Ἄγραφοι νόμοι,[1] vgl. Arist. Rhet. I 10 p. 1368b: νόμος δ' ἐστὶν ὁ μὲν ἴδιος, ὁ δὲ κοινός,[890]λέγω δὲ ἴδιον μὲν καθ' ὃν γεγραμμένον πολιτεύονται, κοινὸν δὲ ὅσα ἄγραφα παρὰ πᾶσιν ὁμολογεῖσθαι δοκεῖ. Sie sind also der Ausdruck der allgemeinen menschlichen Empfindung und beschränkten sich auf eine Anzahl einfacher, wichtiger Vorschriften (vgl. Xen. Mem. IV 4, 19), als Gottesfurcht, Elternliebe, Verbot des geschlechtlichen Verkehrs zwischen Eltern und Kindern, Dankbarkeit; ferner die Pflicht der Totenbestattung (Soph. Ant. 454), das Verbot des Tötens (Arist. Rhet. I 13 p. 1373b), das Recht der Selbstverteidigung (Demosth. XXIII 61). Aber Aristoteles kennt (ebenda I 13 p. 1373 b) daneben auch einen ἴδιος νόμος ἄγραφος als den Ausdruck der Rechtsempfindung eines einzelnen Volkes (vgl. Dio Chrys. LXXVI p. 410 R. Lys. VI 10. Dissen prooem. Gott. aest. 1837 = Kl. Schriften 161–171). Und wenn nach dem Archon Eukleides zu Athen ein Gesetz bestand: Ἀγράφῳ δὲ νόμῳ τὰς ἀρχὰς μὴ χρῆσθαι μνδὲ περὶ ἑνός (And. I 85f.), so soll damit nicht verboten werden, in Zweifelsfällen dem Rechtsbewusstsein zu folgen, wie dies im Gegenteil der Richtereid geradezu verlangt in den Worten: περὶ ὧν δ' ἂν νόμοι μὴ ὦσι, γνώμῃ τῇ δικαιοτάτῃ (n. ψηφιοῦμαι); sondern es sollen dadurch nur alle früheren, von der Gesetzesrevision des Teisamenos verworfenen Gesetze, welche demgemäss in der Halle nicht aufgezeichnet waren, nochmals ausdrücklich von der Geltung ausgeschlossen werden.