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RE:Aestimatio litis 2

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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im Strafprozess Festsetzung der vermögensrechtlichen Folgen
Band I,1 (1893) S. 690 (IA)–691 (IA)
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2) Im Strafprocesse. Wo ein Verbrechen zugleich eine Schadenersatzpflicht begründete, da führte in Rom die Verurteilung nicht blos zu einer Feststellung der That, sondern auch zur Festsetzung ihrer vermögensrechtlichen Folgen (Ps. Ascon. Verr. p. 145 Or.). Diese Festsetzung geschah in einem besonderen Nachverfahren, der litis aestimatio (d. i. Abschätzung des Streitgegenstandes), welches bei Cicero (pro Rabir. post. 8), allerdings dort mit Bezug auf eine besondere Art der Α. l. (Bekker Die Aktionen d. röm. Privatrechts II 301), quasi quaedam appendicula causae iudicatae atque damnatae genannt wird. Dig. XLVIII 11, 7 pr. In diesem Epilog des Processdramas urteilten dieselben Richter, wie in der vorherigen Hauptverhandlung (Cic. Cluent. 116), doch gab es auch Ausnahmen von dieser Regel (Tac. ann. I 74). Der Hauptanwendungsfall, bei welchem die zu erstattende Schadensumme zur Strafe vervielfältigt wurde und insoweit eine Geldbusse in sich schloss, war das crimen repetundarum, ein Verbrechen, dessen Name schon auf die mit ihm verbundene Rückerstattungspflicht [691] hinwies (s. Repetundae und Rein Criminalrecht 604. Zumpt Criminalrecht der röm. Republik II 1, 131ff.), doch kommt die Α. l. auch bei andern Strafthaten, z. B. dem crimen maiestatis vor (vgl. l. Acilia repetund. 58. 59 in Bruns fontes⁵ S. 66. Cic. in Verr. act. I 38; act. sec. I 95. 99. II 45. IV 22. V 128; pro Clu. 116 mit der Anm. von Klotz S. 622f.). Die letzterwähnte Stelle hat zu Missverständnissen Anlass gegeben. Klotz a. a. O. behauptet, dass bei der Α. l. auch wegen ganz anderer Verbrechen eine Ersatzpflicht auferlegt werden konnte, als vorher abgeurteilt waren (vgl. auch Dirksen Beiträge zur Kunde des römischen Rechts 193). Allein die Abschätzung eines anderen Streitgegenstandes, als des durch Urteil festgestellten, würde ein Hinausgreifen des Gerichtes über die ihm gestellte Aufgabe gewesen sein, welche in der römischen Rechtsgeschichte kein Seitenstück fände. Etwas anderes ist die Hineinziehung bisher Unbeteiligter in den Process im Stadium der Litisaestimation; vgl. Bekker a. a. O. S. 301. In der That ist jene Erstreckung der Α. l. auf nicht abgeurteilte Thaten nicht erwiesen. Dass nach Cicero in Verr. act. I 38 der de pecuniis repetundis Verurteilte eine litis aestimatio eo nomine, quod ob rem iudicandam pecuniam accepisset, erlitt, erklärt sich daraus, dass eine solche Annahme von Geld zweifellos mit unter den Begriff des crimen repetundarum fällt. Dig. XLVIII 11, 7 pr.; vgl. auch Bekker a. a. O. 301. Cicero pro Clu. 116 spricht allerdings von der Möglichkeit, den wegen des crimen maiestatis Verurteilten eine litis maiestatis aestimatio de pecuniis repetundis aufzuerlegen; es ist aber dabei sicherlich an den Fall gedacht, in welchem das crimen maiestatis zugleich unter den Begriff der pecuniae repetundae fiel (z. B. bei widerrechtlicher Annahme von Geld zu einem staatsfeindlichen Zwecke); denn nur in einem solchen Falle gab das genannte Verbrechen zu Rückforderungsrechten, also zu einer Α. l. Anlass. Wenn endlich am Schlusse der Stelle davon die Rede ist, dass man versucht habe, die Verurteilung des Scaevola wegen anderer Verbrechen noch im Stadium der Α. l. in eine solche wegen einer Capitalsache umzuwandeln, so fügt Cicero hinzu, dass dies trotz der Feindseligkeit der Richter deshalb nicht möglich war, weil die Α. l. keinen selbstständigen Process, sondern nur ein Nachverfahren darstellte. Litteratur: Rudorff röm. Rechtsgesch. II § 138 Anm. 41. Bekker a. a. O. S. 300ff. Ältere Schriftsteller bei Dirksen a. a. O. 191, 6.