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Pomologische Monatshefte:1. Band:6. Heft:Ueber die Einrichtung und den Betrieb von Obstbaumschulen im Allgemeinen

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Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 6, Seite 262–268
Eduard Lucas
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Pomologische Mittheilungen
[262]
Ueber die Einrichtung und den Betrieb von Obstbaumschulen im Allgemeinen.

Zwei Wege stehen uns zu Gebote, den Obstbau in einer Gegend zu heben und zu verbessern; der eine derselben heißt: Verbessere den Zustand der bereits vorhandenen Obstbäume, der andere, ziehe kräftige junge Obstbäume von den geeigneten, besonders schätzbaren und tragbaren Sorten heran und lege zahlreiche neue Obstpflanzungen an. Es unterliegt keinem Zweifel, daß durch die Verbesserung des Zustands der vorhandenen Obstbäume in Baumgärten, auf Aeckern, an Straßen, viel schneller auf die Verbesserung und Hebung des Obstbaus eingewirkt werden kann und weit eher lohnende Früchte erzielt werden, als wenn erst junge, neue Anlagen gemacht werden sollen, und deßhalb bleibt jener erste Weg der richtigste und sicherste. Allein wenn er eingeschlagen werden soll, müssen schon eine Anzahl Obstpflanzungen da seyn, es muß schon nachgewiesen werden können, welche der etwa vorhandenen Obstsorten für die herrschenden klimatischen oder Gebrauchs-Verhältnisse nichts taugen, um sie durch Umpfropfen mit besseren, einträglicheren Sorten verbessern zu können. Es wäre in vielen Fällen weit ökonomischer und besser, die vorhandenen Pflanzungen durch richtige Behandlung und sorgfältige Pflege erst einträglicher zu machen, und zugleich die Lebensdauer der Bäume zu verlängern, und also auf dem nämlichen Raume weit mehr Obst zu produciren, als seither, oder als bei dem seitherigen Zustande nur bei einer beträchtlichen Vermehrung der Pflanzungen und demnach auch bei bedeutend größerer Erforderniß an Grund und Boden zu erzeugen möglich [263] wäre, als eine solche Vermehrung der Pflanzungen, durch großartige Neuanlagen, wie sie in neuerer Zeit öfters in’s Leben gerufen worden sind, dadurch andere Kulturen gewöhnlich beschränkt und mehr oder weniger beeinträchtigt werden.

Doch ist das Leben der Bäume bekanntlich nicht von ewiger Dauer, und wenn wir auch eine über 200jährige Lebensdauer einzelner freistehender Birnbäume nachweisen können, so darf doch wohl angenommen werden, daß die Mehrzahl unserer Kernobstbäume nicht das 100ste Jahr in gesundem und noch ertragsfähigem Zustand erleben. Neupflanzungen sind daher von Zeit zu Zeit durchaus nöthig, um den Stand der Obstbaumpflanzungen auf der erwünschten Höhe und Ausdehnung zu erhalten, und da im großen Durchschnitt von je 100 Bäumen jährlich 3 absterben, so sind schon bei einem Stand von 5000 Kernobstbäumen von verschiedenen Arten jährlich 150 Stück nöthig, um jenen Normalstand auf der gleichen Höhe zu erhalten. Die Zahl der Kernobstbäume in Württemberg ist auf 4,725,102 St. in den Beiträgen zur Statistik der Landwirthschaft von Dr. Sick, Stuttgart 1854,[WS 1] berechnet, es würden demnach allein zum Nachpflanzen jährlich nöthig seyn 143,723 Kernobstbäume. Rechnen wir dazu noch die vorhandenen 3,223,572 Steinobstbäume, deren Lebensdauer durchschnittlich kaum halb so lang ist als die unserer Apfel- und Birnbäume, und von denen jährlich von 100 mindestens 7, richtiger wohl 8–9 St. abgehen, so müßte man (bei 8 % Abgang) circa 250,000 Stämme derselben haben, um jenen Stand zu erhalten; also wären im Ganzen in Württemberg jährlich circa 400,000 Bäume nöthig, um unsere Obstbäume in der gegenwärtigen Anzahl zu erhalten. Hiezu kommt nun aber, daß an sehr vielen Orten, namentlich in den letztern Jahren, zahlreiche und zum Theil beträchtliche Neuanlagen in’s Leben gerufen worden und beschlossen sind, und daß sich überall die Pflanzungen eher vermehren als mindern, so daß sich der jährliche Bedarf an jungen Obstbäumen in Württemberg immerhin auf 500,000 St. stellen dürfte, besonders wenn man mit in Betracht nimmt, daß man für die rauheren Theile des Landes, in denen jetzt weit mehr gepflanzt wird, als früher, bei dem zum Theil noch mangelhaften Baumsatz häufig statt 3 % jährlichen Abgang, 5–6 % rechnen muß, welcher jedes Jahr 3–4 Jahre lang nach der Anlage zu ersetzen und nachzupflanzen ist.

