Ἀγροτέρας θυσία, ein von den Athenern der kriegerischen (Xen. Hell. IV 2, 20; Resp. Lac. XIII 7. Plut. Lyk. 22. Poll. VIII 91) ArtemisAgrotera (Paus. I 19, 7) in Agrai alljährlich dargebrachtes Opfer. Es schloss sich an die am 5. Boedromion gefeierten Nemesia an und galt dem Gedächtnis der bei Marathon Gefallenen. Plut. de Herod. mal. 26. Poll. III 21. Schol. Aristoph. Eq. 657. Nach Plutarch (de glor. Ath. 7; Camill. 19) hatte die Schlacht am 6. Boedromion stattgefunden. Dies ist zwar unrichtig (Boeckh Mondcykl. 64ff. Toepffer Quaest. Pisistr. 137), aber es lag nahe, einerseits das Fest auf den Tag der allgemeinen Totenfeier folgen zu lassen, andrerseits den nächsten der Artemis heiligen Tag (Prokl. zu Hes. Erg. 783. Diog. Laert. II 44) zu wählen. Man erzählte, dass, als die Perser in Attika einfielen, der Polemarch Kallimachos (Schol. Arist. Eq. 660; vgl. Herod. VI 111) oder Miltiades (Ael. Var. hist. II 25) der Göttin soviel Ziegen zum Opfer gelobt habe, als man Feinde erschlagen würde. Xen. Anab. III 2, 12. Plut. de glor. Ath. 7. Ael. Var. hist. II 25. Die Zahl der Erschlagenen aber war so gross, dass es unmöglich war, das Gelübde zu erfüllen, und man beschloss statt des einmaligen Opfers der Göttin jedes Jahr 500 Ziegen zu opfern (Xen. und Plut. a. a. O.; vgl. Herod. VI 111), und zwar sollte der Polemarch das Opfer vollziehen. Poll. VIII 91. Nach einer andern Überlieferung (Schol. Arist. Eq. 660) hatte man Rinder gelobt und begnügte sich, als man die erforderliche Zahl nicht aufbringen konnte, mit Ziegen. Auch sonst herrscht nicht durchweg Übereinstimmung. Aelian a. a. [908] O. spricht nur von 300 Ziegen und nennt den 6. Thargelion als den Festtag. An diesem Tage feierte man in Delos das Geburtsfest der Göttin (Diog. Laert. II 44. Vgl. Wood Discov. at Ephesos fr. Theat. I p. 4 und Robert Herm. XXI 161ff.), und das wird die Veranlassung zu dem Irrtum gewesen sein. Am 6. Boedromion fand auch eine Pompe der Epheben ἐν ὅπλοις zu Ehren der Göttin statt. CIA 467–469. Dittenberger Syll. 347, 7. Plut. de Herod. mal. 26.
Nicht mehr als θυσία zu bezeichnen sind die Weihegaben, welche die Jäger der Artemis Agrotera von dem erbeuteten Wilde darzubringen pflegten. Vgl. Arrian. de venat. 33 (wo aber von Kelten die Rede ist). Artemid. Oneir. II 35. Plut. Quaest. rom. 4. Es bestanden diese in Teilen des erlegten Tieres, wie dem Kopf oder den Füssen (Schol. Arist. Plut. 943; vgl. Anth. Pal. VI 34. 57), dem Geweih (bildliche Darstellung bei Daremberg et Saglio Diction. des antiqu. I 168. Anth. Pal. VI 111, vgl. 110), Schädel (Braun Zwölf Basreliefs, Rom 1845 T. III. Winckelmann Monum. ined. T. 149 S. 202) oder der Haut (Anth. Pal. VI 106. 168). Vgl. ferner Gerhard Antike Bildw. 83. Bötticher Baumkultus der Hell. Fig. 9. 10, auch Roscher Mythol. Lex. I 581f.