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RE:Androkleidai

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Messenisch-attisches Adelsgeschlecht
Band I,2 (1894) S. 2145 (IA)–2147 (IA)
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Androkleidai (Ἀνδροκλεῖδαι), messenisch-attisches Adelsgeschlecht, dessen Spuren sich auch in Ephesos nachweisen lassen. Während der Eponymos der messenischen Androkleiden, die zur Zeit des ersten und zweiten Krieges mit Sparta eine hervorragende Rolle spielten, durchweg Androkles (Paus. IV 4, 4. 5, 6. 14, 3. 15, 7; vgl. IV 16, 2. 17, 9) genannt wird, erscheint als Ahnherr sowohl des attischen Adelsgeschlechtes (Hesych. s. Ἀνδροκλεῖδαι· γένος Ἀθήνησιν), als auch des ephesischen Königsgeschlechtes Androklos, der Sohn des Kodros, dem die Gründung der Stadt Ephesos zugeschrieben wurde (Pherekydes bei Strab. XIV 633. 640. Antipater Anth. Pal. IX 790. Steph. Byz. s. Βέννα. Paus. VII 2, 8. 9). Doch ist die Unterscheidung dieser beiden Namensformen schwerlich [2146] alt und ursprünglich (vgl. Pape-Benseler Eigennamen I 29. Fick Personennamen 119. O. Crusius Jahrb. f. Phil. 1891, 392), so dass wir durch die Verschiedenheit der Namensform des Eponymos keineswegs genötigt sind, zwei gesonderte Geschlechter desselben Namens anzunehmen. Der Name des Archegetes ist im Geschlechte nachweisbar erblich gewesen und wir dürfen annehmen, dass Androklos, der Sohn des Kodros, in der Ahnenreihe desselben Geschlechtes eine frühere Stufe eingenommen hat als Androkles, der Sohn des Phintas, auf den dann Androkles II., der Enkel des Androkles I., gefolgt ist. Man hat aus dem im Geschlechte erblichen Kultus der Demeter Eleusinia, deren Dienst die ephesischen Androkleiden noch zur Zeit Strabons (XIV 633) verwalteten, geschlossen, dass das Geschlecht aus Attika nach Kleinasien eingewandert sei (Busolt Griech. Gesch. I 216). Doch ist auf diese Schlussfolgerung kein Wert zu legen, da es sehr fraglich ist, ob in der Zeit der ionischen Colonisation Demeter Ἐλευσινία in Eleusis bereits als Stammgöttin verehrt wurde und, selbst dieses zugestanden, daraus noch lange nicht eine gleichzeitige Verehrung dieser Göttin in Attika folgen würde. Wir werden daher unter der in Ephesos verehrten Demeter Ἐλευσινία, die auch in der Nähe Milets ein Heiligtum besass, das ihr ein Genosse des Neleus gestiftet haben sollte (Herod. IX 97), die altpeloponnesische Göttin dieses Namens zu verstehen haben, deren Kultus auf der Halbinsel einst weit verbreitet war und in die Zeiten der Wanderungen hinaufreicht. Hiernach scheint die Annahme am nächsten zu liegen, dass die Androkleiden ursprünglich in Messenien zu Hause waren, von wo sie in früher Zeit nach Attika und über das aegaeische Meer nach Kleinasien gewandert sind. Ob aber der Ahnherr der ephesischen Androkleiden vom Peloponnes aus oder von der attischen Küste her nach Ephesos gefahren ist, werden wir schwerlich feststellen können. Der ephesische Ktistes Androklos galt für einen ebenbürtigen Sohn des Kodros, dem die Sage nicht nur die Besiedelung Ioniens, sondern auch die der Aiolis zuschrieb (Pherekydes bei Strab. XIV 633). Seine Nachkommen führten in Ephesos den Königstitel und hatten fürstliche Vorrechte und Ehren (Purpur und Herrscherstab). Zugleich verwalteten sie die Sacra der Demeter und führten den Vorsitz bei den Wettspielen. Ein Angehöriger dieses Geschlechtes war der berühmte Philosoph Herakleitos, der auf die Königswürde zu Gunsten seines Bruders verzichtete (Diog. IX 6). Er wird auf den ephesischen Münzbildern mit πορφύρα und σκίπων dargestellt (vgl. Bernays Ges. Abhandl. I 30. Head HN 498. Toepffer Att. Geneal. 245). Nach Suidas (s. Πυθαγόρας Ἐφέσιος) wurde die Herrschaft des Geschlechtes durch den ephesischen Tyrannen Pythagoras gestürzt. Auch Ephoros weiss von Unruhen, die κατὰ τῶν Ἀνδρόκλου παίδων stattfanden (Steph. Byz. s. Βέννα). Den Mittelpunkt der Stiftung des Androklos bildete das Heiligtum der Athene (vgl. Strab. XIV 640. Kreophylos ἐν τοῖς Ἐφεσίων Ὥροις FHG IV 371. E. Curtius Abh. Akad. Berl. 1872, 13). Die Überlieferung der Ephesier weiss von den blutigen Kämpfen des Androklos gegen die Karer, Leleger, Lydier und Samier zu berichten (Paus. VII 2, 8. 4, 2. Steph. Byz. s. Βέννα). Sein Grabmal, [2147] an dem er als Ktistes verehrt wurde, befand sich zu Ephesos (Paus. VII 2, 9). Zu Strabons Zeiten waren die Androkleiden wieder im Besitze ihrer alten Ehren und Würden (XIV 633).