Von 500,000 Obstbäumen, die zur Erhaltung und Ergänzung der vorhandenen Obstpflanzungen jährlich erforderlich sind, müssen aber jene Zwetschen- und Kirschenbäume in Abzug gebracht werden, die nicht in Baumschulen erzogen werden, sondern aus Grasgärten, von Feldrainen und in Lichtungen der Wälder ausgegraben werden, und ohne Weiteres zur Anpflanzung kommen. Die Veredlung derselben, wo sie geschieht, erfolgt erst nach Verlauf einiger Jahre durch Pfropfen in die Krone. Von den jährlich nachzupflanzenden 250,000 Steinobstbäumen mag immerhin über 2/3 auf diese Art zur Anpflanzung kommen, und es dürften nur noch 80,000 St. jährlich zu erziehen für die Baumschulen übrig bleiben. Zu diesen kämen nun aber die zahlreichen Pyramiden, Spalier- und Zwergbäume, die theils zur Nachpflanzung, theils zu Neupflanzungen für die Gärten gebraucht werden, und welche jedenfalls eher mehr als weniger denn jährlich 10,000 Stämmchen betragen dürften. Das Beerenobst ist nur sehr schwer in Anschlag zu bringen. Demnach [264] blieben zu erziehen jährlich 350,000 junge Obstbäume.

Von diesen Bäumen mögen nun aber wenigstens 50,000 St. jährlich von unseren Weingärtnern im Neckar- und Remsthal in den geringern Weinbergen gezogen werden (es kommen von denselben nicht selten auf einen, der zur Pflanzzeit in Eßlingen abgehaltenen Baummärkte allein gegen 10,000 Bäume, die fast alle in den Weinbergen gezogen sind), so daß also noch 300,000 St. Bäume jährlich den Baumschulen zu liefern bleiben.

Nehmen wir an, daß eine Baumschule von 10 Morgen, die bei 7jähriger Erziehungsdauer und 3jährigem Wechsel mit andern Culturen jährlich 1 Morgen mit Bäumen neu anlegt und auf denselben nach Abzug der Wege u. s. w. 8000–9000 Wildlinge jährlich anpflanzt, und nach Abzug derjenigen Bäume, die je nach der Zucht und den allgemeinen Verhältnissen als Rückschlag in Abgang gerechnet werden müssen (25–33 %) jährlich 5–6000 St. Bäume liefert, so sind zu jener Anzahl Bäume 50–60 solcher Baumschulen erforderlich, oder im Ganzen ein Flächenraum von 5–600 Morgen (à 38,400 □′).

Der Betrieb einer solchen Baumschule kostet genau berechnet 8–900 fl. jährlich; werden die jährlich zu liefernden 5000 St. Obstbäume durchschnittlich verwerthet, in einem Jahr einige 100 mehr, in andern in gleichem Verhältnisse weniger, so ergibt sich, den Baum nur zu 15 kr. (4 Sgr.) angeschlagen, (es kostet jetzt 1 Apfelbaum 12–24 kr., 1 Birnbaum 24–36 kr., 1 Zwetschenbaum 12–20 kr.) ein jährlicher Ertrag von 1250 fl., also von jeder Baumschule bei diesen mäßigen Ansätzen 350–450 fl. Reinertrag. Hierbei bleibt der Ertrag des innerhalb einer jeden Baumschule zu je 3 Morgen angenommenen Wechselplatzes, der zum Anbau von Gemüsen, Futterpflanzen, zur Samenzucht u. s. w. verwendet wird, ganz außer Berechnung.

