Ἀρωματοφόρος χώρα hiess nach Artemidor. bei Strab. XVI 773 (vgl. Eratosth. ebd. p. 769) der ganze ostafricanische Küstenstrich von Deire (Râs Bir) an bis zum Νότου κέρας (Cap Guardafuni); dieses ‚Gewürzland‘ umfasste zunächst das Myrrhen, dann (Strab. XVI 774) das Weihrauch tragende Land und zuletzt die Κινναμωμοφόρος χώρα; ‚beugt man um das Südhorn gegen Süden hin, so fährt man an einer gänzlich unbekannten Küste, über deren Landungsplätze jedwede Aufzeichnung fehlt‘. Für die Folgezeit war der vom Steuermann Hippalos (s. d.) erkundete indische Schiffsweg entscheidend; unter Benützung der Monsune fuhren die alexandrinischen Kaufherren nicht nur zu den vorderindischen, sondern auch zu den ostafricanischen Handelsplätzen bis in die Breite von Zanzibar hinab; doch blieb der regelmässige Besuch der Barbariaküste durch arabische und indische Händler in althergebrachter Weise
[1211] bestehen und allezeit gelangten hier arabische und indische Producte auf den Weltmarkt. Wenn die alten Berichte Zimt als Naturerzeugnis der Barbaria vermerken, so beruht dies auf falschen Aussagen jener Händler oder auf ungenauer Beobachtung; wie zuerst der Portugiese Garçia de Orta (Simples e drogas, coll. 15) erkannt und neuerdings Schumann (Petermanns Mitteil. Erg. H. 73, 1883) betont hat, besitzt die Somâliküste weder die Gattung Cinnamomum noch überhaupt die Familie der Laureaceae; das älteste Bezugsgebiet des Zimt war vielmehr das Bergland der Moï in An-nam oder Mahâ-Čampâ (s. Samphe); aus den Häfen Kattigara Kokonagara und Aspithras (s. d.) gelangten die besten Sorten durch Vermittlung der Malâyu Kalinga und der Maledivier nach Ariake und von da teils über das Vorgebirge der Makai nach Teredon und Babylon, teils über Arabia felix zur Barbariaküste und nach Ägypten, wo der Zimt (chi.si.t) sogar bei der Balsamierung der Mumien verwendet wurde (Diod. I 91); der Zimt von Taprobane (singhalesisch kurundhu, skr. Siñhala-tvača, arabisch salîḥâ) kam erst in späteren Jahrhunderten in Ruf. Plinius VI 174 nennt nur den Hafen Mosylon als äussersten Punkt, quo cinnamum (hebraeisch kinnemôn) devehitur; besser unterrichtet zeigt sich der Periplus mar. Erythr., wo ausser den übrigen Emporien der Barbaria oder des Πέραν namentlich § 12 τὸ τῶν Ἀρωμάτων ἐμπόριον καὶ ἀκρωτήριον τελευταῖον τῆς Βαρβαρικῆς ἠπείρου mit der nahen Rhede von Tabai, sowie der südlich vom Osthorn gelegene Hafen Opone (Ḥâfûnî) als Stapelplätze des Gewürzhandels angeführt werden; von Zimt kamen hier die Sorten γίζειρ, ἀσύφη, ἀρηβώ, μάγλα und μοτώ auf den Markt. Der alexandrinische Kaufmann weiss (§ 15), dass von Opone an die Küste eine Wendung gegen Südwesten annimmt und dass hier eine starke Wind- und Meeresströmung nach Süden streicht; alle diese Emporien ‚werden von indischen Kauffahrern besucht, welche entweder direct dahin fahren oder auch blos an den persisch-arabischen Küstenplätzen ihre Tauschwaren abwerfen‘. Ptolemaios (I 17, 5) spricht von Kaufleuten aus Arabia felix, welche nach Aromata und den Plätzen der Barbaria übersetzten und entlang der Azania bis Rhapta fuhren; sein Pinax IV 7, 10 setzt das Emporion und Vorgebirge Ἀρώματα in 6°, die südlicher vorragende Ζιγγὶς ἄκρα in 3° N. an; Steph. Byz. erwähnt die Kurzform Ἄρωμα mit dem Ethnikon Ἀρωμεύς. Nach Palladius (Ps.-Callisth. III 7) fuhr der Bischof Moses von Adulis zum promontorium Aromata et Troglodytarum emporium, dann zur Küste von Ausine (s. Αὐσινείτης ἠιών) und von da mit dem südwestlichen Monsun über den Ocean nach Muziris und Taprobane. Bei Kosmas p. 132 tritt als eigentliches Osthorn der Barbaria τὸ Ζιγγίον hervor. Der Islâm machte den griechischen Fahrten ein Ende, Araber und Hindu blieben in ausschliesslichem Besitz des Gewürzhandels bis auf die Portugiesen, welche im J. 1503 Afum (Opone) und das Cabo de Guard-Afum (arabisch Gard-Ḥâfûn, jetzt auch Râs Aṣir genannt) wieder erreichten und, wie wir aus Ioão de Barros und Antonio Galvão ersehen, die Gleichheit des Vorgebirges mit Aromata erkannten; ihre Seekarten
[1212] und Roteiros setzen es in 12° oder in 11° 45′ nördlich an.