2) Priestergeschlecht zu Halikarnass, die Nachkommen des Troizeniers Anthas, der bei der Ankunft der Pelopiden Troizen und Pittheus nach Kleinasien gegangen sein soll, wo er die Stadt Halikarnass gründete (Strab. VIII 374). Das [2359] Geschlecht war im erblichen Besitze der Priesterschaft des Poseidon, dessen Kultus Anthas aus Troizen mitgebracht hatte. Er selbst galt für den Sohn des Gottes (vgl. den Artikel Anthas). Der zu Troizen verehrte Poseidon ist der Φυτάλμιος, ein von den Ioniern verehrter Gott der Vegetation, als solcher dem Dionysos und der Demeter nahestehend, deren Bildsäule sich in Troizen neben dem Heiligtum dieses Poseidon befand (Paus. II 32, 8 ἔστι δὲ ἔξω τείχους καὶ Ποσειδῶνος ἱερὸν Φυταλμίου· ὑπὲρ δὲ τοῦ Ποσειδῶνος τὸν ναόν ἐστι Δημήτηρ Θεσμοφόρος, Ἀλθήπου, καθὰ λέγουσιν, ἱδρυσαμένου). Die Troizenier opferten diesem Poseidon Feldfrüchte (Plut. Thes. 6). Auch hängt mit dem Wesen des Gottes die Sitte zusammen, dass seinen Priestern der Fischgenuss durch ein Sacralgesetz verboten war (Plut. sympos. VIII 8, 4). Wir sind über das Priestergeschlecht, das in Anthas seinen mythischen Ahnherrn verehrte, durch eine in Halikarnass zum Vorschein gekommene Marmorinschrift unterrichtet, in welcher die Poseidonpriester in chronologischer Reihenfolge aufgezählt werden (Dittenberger Syll. 372). Die erhaltene Inschrift stammt aus dem 2. oder 1. Jhdt. v. Chr. und bildet die Abschrift einer älteren, gleichartigen Urkunde, die im Heiligtum des Poseidon aufgestellt war. Sie enthält, dem Wortlaut der Inschrift entsprechend, τοὺς γεγ[ενημένους] ἀπὸ τῆς κτίσεως κατὰ γένος ἱερεῖς τοῦ Πο[σειδῶ]νος τοῦ κατιδρυθέντος ὑπὸ τῶν τὴν ἀποικί[αν ἐκ] Τροι(ζ)ῆνος ἀγαγόντων Ποσειδῶνι καὶ Ἀπόλλ(ω)[νι]. Hierauf folgen die Namen der einzelnen Poseidonpriester, mit Hinzufügung ihres Vaternamens und Angabe der Dauer ihres Priesteramtes. Nach Aussage der Urkunde muss das Geschlecht 504 Jahre im erblichen Besitze des Poseidonpriestertums gewesen sein. Vgl. Dittenberger a. a. O. A. 2. Interessant ist der Modus der Erbfolge des innerhalb des Geschlechtes forterbenden Priestertums. Die Vererbung des Amtes geschah nach Generationen, so dass auf den Ahnherrn zuerst seine Söhne ihrem Alter entsprechend der Reihe nach succedierten, hierauf die Enkel u. s. w. Die Nachkommen der älteren Brüder gingen in der Erbordnung denen der jüngeren voraus. Vgl. Boeckh zu CIG 2655. Dittenberger Hermes XX (1885) 24ff. Toepffer Att. Geneal. 89. Auf Telamon, den Sohn des Poseidon, der an erster Stelle steht, folgen seine drei Söhne Antidios, Hyperes, Alkyoneus, sodann seine sämtlichen Enkel dem Alter nach und hierauf sämtliche Urenkel. Auch in einigen athenischen Geschlechtern scheint diese Successivordnung üblich gewesen zu sein. Der Gründer der troizenischen Colonie war Anthas, der Sohn des Alkyoneus, nach der Urkunde der siebente Inhaber des Poseidonpriestertums. Denn die Angabe des Pausanias (II 30, 9) πολλοῖς δὲ ἔτεσιν ὕστερον ἐς ἀποικίαν ἐκ Τροιζῆνος σταλέντες Ἁλικαρνασσὸν ἐν τῇ Καρίᾳ καὶ Μύνδον ἀπῴκισαν οἱ γεγονότες ἀπ’ Ἀετίου τοῦ Ἄνθα verdient offenbar den Vorzug vor der des Strabon (VIII 374), nach welchem Anthas (der Sohn des Poseidon) bei der Ankunft der Pelopiden Troizen verliess und nach Kleinasien auswanderte. Hieraus folgt aber keineswegs, dass die Namen der dem Anthas vorhergehenden Priester fingiert sind, um das Alter der Kolonie weiter hinaufzurücken. Nach Kallimachos bei Steph. Byz. s.Ἁλικαρνασσὸς soll Anthas [2360] die dorische Phyle der Dymanen aus Troizen nach Halikarnass mit sich geführt haben, was O. Müller (Dorier I 107) ohne Grund bezweifelt hat. Das Geschlecht freilich war, wie der Kult, den es besorgte, ionischen Ursprunges. Der Kult des troizenischen Poseidon hat auch in Attika Eingang gefunden, wo die Φυταλίδαι seine speciellen Ausüber waren.