Würden die Oberamtsbezirke des Landes, in denen es an guten Obstbäumen und größeren Baumschulen fehlt, jedes eine Baumschule, die nach den Bedürfnissen einen Flächenraum von 5–10 Morgen erhalten könnte, einrichten und diese, nach einem von einem erfahrenen Baumzüchter geprüften Plan, durch einen tüchtigen Distriktsbaumwärter besorgen lassen, so würden nicht nur erhebliche ökonomische Vortheile daraus erwachsen, es würde auch der Zustand der Obstkultur wesentlich gebessert und der Ertrag derselben allmählig gesteigert werden. Es könnte auch jeder Bezirk jährlich eine Anzahl Obstbäume von den nutzbarsten Sorten ärmeren Gemeinden gegen halben oder Viertelpreis überlassen; etwaiger Ueberfluß könnte zur Anlegung von Allmandpflanzungen benutzt werden, denn der eigentliche Zweck dieser Baumschulen sollte nicht seyn zu spekuliren, sondern dem allgemeinen Wohl und Besten zu nützen.

Vergleichen wir nun aber mit diesem wirklichen jährlichen Bedarf an jungen Obstbäumen die Masse der in den letztern 15 Jahren in Folge der früher für dieselben erlösten hohen Preise (1 Apfelbaum 36 kr., 1 Birnb. 42–54 kr., ja selbst über 1 fl. u. s. w.), herangezogenen jungen Bäume, die beträchtlichen Baumschulen von Privaten, von denen mir 5 bekannt sind, die dieses Jahr jede circa 10–20,000 Stück verpflanzbare Kernobsthochstämme liefern können, dazu die große Menge von kleinen Baumschulen und die Menge von aus den Weinbergen gelieferten Obstbäume, so muß man, namentlich wenn man außerdem in Betracht zieht, daß von Bayern aus leider noch immer [265] in einige Theile des Landes von Baumhändlern, die hausiren, Bäume eingeführt werden, sich nicht wundern, wenn die Baumschulbesitzer bittere Klagen führen und wenn eine Menge von kleineren und größeren Baumschulen abgehen, da sie nur Schaden statt Gewinn liefern. Mag man die Sache rechnen wie man will, so kann, auch bei gutem Absatz, in Baumschulen unter 8–9 kr. (2½ Sgr.) im Durchschnitt ein vollkommener Hochstamm nicht erzogen werden[1]; dann hat aber der Baumzüchter für seinen Betrieb im Allgemeinen und als Handelsgewinn noch gar nichts, auch Risico und Zins aus dem Betriebskapital ist dabei ungerechnet. Wie viele Tausende von schönen, kräftigen Hochstämmen wurden nun aber auf den Baummärkten in Stuttgart, Eßlingen, Göppingen, zu 6 kr., ja selbst zu 4 kr. das Stück in den letzten 3–4 Jahren verkauft! Dieser enorme Preisrückschlag hat plötzlich der vorher so sehr allgemein gewordenen Erziehung junger Obstbäume zur Spekulation einen Hemmschuh eingelegt. Wie jedes Ding seine 2 Seiten hat, so auch hier; es sind, durch die hohen Preise angelockt, von Spekulanten Baumzuchten veranlaßt worden, die sicher zur Hebung des Obstbaues nichts beizutragen vermochten; es gibt noch jetzt solche größere Baumschulen, wo man nur weiß, daß hier Apfel-, dort Birnbäume stehen, die einzelnen Sorten aber ganz oder fast ganz unbekannt sind; wenn solche Baumschulen eingehen, so ist es kein Schade; allein es sind auch diesen ungünstigen Absatzverhältnissen Baumschulen anerkannter Pomologen unterlegen, die sich die Aufgabe gestellt, nur richtig benannte, besonders schätzbare Sorten zu verbreiten, und dieß ist um so mehr zu beklagen, als die Zahl der Pomologen, welche Baumzucht treiben, verhältnißmäßig sehr klein ist und die Erziehung junger Obstbäume größtentheils in Händen von Baumzüchtern ist, die von Pomologie wenig Kenntniß haben.

