Zum Inhalt springen

RE:Antoninianus 2

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Münze
Band I,2 (1894) S. 2568 (IA)–2571 (IA)
Antoninian in der Wikipedia
Antoninian in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register I,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|I,2|2568|2571|Antoninianus 2|[[REAutor]]|RE:Antoninianus 2}}        

2) Münze. Diese Bezeichnung begegnet blos in drei gefälschten Rescripten des Kaisers Valerian, die in die vitae des Kaisers Aurelian 9, 7. 12, 1 und des Probus 4, 5 eingefügt sind, und in einem gleichwertigen Rescript Aurelians in der Bonosusvita 15, 8: an den drei ersten Stellen für Goldmünzen, an der letzten für Silberlinge. Wie Δαρεικός ein Münzstück des Dareios oder seiner Nachfolger, Φιλίππειος oder Philippeus des Philipp II. oder der folgenden makedonischen Könige, Ἀλεξάνδρειος Alexanders des Grossen bedeuten, kann A. an und für sich recht wohl eine von Caracalla oder von Elagabal eingeführte Münzsorte bezeichnen. Und thatsächlich geht auf das Jahr 215, also auf die Zeit von Caracallas Regierung, ein neues Nominal in Silber zurück, auf welchem das Bild des Kaisers stets mit der Strahlenkrone, das der Kaiserin über dem Halbmonde erscheint; in Gold aber prägte Caracalla wohl etwas leichter als seine Vorgänger (50 statt etwa 45 aurei auf ein Pfund), ohne dass sich aber seine Münze im übrigen von der älteren unterschied. Man verwendet heutzutage den Namen A. gern für jenes neue Silbernominal, auch wohl mitunter für den geringeren Goldfuss Caracallas. Es ist aber sehr fraglich, ob man dabei ein Recht hat, sich auf jene Stellen des Flavius Vopiscus zu berufen. Denn die Art und Weise, in der die Geldsorten in den drei Metallen variiert werden:

Gold Silber Kupfer
Antoniniani Philippei minutuli denarii
Antoniniani Philippei minutuli sestertii
Antoniniani Aureliani Philippei
Philippei Antoniniani sestertii,

besonders, dass die Philippeer, die sonst als Goldstücke zu fassen sind, hier in allen Metallen erscheinen [2569] und die Vielheit der Münznominale lässt die Annahme rätlicher erscheinen, dass der Fälscher die Sorten frei erfunden und bei den Aureliani an einen der Kaiser des Endes des 2., bezw. Anfangs des 3. Jhdts. und bei den Philippei an Kaiser Philippus gedacht hat, so zwar, dass er beispielsweise den Philippeer als Münze mit dem Bildnisse eines der beiden Philippi sich vorstellte, sowie in Galliens Rescript Hist. Aug. Claud. 17, 7 die aurei Valeriani (= 14, 3 Philippei nostri vultus in einem Rescripte Valerians) und die trientes Saloniniani gemeint sind. Die neue Münze verdrängte den Denar nur langsam, ja unter Alexander Severus und unter Maximinus wurde ihre Prägung überhaupt sistiert. Seitdem aber gelangte sie als das hauptsächlichste Silberstück vorzugsweise zur Ausmünzung. Ihr Feingehalt sinkt im gleichen Verhältnis mit dem des Denars.

Das Gewicht der ältesten silbernen A. schwankt zwischen 5,3 und 4,7 Gramm. Da nicht festzustellen ist, ob das höhere Gewicht auf Übermünzung beruht oder vielmehr gar noch hinter dem Normalgewicht zurückgeblieben ist, und da ausreichende Untersuchungen ausstehen, so liess sich bisher keine Einigung über die ursprüngliche Wertung des A. erzielen. Mommsen Röm. Münzwesen 829 (französ. Ausgabe III 144f.) fasste ihn als Doppeldenar, wofür sich allenfalls geltend machen lässt, dass der bis dahin geschlagene Doppeldenar der Prägung des bosporanischen Clientelstaates durch den A. abgelöst wird; dagegen spricht besonders das gleich dem Beginn der neuen Prägung zugemutete zu starke Minus des Effectivgewichtes gegenüber dem vermuteten Normale (6,822 gr.). Hultsch (Metrologie² 322,3) hat, einem Winke Mommsens folgend, die Angabe über den tribunicischen Gehalt Hist. Aug. Probus 4,5 (aureos Antoninianos centum, argenteos Aurelianos mille, aereos Philippeos decem milia), der sonst auf 25 000 Sesterze zu stehen kommt, hier zu verwenden gesucht:

tribunicischer Gehalt: 25 000 Sesterze
ab 100 Goldstücke = 10 000 Sesterze
10 000 Philippeer = 10 000 Sesterze
Rest 5 000 Sesterze,

