angeblich von den erbitterten Volksmassen gesteinigt (Themist. XX 239c. Diog. Laert. II 43; vgl. VI 9).
A.s Sohn, unbekannten Namens, wurde von seinem Vater in der Erziehung vernachlässigt und verkam im Trunk (Xen. apol. 29–31).