Werfe ich nun einen Blick auf die Qualität der in den 2 letzten Jahrzehnten erzogenen Bäume, so tritt noch gar oft der traurige Mißstand vor Augen, daß man das Veredeln als die Hauptsache der Baumzucht betrachtete und gar zu wenig Sorgfalt auf die schöne Bildung des Stammes wendete. Ein sehr bezeichnender sonderbarer Fall kam im Oehringischen vor. Es waren im Winter 1844/45 bei sehr hohem Schnee die Hasen in eine Baumschule eingedrungen und hatten auf eine furchtbare Weise gewirthschaftet. Der Besitzer klagte gegen den Eigenthümer der Jagd mit dem Bemerken, daß er die meisten seiner Bäume die 3–4 Jahr alt waren (nach der Veredlung), dicht am Boden wegschneiden müsse. Die Experten berechneten den Schaden sehr hoch und es entspann sich darüber ein Streit, wodurch die Entscheidung über den zu leistenden Ersatz über ein Jahr hinausgeschoben wurde. Nach dieser Zeit wurden andere Experte zur Begutachtung des Schadens herbeigezogen und diese erklärten, daß die früher von Hasen beschädigten und dicht über der Veredlungsstelle abgeschnittenen jungen Bäume jetzt schöner seyen, als die von den Hasen damals unversehrt gelassenen, so daß dieser Hasenfraß sogar noch für die Baumschule zu einem beträchtlichen Vortheil geworden sey. In der That sind [266] jene stark beschädigten Bäume eher verkäuflich geworden, als die andern.

Durch den starken Rückschnitt der vorher an Pfählen schwach hinaufgezogenen Stämme wurden dieselben zu einem neuen und weit kräftigeren Trieb gebracht, und so war es allerdings natürlich, daß der Schaden sich in Gewinn verwandelte.

Als ich im Jahr 1850 einen Theil von Oberschwaben bereiste, besuchte ich auch einen der ersten von mir herangebildeten Baumwärter zu Ertingen bei Riedlingen. Vater und Sohn freuten sich ungemein über meinen Besuch, allein der Vater, der auch eine kleine Baumschule besitzt, klagte mir, er könne jetzt leider fast keine Bäume mehr verkaufen, während die Bäume seines Sohnes den besten Abgang fänden. Die Baumschule des Vaters enthielt nur dünne, schlecht erzogene Stämme, die des Sohnes dagegen enthielt bei Anwendung der Dittrich’schen Erziehungsmethode, die ich mit einigen Modifikationen hier eingeführt und meinen Schülern stets besonders eingeprägt habe, nur starke, schöne kräftige Stämme, die nicht halb so alt, wie die des Vaters, aber noch einmal so stark waren.

Für alle Baumschulen, die in rauhen Lagen und überhaupt in nicht ganz günstigen Verhältnissen sich befinden, ist durch die Dittrich’sche Erziehungsmethode mit den in meiner Schrift „die Gemeindebaumschule, 2. Aufl.“ gegebenen Verbesserungen, namentlich den Zapfenschnitt am Leitzweig, wodurch die Krümmungen des Stammes fast ganz zu vermeiden sind, die noch manchen Baumzüchter von derselben abhalten, das Mittel gegeben, nicht nur weit schönere, stärkere Bäume, sondern auch in kürzerer Zeit dieselben zu erhalten, und auch solche, die von Natur einen zu schwachen Trieb haben, doch zu nützlichen Bäumen, seyen es Pyramiden oder Halbhochstämme, heranzubilden, während die letztern sonst nur entweder Ausschuß waren, oder als ganz untauglich beseitigt werden mußten.

Um so mehr ist es zu bewundern, daß in der Baumschule des Thüringer Gartenbauvereins in Gotha diese Erziehungsmethode, wie mir Hr. Pfarrer Koch in Friemar im Herbst 1853 erzählte, wieder aufgegeben wurde; jedenfalls muß diese Baumschule sich in überaus günstigen Bodenverhältnissen befinden, wenn sie bei der Erziehung des Stammes ohne Nachhülfe durch das Messer ihre Rechnung findet.

Solche günstige Verhältnisse, wo ohne Beihülfe des Messers die jungen Obstbäume (mit Ausschluß einiger, als besonders starkwüchsig bekannten Sorten) starke, schöne Stämme bilden, sind nicht gerade häufig. Bei uns finden wir sie besonders bei den in Weinbergen gezogenen jungen Obstbäumen, aber so schön diese auch aussehen, so vollkommene Wurzeln, glatte und schöne Stämme sie haben, so sind sie doch, als aus den geschützten Lagen, in denen der Weinstock gedeiht, stammend, zu sehr an ein mildes Klima gewöhnt, um in rauheren Lagen, wie auf der Alb, in Oberschwaben u. s. w., gut fortzukommen, und es lassen sich daher vielfache Klagen hören über das Nichtgedeihen derselben.

