Ἐπιδαμία (ἡ) war im rhodischen Staatswesen eine ganz bestimmte Ehre, welche dem Fremden verliehen wurde. Sie erhielten verdiente Künstler: Epicharmos von Soloi im 2. Jhdt. v. Chr. (vgl. über ihn zuletzt K. Herzog in Lehmanns Beitr. zur alten Gesch. II 1902, 328f.); Charinos von Laodikeia (IG XII 1, 72. 107); Theon von Antiochcia, der die Formel in der Fassung ὧι ἁ ἐπιδαμία ἐδέδοτο auch auf seiner Grabschrift trägt (IG XII 1, 381). Andere charakteristische Fälle sind Nikasion von Kyzikos, der mit seinen nächsten Angehörigen einen musischen Klub begründet, nach staatlichem Muster in Phylen eingeteilt und zur Abhaltung von Agonen bestimmt (IG XII 1, 127. Athen. Mitt. XXI 1896, 60ff. Collitz Dial.-Inschr. 4108), also ein Kunstmäcen. der die gebildeten Bewohner der blühenden Handelsstadt ohne Ansehen des Standes – Rhodier und Fremde aller Herren Länder sind darunter, auch zwei Bildhauer und ein Poseidonios, Sohn des Poseidonios aus Rhodos, dem man es gern ansehen möchte, ob er der bekannte Schriftsteller ist, zumal man seinen Vorgänger Panaitios jetzt in Inschriften festgestellt hat – in einem schöngeistigen Kreise um sich scharte; ferner Philokrates von Ilion, der von den verschiedensten Vereinen und staatlichen Verbänden hochgeehrt starb und diese Ehren auch auf seinem Grabmal verewigt erhielt (IG XII 1. 157). Immerhin blieb eine Schranke: der mit ἐ. Begabte pflegte seinen Vater nicht öffentlich zu nennen, was dem Bürger, dem πρόξενος und εὐεργέτας zustand (die Regel ist nicht konsequent durchgeführt; einige Künstler z. B. haben, obwohl Fremde, ihre Väter genannt, aber erkennbar ist die Regel trotzdem). Philokrates wurde auch von einem Verein συνθυτᾶν Ῥοδιαστᾶν ἐπιδαμιαστᾶν geehrt, also der Opfergenossenschaft der Göttin Rhodos, aus solchen [44]
bestehend οἷς ἁ ἐπιδαμία δέδοται. Dies ist bezeichnend; wissen wir doch, daß fremde Gemeinden, wie Naxos und Kos, wenn sie in die Sphäre des rhodischen Einflusses eintraten, gerade so der Stadtgöttin von Rhodos huldigten, wie wenig später der mächtigeren von Rom. Die ἐ. bildete in vielen Fällen den Übergang zum vollen Bürgerrecht, besonders auch bei Künstlern: Epicharmos der Jüngere, Nikasion, der Sohn des Kunstfreundes aus Kyzikos, Hermogenes, Sohn des Iliers Philokrates, waren Rhodier, der Letztgenannte erhielt sogar Heimatrecht in der lindischen Gemeinde der Βράσιοι (IG XII 1, 189), was immer noch mehr ist als das Stadtbürgerrecht, da sich die alten drei Städte um so vornehmer abschlossen, je mehr die große Stadt Rhodos in weitschauendem Kosmopolitismus die Tore ihres Bürgerrechts öffnete. Zu den Pflichten der mit ἐ. Beschenkten gehörte die Choregie, die Philon dreimal übernahm; es kann das allerdings sowohl die staatliche als auch die private in einem solchen Klub wie dem obengeschilderten sein, falls das Grab auf dem Privatfriedhof des Klubs befindlich war; doch wissen wir, daß sowohl der Gesamtstaat als auch die lindische Gemeinde die Choregen aus der Zahl der Fremden und Bürger nahm (IG XII 1, 762). Ob P. Foucart mit Recht das Ius Latii vergleicht, bleibe dahingestellt; dafür wissen wir von dem Wesen der Institution zu wenig. Das Material hat verständig zusammengestellt und besprochen H. van Gelder Gesch. der Rhodier 230. Für die Abgrenzung nach unten ist es bezeichnend, daß der ehemalige Staatssklave (δαμόσιος δοῦλος, vgl. über diese Einrichtung Hiller v. Gaertringen Österr. Jahresh. IV 1901, 162ff.) Epigonos aus dem lykischen Rhodiapolis von der Stadt die Freiheit und das Metökenrecht (ξενωθέντος bezeichnet dies nach van Gelder), aber nicht die ἐ. erhielt.