Ἀντιγραφή,[WS 1] Gegenschrift (ἀντιγράψασθαι eine solche vorbringen), bezeichnet zunächst die schriftliche Klagebeantwortung des Beklagten (s. Ἀντωμοσία), vgl. Poll. VIII 58. Demosth. XLV 46. 87, dann auch die Klageschrift des Klägers, Harpokr. Hyper. Eux. C. 20, 12. 40, 25, also, und dies besonders in Erbschaftsstreitigkeiten, die [2423] Schriften der Parteien ohne Unterschied, Harpokr. Demosth. XLIV 39. XLVIII 31. Isai. VI 52. XI 17; vgl. Schoemann-Lipsius Att. Proc. 830f. Nun konnte aber der Verklagte auch die Einrede entgegensetzen μὴ εἰσαγώγιμον εἶναι τὴν δίκην, und auch für diese findet sich in älterer Zeit die Bezeichnung ἀ. bei Lys. XXIII 5. 10, vgl. Schol. Plat. ap. 27 c (s. Παραγραφή). Und noch für andere Einreden bezw. Gegenbeschwerden begegnet das Wort ἀντιγράψασθαι (Demosth. XLII 17).
Endlich aber bezeichnet das Wort auch in engerem Sinne die Gegen- oder Widerklage, bei der der Verklagte auch seinerseits gegen den Kläger wegen desselben oder irgend eines anderen Gegenstandes eine Klage erhob. Dieselbe war in gewöhnlicher Weise durch πρόσκλησις und λῆξις anzubringen – nur setzte man hier ἀντιπροσκαλεῖσθαι und ἀντιλαγχάνειν, Demosth. XL 3. [XLII] 45 – und wurde dann ganz unabhängig von der ersten Klage geführt und entschieden. Doch musste bei Privatklagen der unterliegende Teil stets die Epobelie zahlen (Poll. VIII 58. [Demosth.] XLVII 45), und Prytaneien mussten auch da erlegt werden, wo sie bei gewöhnlichen Klagen nicht statt hatten. [Demosth.] LXVII 64. Beispiele dieser Widerklage bieten ausser den angeführten Stellen Demosth. XLI 12. XXXIII 14 und Aisch. I 119. 154; vgl. Schoemann-Lipsius Att. Proc. 857f.