Aber dieselben Klagen werden auch laut über die aus dieser oder jener freigelegenen Baumschule bezogenen Bäume, und gerade unsere Hohenheimer Baumschule hat eine Reihe von Jahren lang diese Klagen in solchem Grade veranlaßt, daß man z. B. in Oberschwaben häufig noch jetzt der Ansicht ist, die Bäume aus der Hohenheimer Baumschule [267] seyen zu zärtlich erzogen und kämen deßhalb in jenen Gegenden nicht fort.

Forschen wir aber genauer nach den Ursachen dieses Mißrathens des Baumsatzes, so finden wir, daß meistens, wenigstens kann ich dieß von der Hohenheimer Baumschule genau versichern, entfernt nicht in einer Verzärtelung der Bäume durch zu guten Boden, der Grund ihres Nichtfortkommens liegt, sondern gerade im Gegentheil darin, daß der Grund zu mager war. Es bestanden eine lange Reihe von Jahren 2 Baumschulen hier, und erst 1845 wurde, nachdem viele Tausende junge Bäume durch den Frost getödtet worden waren, die eine gänzlich und für alle Zeit verlassen. Diese sog. untere Baumschule umfaßte einen Raum von 45 württ. Morgen. Leider war der Boden für junge Obstbäume durchaus nicht tauglich; er hatte nicht die nöthige Tiefgründigkeit, da eine sehr zähe Schicht von mit Liassandsteinen durchschichtetem gelben Letten, hier schon oft 1′ unter der Krume liegt, wodurch der Boden naß und kalt wurde, und ferner war vor der Anlage als Baumschule ein Baumgut da gewesen, von dem damals zwischen den jungen Bäumen noch einzelne Bäume und Gruppen derselben standen, die aber ebenfalls auf diesem Boden sehr geringe Erträge lieferten, jedenfalls aber fanden die jungen Obstbäume in diesem für ihre Ausbildung bestimmten Boden gar zu wenig Kraft. Ihre Entwicklung war daher auch eine äußerst langsame, ihre Wurzelbildung eine sehr unvollkommene. Die Bedingungen zum guten sicheren Anwachsen fehlten; die Bäume hatten nicht Gelegenheit, eine gewisse Menge von Nahrungsstoffen in ihr Gewebe aufzunehmen und dieselben dann zur Bildung neuer Wurzeln und Triebe zu verwenden, die säfteleitenden Gefäße waren in Folge ihres äußerst langsamen Wachsthums zu sehr verholzt, die Rinde sehr fest, hart und zähe, und dieß war der Grund, warum so viele Bäume aus der erwähnten Baumschule weder in wärmeren und besseren Lagen, noch in rauheren und schlechteren gerathen sind. Seit die jetzige Baumschule, die einen tiefgründigen Lehmboden hat, im Betrieb ist und aus dieser Bäume abgegeben werden, klagt Niemand mehr über Nichtanwachsen. Möchte dieses Beispiel zur Warnung dienen für Baumschulbesitzer und Baumpflanzer, damit sie einestheils ihren Baumschulen einen so kräftigen Boden geben, daß die Bäume in 7–8 Jahren ihre volle Ausbildung und Stärke erlangen, anderntheils Bäume aus Baumschulen, deren Boden ausgesogen und kraftlos ist, nicht pflanzen und endlich doch von dem Glauben lassen, daß Bäume in schlechtem Boden gezogen, in allen Verhältnissen, also auch in geringeren Böden gut gedeihen und zwar besser als solche, die in einem kräftigen Lande aufgewachsen seyen, was durchaus unrichtig ist. Allein ebenso viel wie auf den Boden, kommt es auf die Lage einer Baumschule an. Freie, offene, unbeschützte Lage und guter kräftiger Boden sind die Hauptbedingnisse für eine Baumschule, die uns Bäume an die Straßen, auf die Felder u. s. w. liefern soll. Wie selten entsprechen nun aber die Gemeindebaumschulen diesen Erfordernissen. Jeder Ort hat seine beschützten, warmen und eingeschlossenen Lagen; gerade solche sucht man gewöhnlich zu Baumschulen aus; es können demnach auch Bäume, in einer zu dem Ort gehörigen, zwischen den hohen Mauern des Friedhofs, der Kirche u. s. w. eingeschlossen gelegenen Baumschule erzogen, für die freien und offenen Lagen in derselben Gegend viel zu zärtlich erzogen seyn.

