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Puppentheater am Hofe Margaretens von Oesterreich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: R. A.
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Titel: Puppentheater am Hofe Margaretens von Oesterreich
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 692–693, 707
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[692–693]

Photographie im Verlage der Photographischen Union in München.
Puppentheater am Hofe Margaretens von Oesterreich.
Nach dem Gemälde von W. Geets.

[707] Puppentheater am Hofe Margaretens von Oesterreich. (Zu dem Bilde S. 692 und 693.) Allerunterthänigst haben die fahrenden Puppenspieler darum nachgesucht, im Palast zu Mecheln eine Vorstellung geben zu dürfen, und Margarete, die von ihrem Vater Maximilian I. eingesetzte Regentin der Niederlande und Vormünderin der Kinder ihres frühverstorbenen Bruders Philipps des Schönen, hat die Erlaubnis gern erteilt, um dem jungen Völkchen eine Freude zu machen. Dies scheint auch vortrefflich geglückt: die Augen der jungen Gesellschaft richten sich voll Spannung auf den geheimnisvollen Wandschirm und die dahinter auftauchenden Figuren. Die kleinste Prinzessin, Katharine, klatscht seelenvergnügt mit den kleinen Händchen und auch ihre im Vordergrund sitzende ältere Schwester Eleonore scheint ganz hingenommen von dem seltenen Kunstgenuß. Der künftige Herrscher zweier Welten aber, der nachmalige Karl V., lehnt gleichgültig auf seinem Sitz zurück, mit halboffenem Munde und verträumten Blicken das Schauspiel anstarrend, schon steht er nahe dem Alter, da man ihn – es geschah 1515 an seinem 15. Geburtstag – für großjährig erklärte. Die neben ihm sitzende Tante-Regentin wendet vollends das Haupt ab im leisen Gespräch mit einem ihrer Räte, auf ihr, der noch jugendlichen Frau, liegt eine ungeheuere Last von Sorgen und Verantwortung jeder Art. Margarete von Oesterreich war früh in der harten Schule des Schicksals erzogen worden, sie gehörte zu der nicht geringen Zahl von Hochgebornen, welche ihre fürstliche Stellung mit dem Verzicht auf jedes volle Menschenglück bezahlen müssen. Kaum zweijährig wurde sie 1482 von ihrem Vater Maximilian aus Gründen der Staatsraison dem König Karl VIII. von Frankreich verlobt und mit Amme und Erzieherin nach Paris gesandt. Elf Jahre später hatte sich Karl anders besonnen und schickte die Braut ihrem Vater wieder heim, welcher damals nicht in der Lage war, die angethane Schmach zu rächen. 1496 wurde Margaretens Hand neu an den Prinzen von Asturien, Johann, vergeben, aber noch in demselben Jahr starb dieser edle Sohn Ferdinands und Isabellens von Spanien. Eine zweite, im Jahre 1501 mit Philibert von Savoyen eingegangene sehr glückliche Ehe sollte auch nur von kurzer Dauer sein: im Jahre 1504 kehrte Margarete, zum zweitenmal Witwe, zu ihrem Vater zurück, um die Verwaltung der Niederlande bis zur Großjährigkeit ihres Neffen Karl zu übernehmen, sowie seine und seiner Schwestern Erziehung zu überwachen und zu leiten. Für beide Aufgaben hätte Kaiser Maximilian keine glücklichere Wahl treffen können: alle Geschichtschreiber der Zeit berichten einstimmig von der hohen Klugheit und ruhigen Kraft dieser seltenen Frau, welche, den begabtesten Staatsmännern ebenbürtig, in friedlichen wie in kriegerischen Zeiten auf den Gang der Ereignisse bestimmend einwirkte und nebenbei noch Zeit fand, den anvertrauten Kindern eine treuliebende und sorgende Mutter zu sein. An dem Glanz Karls V. durfte sie sich noch durch Jahrzehnte erfreuen, wie sie auch an seinen politischen Sorgen stets den lebhaftesten Anteil nahm. Sie starb 1530 in Mecheln, ihrer Residenz, wo ihr die dankbaren Niederländer im Jahre 1850 ein Denkmal errichtet haben. Es ist das schöne Vorrecht der Kunst, das Gedächtnis der Verstorbenen lebhafter zu erwecken, als das bloße Wort es vermag. So wird man auch hier im Bild mit besonderer Teilnahme die anmutvolle Frau betrachten, welche von ihren Zeitgenossen und der Nachwelt den Ausgezeichnetsten ihres Geschlechtes zugezählt wird. R. A.