6) Sohn eines Satyrs und einer Nymphe, Geliebter des jugendlichen Dionysos. Zwei späte völlig erfundene Erzählungen von ihm liegen vor bei Ovid und Nonnos. In den Fasten III 409ff. wird erzählt, er habe den Tod gefunden durch den Sturz von einer Urne, auf welche er gestiegen war, um die ihm von Dionysos anvertraute Rebe abzuernten, welche dann nach ihm benannt worden sei. Nonnos widmet dem Ampelos das 11. und 12. Buch der Dionysiaka. Im 11. Buche wird der Tod des schönen Knaben erzählt. Hera, die Feindin des Dionysos, verleitet ihn durch Ate, einen Stier zu besteigen. Auf seine Reitkunst stolz überhebt er sich gegen Mene, welche nun durch eine Bremse den Stier in Wut versetzt, so dass A. stürzt und stirbt. Das 12. Buch erzählt die Verwandlung des Ampelos zur Rebe, auf andere Sagen über die Entstehung des Weins wird V 293ff. verwiesen. Merkel in der Ausgabe der Fasten p. XC vermutet, Ovid habe die sonst nirgends erwähnte Geschichte selbst erfunden, was unwahrscheinlich ist. Beide Versionen werden auf hellenistische Dichtungen zurückgehen, die Ovidische auf irgendwelche Katasterismen oder einen Commentar zu solchen, da er den verstorbenen A. als Vindemitor an den Himmel (Sternbild der Jungfrau) versetzen lässt, die des Nonnos auf irgendwelche abgelegenere Metamorphosen, wie [1883] das fast überwuchernde mythographische Beiwerk beweist. Einiges davon, wie die der Hauptfabel verwandte Erzählung von Kalamos und Karpos ist sonst nicht belegt. An sich könnte A. so gut wie Staphylos oder Hylas eine echt sagenhafte Gestalt sein, doch liegen die Fabeln, nach deren Analogie die seine jedenfalls nicht vor dem 3. Jhdt. v. Chr. gedichtet worden ist, bei Nonnos klar zu Tage. Manche thörichte Einzelnheiten, wie das Hereinziehen der Mene, kommen erst auf Rechnung des Nonnos. Welcher Fabel Himerius or. 9 p. 560 folgt, der Ampelos als Genossen des Dionysos erwähnt, ist unsicher. Über den Stern Vindemitor handelt Plin. n. h. XVIII 74. Wichtiger ist eine zwischen Florenz und Rom gefundene Marmorgruppe, jetzt in London (publ. Ancient Marbles III 11. Müller-Wieseler Denkm. II 32, 371. Roscher Mythol. Lex. I 292), welche den Dionysos auf den Ampelos gestützt zeigt, der, als schöner Knabe aus einem Weinstock herauswachsend gebildet, ihm eine Traube darreicht. Die wahrscheinlich richtige Deutung wohl zuerst bei Creuzer, dann oft wiederholt. Das hellenistische Original der Gruppe würde in das 3. Jhdt. zu setzen sein, und für diese Zeit die Existenz der Verwandlungssage beweisen. Creuzer Symbolik IV 189ff. R. Köhler Über die Dionysiaka des Nonnos 23ff.
Die Geschichte von Kalamos und Karpos kehrt nur in unwesentlichen Einzelheiten abweichend beim Schol. Vergil. ecl. V 48 wieder; sie ist wie die von Ampelos handelnde Erfindung eines (desselben?) hellenistischen Dichters.