So sehr es auf der einen Seite erwünscht [268] seyn muß, recht zahlreiche Gemeindebaumschulen in’s Leben treten zu sehen, so ist bei der Schwierigkeit, die in gar vielen Fällen, bezüglich einer wirklich geeigneten Lage, für viele derselben sich findet, und da ein tüchtiger Baumzüchter in einem Bezirke oder Oberamt leichter zu erhalten ist, als 20–30 derselben, es vorläufig sehr wünschenswerth, wenn nur in jedem solchen Bezirk wenigstens eine größere Baumschule in schwunghaftem Betrieb dasteht, welche die für den Bezirk ungefähr nothwendige Anzahl Bäume in den besten, tauglichsten und einträglichsten Sorten liefert. Man sey aber bei der Wahl von einem Grundstück für dieselbe um so vorsichtiger, als gerade davon das fernere Gedeihen abhängt und ein Fehler hier von den nachtheiligsten Folgen ist. Freie, offene Lage und guter tiefgründiger Boden, der nicht durch stauende Nässe leidet, noch Ueberschwemmungen ausgesetzt ist, bleibt immer das erste Erforderniß.

Möchten diese Zeilen, die, wenn sie auch von den Verhältnissen des Obstbaues in Württemberg ausgehen, doch für so manche Gegenden Deutschlands ihre Anwendung finden, dazu dienen, auf eine planmäßigere Erziehung der jungen Obstbäume hinzuleiten, sowie vor der Anlage von Baumschulen von zu großer Ausdehnung zur Spekulation zu warnen; es hat sich hierbei schon mancher Gärtner und Oekonom, der sonst das Rechnen wohl versteht, sehr verrechnet. Eine Baumschule ohne hinreichenden Absatz ist ein sich selbst verzehrendes Kapital. Dagegen werden geordnete Baumschulen, seyen es Privat-, Gemeinde- oder Distriktsbaumschulen, die ihre jährlichen Anpflanzungen nach einem, dem Bedarf entsprechenden Plan einrichten, sich gewiß rentiren. In der Größe und dem Umfang einer Baumschule liegt auch nicht ihr Werth und ihre Bedeutung, sondern in der Richtigkeit und sorgfältigen Auswahl ihres Sortiments und in der intensiven Kultur der angepflanzten jungen Bäume, also darin, daß wenigstens ¾ der angepflanzten Stämmchen zu schönen, preiswürdigen Bäumen erzogen werden. Eine Baumschule, die 20 Jahre lang jährlich 1000 St. Bäume liefert, ist aber sicher rentabler, als eine solche, die die gleiche Zahl (nämlich 20,000 St.) in 1 Jahre zum Verkauf bringen kann; dieß läßt sich durch viele Erfahrungen beweisen, und deßhalb möge auch jeder, der eine Baumschule anlegt, gleich von vorn herein möglichst gleiche Abtheilungen (Schläge) bilden (10–12), von denen jährlich nur eine zur Anpflanzung kommt. Gewöhnlich wird aber anders verfahren; man bestimmt einen Platz zu einer Baumschule und pflanzt denselben, um recht bald viele Bäume zu erhalten, ganz, oder wenigstens sogleich zur Hälfte an. Da es dann später an Raum fehlt und man doch die Baumzucht fortsetzen möchte, der Platz auch einmal umzäunt ist, so ist man genöthigt, gleich wieder auf denselben Platz, von welchem erst Bäume genommen wurden, wieder nachzusetzen. Solche Baumschulen liefern aber leider zum großen Theile dann nur Schwächlinge und krüppelhafte Bäume; sie nützen zur Förderung des Obstbaus nichts und sind ein fortlaufender Schaden für den Baumzüchter.

Ed. Lucas.

  1. Metzger hat in seiner schönen Baumschule zu Pleikartsförsterhof bei Heidelberg wohl viele Tausende von Hochstämmen erzogen, die ihm nur pro Stamm 6 kr. kosteten, allein solche günstige Verhältnisse, wie sie dort statt hatten, finden nur ganz ausnahmsweise statt.

Anmerkungen (Wikisource)