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Pomologische Monatshefte:1. Band:2. Heft:Beiträge zur Kultur des Himbeerstrauchs

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Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 2, Seite 53–59,
unter: Praktischer Obstbau und Obstbenutzung
Eduard Lucas
Himbeere
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Die Hebung des Obstbaus und die Vermehrung der Obstsorten
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Ueber die neue Himbeere Merveille des quatre saisons à fruit blanc
[53]
Beiträge zur Kultur des Himbeerstrauchs.
Von Garteninspektor Lucas in Hohenheim.

Obgleich dieser Strauch schon den Alten als Brombeere vom Berge Ida bekannt war, hat derselbe im Verlauf der Zeit doch nur wenig von seiner ursprünglichen Beschaffenheit verloren[1]. Erst in jüngster Zeit sind zahlreiche und zum Theil sehr werthvolle neue Varietäten erzielt worden, unter denen die Fastolff-Himbeere und die Merveille des quatre saisons (eine Art Monatshimbeere) die hervorragendsten und beliebtesten geworden sind. Die „Schöne von Fontenay,“ eine Zwerghimbeere von ausgezeichneter Güte und Fruchtbarkeit, und die in den Annales de Pomologie abgebildete Victoria-Himbeere, werden sich bald jenen bei uns berühmt gewordenen Sorten anreihen und sich in unseren Gärten als Lieblinge einbürgern.

Die Fastolff-Himbeere, die größte, saftvollste und aromatischste der bekannten Sorten, ist in England gezogen worden. Bivort’s Album, welches eine vortreffliche Abbildung dieser Sorte im Jahrgang 1851 liefert, sagt, daß nach Angabe des Gardener’s Chronicle diese schöne Himbeere schon vor 25 Jahren (?) in dem Garten des Colonel Lucas zu Filby-House bei Yarmouth aufgefunden worden wäre, ihre Kultur aber viele Jahre auf die Umgebungen von Filby beschränkt geblieben, so daß sie erst seit 4–5 Jahren in die Gärten des Kontinents gekommen sey. Diese Angabe scheint etwas zweifelhaft, indem es in der That unerklärlich wäre, wie eine so ausgezeichnete neue Sorte 20 Jahre lang in England cultivirt worden sey, ohne daß der so ungemein rührige Speculationsgeist der englischen Gärtner davon Notiz genommen hätte.

Die Fastolff-Himbeere treibt sehr starke, auf der Sonnenseite röthlich angelaufene Schoße mit ziemlich zahlreichen doch nicht sehr starken, theils auf- theils abwärts gekrümmten röthlichen Stacheln bekleidet. Das Blatt ist gefiedert, 3–5blättrig, die Blättchen breit eirund, von starker Textur, schöner dunkelgrüner Oberfläche und unterhalb stark befilzt.

Besonders kenntlich ist die Frucht, die sehr groß, dunkelroth, stumpfkegelförmig und von festerer Beschaffenheit als die der anderen Himbeeren ist, wodurch sie sich sowohl zum Einmachen, wie zum Marktverkauf, [54] besonders aber zum Versenden, vorzüglich eignet.

Die Merveille de quatre saisons-Himbeere (Wunder der vier Jahreszeiten) wurde nach Bivort’s Album bei Simon Louis in Metz aus dem Samen der Fastolff-Himbeere erzogen; sie trug 1847 das erste Mal; jetzt zeigt dieselbe Pflanzenhandlung eine neue Abart dieser Sorte mit weißen Früchten an, jedenfalls eine sehr interessante Acquisition für unsere Gärten. Was die Abstammung obiger Sorte, die zu den Alpen- oder Monats-Himbeeren gehört und recht füglich „Metzer große rothe Monats-Himbeere“ genannt werden könnte, betrifft, so ist es kaum glaublich, daß sie aus der Fastolff entsprungen sey, da sie in allen Theilen von letzterer sehr verschieden ist; eher möchte ich glauben, daß sie eine Hybride sey von der Fastolff und der ächten stachellosen Monatshimbeere[2], da sie die röthlichen Stacheln der erstern und die übrigen Eigenschaften der letztern zeigt. Es ist diese Sorte sehr kenntlich und unterscheidet sich namentlich von der Monats-Himbeere (die heute den 10. September hier ihre ersten Früchte in diesem Herbst liefert) durch ihre oft 2′–2½′ langen Seitentriebe und weit lockerern Blüthenrispen, sowie auch durch mindestens 2–3 Wochen späteres Reifen der Herbstfrüchte aus und vorzüglich durch ihre Stacheln. Die Monats-Himbeere hat eine fast ganz glatte grüne Rinde, die Merveille-Himbeere hat ebenfalls eine grüne glatte Rinde, aber dieselbe ist mit ziemlich starken schön gerötheten Stacheln, die auf einer breit eiförmigen rothen Basis sich erheben, bekleidet; bei der Monats-Himbeere zeigen sich nur einzelne Spuren derselben. Die Blätter der Merveille sind auch 3–5blättrig, wie die der anderen Sorten, die Blättchen aber länglicher und fast eilanzettförmig; auch sind sie nicht halb so tief gesägt, wie die der Fastolff; sie nähern sich auch hierin mehr denen der Monats-Himbeere.

