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RE:Ἀνδράχλη

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Baum
Band I,2 (1894) S. 2130 (IA)–2132 (IA)
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Ἀνδράχλη (meist so geschrieben, nicht ἀνδράχνη, doch auch ἄνδραχνος; Hehn Kulturpflanzen⁵ 330 bringt das Wort mit ἄνθραξ, Kohle, zusammen), Arbutus Andrachne L., ein dem Erdbeerbaum (κόμαρος, Arbutus unedo L.) nahe verwandter (vgl. Plin. n. h. XIII 121) kleiner, hübscher Baum bezw. baumartiger Strauch aus der Familie der Heidepflanzen oder Ericaceae, die Andrachle; Koch (Bäume u. Sträucher d. alten Griechenl. 137) glaubt, dass die Alten mit ἀ. überhaupt nur eine kleinere Spielart von Arbutus unedo L. bezeichnet, die Arbutus Andrachne L. dagegen ἀφάρκη genannt haben; doch ist Murr beizustimmen, wenn er (Die Pflanzenw. i. d. griech. Myth. 70) es bei dem wenig scharf entwickelten Artensinn der Alten bedenklich findet, dass Theophrast eine kleinere Form des Erdbeerbaumes unter dem besonderen Namen ἀ. abgeschieden haben sollte. Die ἀ. ist ihrer glatten, rötlich-rostfarbenen Rinde halber sehr [2131] elegant und charakteristisch; sie hat immergrüne, ovale, ganzrandige, dunkle Blätter, die kleiner sind, als beim eigentlichen Erdbeerbaum, weisse Blütentrauben und kirschenartige, einzeln wachsende, glatte (ohne Warzen), geschmacklose, doch von den Ziegen gern gefressene (vgl. Paus. IX 28, 1) Früchte. Nie wird sie vom Laube ganz entblösst; vgl. Theophr. h. pl. I 9, 3, womit auch Plinius XVI 80 übereinstimmt, wo bemerkt wird, dass vom Gipfel der ἀ. niemals das Laub abfalle. Die Blütezeit reicht in Griechenland, wo die ἀ. bis zu einer Seehöhe von 650 m. (vgl. Chloros Waldverhältn. Griechenl. 30; auch auf Bergen, Theophr. h. pl. III 3, 1. Plin. XIII 120, z. B. dem Helikon, Paus. IX 28, 1) ebenso wie im Orient heimisch und verbreitet ist (jetzt ἀγριοκουμαριά oder ἀγρία Κουμαρηά; vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 554), von Mitte Januar bis Mitte März (vgl. Theophr. III 4, 2. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene 491). Am häufigsten ist die ἀ. in den Thälern von Argolis und an den Schnellen des Eurotas; vgl. Leake Northern Greece I 394. Man kann ohne Schaden für den Baum grosse Stücke aus der Rinde abschälen, nur darf man den Baum sonst nicht verletzen; vgl. Theophr. h. pl. IV 15, 1. Plin. XVII 234. Die Rinde ist meist aufgeplatzt; vgl. Theophr. h. pl. I 5, 2. III 16, 5. IV 15, 2. Die Beschreibung des Baumes überhaupt, sowie der Früchte, die ein Jahr bis zu ihrer Reife brauchen und schadlos gegessen werden können, sich aber weder durch Geschmack noch durch die Wirkung ihres Genusses irgendwie auszeichnen, s. bei Theophr. III 4, 2. 4. 6. III 6, 1. VII 1, 2. Plin. XIII 120f. Das harte Holz fand Verwendung zu Schnitzarbeiten. Besonders wichtig war die Benützung desselben zur Herstellung von Webstühlen oder Webergerät; vgl. Suid. Theophr. h. pl. V 7, 6. Blümner Technol. II 249. Gelegentlich mag das Holz wohl auch als Brennmaterial gedient haben; vgl. Neumann-Partsch Physik. Geogr. von Griechenl. 391. Die ἀ. war im Kulte von Tanagra dem Hermes geheiligt, der daselbst unter einem solchen Baume aufgezogen sein sollte. Noch zu des Pausanias Zeit wurden als heiligste Erinnerung an die Stiftung des Kultus die Überbleibsel des Baumes sorgsam aufbewahrt; vgl. Paus. IX 22, 2. Serv. Aen. VII 662. Bötticher Baumkult 27. 261. Der Baum hatte ursprünglich die Sacra des Hermes, war mithin selbst Gottesbild. Verschieden vom Baume ἀ. ist das ἀνδράχνη (so geschrieben) genannte Kraut, welches nach Plinius XIII 120 auch porcillaca hiess. Es ist unzweifelhaft ein Gemüse darunter zu verstehen, wahrscheinlich unser Portulak oder Burzelkraut (vgl. Koch Bäume und Sträucher 136), Portulaca oleracea L., gemeiner oder Kohlportulak, neugriechisch ἀνδράχλα oder γλυστρίδα, albanesisch burduλάx oder wurduλάx (vgl. Fraas Synops. pl. fl. cl. 109. Billerbeck Fl. cl. 116f. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene 588), über Asien, Africa und Europa verbreitet, häufig auf feuchten Äckern mit lockerem Boden, auch am Meeresstrande. Er wurde schon früh zuweilen als Salat,- Suppen- und Gemüsekraut benutzt (s. Etym. M. s. ἄνδραχλος) und in Gemüsegärten kultiviert, während er von jeher auf Äckern als Unkraut vorkam; vgl. Leunis Synops. II. Teil³ II § 502, 1. Auch diente der Portulak als Heilmittel; [2132] vgl. Diosc. II 150. Hippocr. I (XXI) 687. Galen. XI 830. Geopon. XII 40. Cels. de med. II 20. 29. 33. IV 22. VI 8, 38. Theophrast erwähnt ihn h. pl. VII 2, 9; de c. pl. I 10, 4. IV 3, 2; vgl. Varro b. Non. p. 551. Luc. Tragodop. 150. Macer Floridus de vir. herb. 748–764 (p. 59 ed. Choulant-Sillig). Apul. de herb. 103. Wenn man mit dem Portulaksafte die Baumstämme bestrich, so trugen die so behandelten Bäume reichlichere Früchte, Geopon. X 82. V 41. Desgleichen diente jener zur Conservierung der Weintrauben, Geopon. IV 15. 19. Interessant ist, was Suidas s. Θέσπις erzählt: Thespis habe sich beim Tragödiespielen anfänglich das Gesicht blos mit Bleiweis geschminkt, später aber habe er es mit ἀνδράχνη bedeckt, erst zuletzt habe er die Leinwandmaske eingeführt. Sonach scheinen die fleischigen, länglich-keilförmigen Blätter des Portulaks (es gab übrigens auch Spielarten mit noch grösseren Blättern) zur primitivsten Form der Maskierung verwandt worden zu sein. Wieder eine andere, medicinisch nicht unwichtige Pflanze war die andrachne agria sive illecebra, von Plinius erwähnt (XXV 162ff.). Sie war dem ἀείζωον (s. d.) ähnlich (= Sedum acre L.?, Pfefferkraut, scharfer oder gemeiner Mauerpfeffer); vgl. Diosc. IV 89. Billerbeck Fl. cl. 115. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 602.

[Wagler. ]