Pomologische Monatshefte:1. Band:7. Heft:Ueber ein sehr zweckmäßiges Material zum Binden bei Veredlungen
Band 1, Heft 7, Seite 342–343 | |
Görges | |
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Vielleicht ist es manchem Freunde der Pomologie erwünscht, wenn ich auf ein Material zu Pfropf- und Copulir-Bändern aufmerksam mache, das sich mir, ohne theuer zu seyn, als das bei Weitem beste und einfachste bewährt hat.
Bekanntlich hat man zu dem gedachten Zwecke bisher mancherlei Stoffe angewendet und empfohlen, namentlich Bast, Papier, Band und wollenes Garn. Alle diese Mittel lassen mehr oder weniger zu wünschen übrig. Bast, den man überhaupt nur, so lange er neu ist und in seinen weicheren Theilen gebrauchen kann, muß schon mit Wachs gestrichen seyn, wenn er nicht fasern und beim Zusammenbinden sich wieder lösen oder reißen soll, und ist, wenigstens hier, oft nicht einmal zu haben. Leinenes oder baumwollenes Band rollt sich gern wieder auf und läßt sich nicht gut in Knoten schlagen, daher man es wohl durch geschmolzenes Wachs zu ziehen pflegt, damit es sich besser anlegt und die Enden vermittelst des bloßen Andrückens befestigt werden können. Allein einestheils ist das Tränken mit Wachs eine mühsame und unangenehme Sache, anderntheils haben dergleichen präparirte Bänder den großen Fehler, daß sie bei längerem Gebrauche Hand und Messer beschmutzen und dadurch die Arbeit hindern, endlich sind sie zu theuer und verursachen, wenn viel zu pfropfen ist, verhältnißmäßig nicht unbedeutende Kosten. Gegen Papierstreifen, die ebenfalls mit Wachs getränkt seyn müssen, sprechen zum Theil dieselben Gründe; außerdem sind sie zu schwach, als daß man stärkere Pfropfreiser mit ihnen fest genug anziehen könnte. Wollenes Garn würde, da es dehnbar ist und der Nässe widersteht, dem Zwecke ganz gut entsprechen. Aber einfach genommen ist es ebenfalls nicht haltbar. Es muß daher mehrfach zusammengelegt werden, was wieder Mühe und Arbeit verursacht und auch diesen Verband zu theuer macht. Als wohlfeileres Ersatzmittel für Band und wollenes Garn habe ich wohl, wie auch Hr. Superintendent Oberdieck im ersten Hefte dieser Monatsschrift S. 6 erwähnt, dünnes baumwollenes Zeug benutzt, das ich der Egge nach in schmale Streifen riß. Ein Stück von 3 Fuß Länge und Breite zum Preise von 6 Ggr. 9 Pf. lieferte mir auf diese Weise ungefähr 140 Bänder, deren jedes also auf 4/7 Pf. zu stehen kam. Indeß sagte mir auch dieß Material nicht völlig zu, weil die Streifen doch auch erst gerissen seyn wollen und die sich in Folge davon abtrennenden losen Faden unangenehm und beschwerlich sind, auch suchte ich ein noch wohlfeileres Mittel.
Zufällig, und weil eben nichts Anderes zur Hand war, wurde ich vor einiger Zeit veranlaßt, sogenannten Twist zu gebrauchen, d. h. aus 7 bis 8 starken Faden zusammengedrehtes sehr dickes baumwollenes Garn, dessen man sich hier zum Stricken grober Jacken und Unterbeinkleider zu bedienen pflegt und lernte darin ein Material kennen, das allen Anforderungen entspricht, und das ich nach den Erfahrungen, die ich bereits gemacht habe, als ganz vorzüglich empfehlen kann.
Der Twist ist sehr weich und legt sich [343] so gut an, daß man mit ihm die Pfropfstelle[WS 1] fast luftdicht umwickeln kann und besitzt doch auch Elasticität genug, um nicht in die weiche Rinde einzuschneiden. Daneben trägt er wenig auf und man kann daher mit ihm noch bei geringem Räume, und wenn andere Zweige nahestehen, ankommen und während des Verbindens die Lage des Edelreises um so leichter im Auge behalten. Er hat gerade die Stärke, wie sie zur Befestigung gewöhnlicher Pfropfreiser nöthig ist, und läßt sich eben noch bequem mit der Hand durchreißen. Will man das Band stärker haben, so genügt es, ihn doppelt zu nehmen, was bei dem weiter unten angegebenen einfachen und bequemen Gebrauchsverfahren ohne Mühe geschieht. Auch läßt er sich gut in Knoten schlagen und springt nicht zurück, ehe dieser geschlossen ist. Endlich ist er höchst wohlfeil. Ein Pfund kostet 10 Ggr., ein Loth also zwischen 3 und 4 Pf., und letzteres gibt, einfach genommen, 40 Bänder von 26 Zoll Länge. Müßte man sich denn auch bei der Hälfte der Pfropfreiser des doppelten Twistes bedienen, so kommt dieß Material doch immer noch wohlfeiler, als die vorhin angeführten Stoffe, besonders, da es keiner weiteren Vorbereitung bedarf, um es benutzen zu können.
Uebrigens ist die Art seiner Anwendung ebenso leicht als bequem, und gibt meiner Meinung nach selbst dem von Fintelmann gerühmten Verfahren, die gewichsten Bänder neben einander auf eine Stange zu kleben und diese bei sich in die Erde zu stecken, Nichts nach. Man hat ein von ihm gewickeltes Knäuel in der Seitentasche des Rockes und läßt aus derselben das Ende heraushängen. Sobald das Pfropfreis aufgesteckt ist, faßt man das Ende, zieht den von sich selbst abwickelnden Faden nach dem jedesmaligen Bedürfnisse länger oder kürzer hervor, verdoppelt ihn nöthigenfalls, reißt ihn ab, und das Band ist fertig. Freilich dürfte es rathsam seyn, bei diesen und ähnlichen Verbänden mit nicht gewichsten Bändern die Copulirstelle, wenigstens auf der Seite, wo das Edelreis anliegt, vermittelst eines nicht zu großen Pinsels mit zerlassenem Wachse zu überstreichen. (Ich bediene mich einer Mischung von 2 Theilen Wachs und 1 Theile Colophonium.) Allein jedenfalls ist diese Arbeit, die man selbst noch bei gewichsten Bändern nöthig hält, viel weniger mühsam und unangenehm, als das Bestreichen oder Tränken derselben vor dem Gebrauche, sie erfordert eine geringere Menge Wachs und erspart die Uebelstände bei der Arbeit, deren vorhin Erwähnung geschehen ist.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Propfstelle