welche 1000 Aureliani gleichgesetzt werden, also 1 A. = 5 Sesterze = 20 Asse. Hultsch wollte eine Bestätigung dieser Rechnung in dem auf den A. seit Aurelianus erscheinenden Wertzeichen XX oder XXI (griechisch Κ, ΚΑ, ΑΚ) finden. Allein in der oben angeführten Rechnung sind alle Posten fraglich, besonders die Bedeutung der kupfernen Philippei, und die Gleichsetzung der Aureliani mit Antoniniani; Caracallas Münze kann letzteren, kaum aber ersteren Namen geführt haben. Und ferner erscheint es ganz ausgeschlossen, dass die streng einheitliche Regelung der römischen Münzprägung es gestattet habe, dass die nämliche Münze in einigen Emissionsstätten gleich 21 As, sonst, z. B. in Spanien (Reichsmünzfiliale in Tarraco), gleich 20 As gesetzt werden konnte. Ferner hatte der As längst aufgehört, die Einheit für die Silberrechnung zu bilden, und es ist ohne Analogie, dass eine antike Silbermünze sich selbst als Multiplum der Kupfereinheit bezeichnet (anders allerdings beim Gold). Im Monatsblatt [2570] der numismatischen Gesellschaft in Wien nr. 107 (1892), 137ff. habe ich eine andere Erklärung versucht, indem ich die Continuität der Prägung des A. bis in die XXer, bezw. XXIer Prägung Diocletians betonte. Aurelian prägte den A. in einem Gewicht von anfangs 3,36, später von 3,7 gr. und mit einem Feingehalte von 3,42, später 3,98% (sein Äquivalent im Kupfer betrug, den Silberwert rund etwa zum Hundertfachen des Kupfers gerechnet, 15 und später 18,5 gr.; ich erkenne es wieder in den Kupferstücken nr. 447 und 448 bei Rohde mit dem Habitus des silbernen A. und einem Maximalgewicht von 15,1 gr.: IMP AVRELIANVS AVG Brustbild des Kaisers mit Strahlenkrone und Kürass R SEVERINA AVG Brustbild der Kaiserin mit Diadem und Stola). Diocletians Münzreform, etwa 295 n. Chr., ersetzte dieses Billon durch eine schwerere Sorte, etwa 11 gr. und mit 2–4½% Feingehalt, welche den gleichen Habitus, doch ohne Strahlenkranz, und dieselbe Wertzahl zeigte, und devaluierte zugleich die älteren Zwanziger; dieser XXer war also der des Aurelian, nur besser, wahrscheinlich der volle Ausdruck des indicierten Wertes, den Aurelian seiner etwas minderwertigen Münze durch Zwang – daher das Aufkommen der Wertzahl – hatte sichern wollen.

Ich fasse die XX, die auf den A. von Aurelian bis Diocletian erscheinen, als 20 Sesterzen = 5 Denare, die XXI bezw. ΚΑ oder ΑΚ, für welche auch die interpungierten Formen XX·I und Κ·Α vorkommen (auch erscheinen mitunter XX und I im Felde durch das Münzbild getrennt), als 20 (nämlich: Sesterzen) = 1 Einheit noch unbekannten Namens; Rohde und Seeck haben den follis als Namen für diese Einheit vorgeschlagen: man darf nicht vergessen, dass die Münzlegenden dieser Zeit im allgemeinen weder Spatien zwischen den Buchstaben noch Interpunctionen kennen, und dass also XXI durchaus nicht = 21 sein muss.

Eine wichtige Stütze hat diese Auffassung meines Erachtens an der Thatsache, dass der diocletianische Maximaltarif vom Jahre 301, der nach Denaren rechnet, nur Preisangaben hat, die, wie Christ (S.-Ber. Akad. Münch. 1865 I 141f.) beobachtet hat, durch 2 oder durch 5 teilbare Zahlen sind. Die vereinzelten, entgegenstehenden Beispiele hat Blümner im Commentar S. 59 zusammengestellt und aus anderen Gründen für bedenklich erklärt; dass er dies auch für den einzigen Fall der Verwendung des Preisansatzes von 1 Denar (c. 17,8 6 Pfund παβούλου = 1 Denar; S. 146 hält Blümner diesen Ansatz für ‚nicht gar zu billig‘, kaum mit Recht, denn c. 17,6 kosten schon 2 Pfund Wicken 2 Denare) nicht gethan hat, kann ich mit Rücksicht darauf nicht billigen, dass das Edict wohlfeile Waren sonst immer bis zu solchen Quantitäten zusammenlegt, dass sie zu 2 Denaren angesetzt werden können.

Dann ist von den zwei nicht in edlem Metall geprägten Münzsorten Diocletians die kleinere, ein Kupferstück mit dem Durchschnittsgewicht von 2,5 gr., das Zweidenarstück, der XXer aber, das Fünfdenarstück, der frühere A. In die constantinische Münzordnung, 312 n. Chr., findet der A. keine Aufnahme. Litteratur ausser den oben [2571] angeführten Aufsätzen: Missong Wiener num. Zeitsch. 1869 I 105ff. Mommsen Herm. XXV 1890, 25ff. Seeck Berl. Ztschr. f. Numism. 1891. Milani Il ripostiglio di Venera, in den Atti della r. accademia dei Lincei, III ser., IV (1880) 1ff. Abbildungen des A. z. B. bei Mommsen-Blacas IV Tf. 36 F 2–4.