Addictus. Der iudicatus oder in iure certae pecuniae confessus wird, wenn er nicht binnen 30 Tagen die Schuld tilgt, vom Gläubiger mit manus iniectio vor den Magistrat, apud quem legis actio est (dem das do dico addico zusteht), geführt und von diesem, ni iudicatum facit oder einen Vindex stellt, dem Gläubiger addiciert. Den addictus (vereinzelt auch adiudicatus, Gai. III 189) darf der Gläubiger heimführen und nach den XII Tafeln fesseln (Gell. XX 1, 45: secum ducito, vincito aut nervo aut compedibus, XV pondo ne minore [maiore?] aut si volet maiore [minore?] vincito. Si volet suo vivito. Ni suo vivit, qui eum vinctum habebit, libras farris endo dies dato. Si volet plus dato). Ist die Schuld nicht binnen 60 Tagen, während deren an den drei letzten Nundinen der A. vor den Magistrat zu führen und seine Schuld öffentlich bekannt zu machen ist, bezahlt oder ein Abkommen mit dem Gläubiger erzielt, so steht diesem nach den XII Tafeln das Recht zu, den Schuldner zu töten oder ins Ausland (trans Tiberim) zu verkaufen (Gell. XX 1, 47). Dass damit auch das Vermögen und die Gewaltunterworfenen des Schuldners dem Gläubiger verfallen wären, ist durch Liv. II 24. VIII 28. Dionys. ant. VI 29 nicht hinreichend bezeugt. Für den Fall, dass mehrere Gläubiger zur Tötung berechtigt sind, verordnen die XII Tafeln: tertiis nundinis partis secanto. Si plus minusve secuerunt, se fraude esto (Gell. XX 1, 48f.). Dieses altcivile, noch in die Lex Ursonensis (c. 61) von 710 = 44, wenn auch ohne Erwähnung des Tötungs- und Verkaufsrechts übernommene Recht der Personalexecution ist zugleich mit den Legisactionen durch das praetorische Recht verdrängt worden. Nach diesem wird der iudicatus oder confessus, welcher die geschuldete certa pecunia nicht während des tempus legitimum zahlt, mit der in ius vocatio vor den Praetor, Statthalter oder Municipalmagistrat gezogen. Wenn der Schuldner nicht durch Ableugnung der Schuld und satisdatio iudicatum solvi eine weitere richterliche Untersuchung veranlasst (a. iudicati), erfolgt von seiten des Magistrats das duci iubere. Der Gläubiger darf darauf den Schuldner, nötigenfalls mit Gewalt, wegführen (Paul. sent. V 26. Dig. XLVII 10, 1, 2. 1. Rubr. c. 21 v. 19) und in Privathaft halten, bis die Schuld bezahlt oder abverdient ist. Das praetorische Edict enthielt Bestimmungen über victus und stratus des ductus (Lenel Edict. perp. 328f.). Dass die ductio, abgesehen von den zur Bewahrung des Gefangenen erforderlichen Massregeln, unter denen auch Fesselung vorkommen kann, eine Minderung der persönlichen Rechte des Schuldners bewirkt, ist nicht ersichtlich. Gegen Personen, welche den Schuldner entführen, steht dem Gläubiger die actio furti zu (Gai. III 199). Der duci iussus wird auch jetzt noch als addictus bezeichnet (Africanus bei Gell. XX 1, 51). Obwohl durch die Einführung der Vermögensexecution (cessio bonorum, missio in bona und venditio bonorum) sowie durch das sogenannte beneficium competentiae der Gebrauch der Personalexecution eingeschränkt wurde, kommt die private Schuldhaft trotz wiederholter zur Unterdrückung der carceres privati bestimmter Gesetze der christlichen Kaiserzeit (zuerst [353] Edict von Valentinian, Theodosius und Arcadius v. 388, Cod. Th. IX 11, 1) bis zur Zeit Iustinians vor (Cod. VII 71,1 [Alexander Severus], Ambrosius de Tobia c. 9 § 33. c. 10. Cod. IX 5, 2). In älterer Zeit wird auch der fur manifestus dem Bestohlenen addiciert; die addictio furis ist beseitigt durch Einführung der praetorischen actio quadrupli.
Litteratur: Zimmern Gesch. d. röm. Privatr. III 124. v. Bethmann-Hollweg röm. Civilpr. I 196. II 660. v. Keller-Wach röm. Civilpr. § 83. Karlowa röm. Civilproc. z. Z. d. Legisact. 164. Mitteis Reichsrecht und Volksrecht 444.