Die Merveille-Himbeere ist die einträglichste Sorte, da die Sommertriebe schon im ersten Jahre einen sehr reichen Ertrag geben und sodann im nächsten Frühjahr abermals eine sehr frühe und reiche Ernte liefern. Die Früchte sind groß (doch stehen sie in der Größe der Fastolff merklich nach), und sehr saftreich und weich; sie sind zur Gewinnung von Himbeersaft von ganz vorzüglichem Werthe, taugen aber nicht gut zum Versenden und müssen für den Obstmarkt mit großer Vorsicht gepflückt werden. Wegen der spät eintretenden Reife muß diese Sorte an warmen und etwas geschützten Standorten gezogen werden, indem sonst die Früchte nicht auszeitigen; ein kleiner Frost schadet ihnen jedoch gar nichts.

Die Zwerg-Himbeere Schöne von Fontenay, Belle de Fontenay, ist nach einem in diesem Frühjahr von meinem verehrten Freunde H. Maurer in Jena bezogenen Exemplare (ich habe noch keine Beschreibung und Abbildung dieser Sorte finden können) eine wirklich überaus schöne und äußerst fruchtbare, vorzügliche und großfrüchtige rothe Himbeere. Sie zeichnet sich durch sehr gedrungenen Wuchs und dicht gestellte Knospen aus; ihre Triebe sind stark, ihre Rinde grün und größtentheils dicht mit feinen, aber ziemlich festen, bräunlich rothen Stacheln besetzt. Das Blatt ist wie bei den anderen Sorten ungleich gefiedert, die zwei unteren Blätterpaare sind eilanzettförmig, das Mittelblättchen rundeiförmig; alle Blättchen haben eine ebene und nicht wie es sonst oft vorkommt, gewölbte [55] Blattfläche und sind ungemein langgespitzt und doppelt gesägt, mit scharfen in einen grünen Krautstachel auslaufenden Sägezähnchen. Ich erntete von einer mittelstarken dieses Frühjahr erhaltenen Pflanze über 40 der herrlichsten dunkelrothen Beeren, die in ihrer Größe denen der Fastolff sehr wenig nachstanden, in der Güte ihnen gleichkamen.

Ueber die Victoria-Himbeere sagt Bavay in den Annales de Pomologie, wo diese Sorte abgebildet ist, daß diese köstliche Sorte aus England stamme und als die späteste Remontant-Himbeere (eine andere Bezeichnung der Monats-Himbeere) zu betrachten sey; sie trägt im Juli nur wenig, dagegen zeigt sie eine sehr große Fruchtbarkeit vom August bis November. Die Stengel sind rund, hellgrün, auf der Sonnenseite geröthet und wenig mit dünnen Stacheln versehen. Die Blätter sind dreiblätterig, oben dunkelgrün, unterhalb filzig, die Blättchen herzförmig, stumpf gezähnt. Die Früchte sind groß, roth, zahlreich im Herbste, etwas sammtartig, von sehr angenehmem obgleich etwas säuerlichem Geschmacke. Sie wird wegen ihrer späten Reife in den deutschen Gärten ebenfalls einen warmen geschützten Standort verlangen.

Was nun die Kultur der Himbeere anbelangt, so wendet man neuerdings weit mehr Fleiß und Sorgfalt auf dieselbe als früher, und Dittrich’s Rath (s. Handbuch III. p. 623) „da dieser Strauch den Boden stark aussauge, ihn an einen abgesonderten Platz, wozu jeder schattige Winkel des Gartens tauglich sey, zu pflanzen“ wird von den neueren Cultivateuren schwerlich mehr befolgt werden. Allerdings findet man in Folge der gewöhnlichen Kultur in vielen Gärten noch wahre Wildnisse, statt ordentlich angelegter und gut erhaltener Himbeerbeeten, und trotzdem trägt dieser Strauch auch da, wenn nur der Boden fleißig gelockert und von Zeit zu Zeit gedüngt wird, reichliche und gute Früchte. Allein es ist ein ungeheurer Unterschied zwischen dem Ertrag bei der gewöhnlichen, und dem bei den neueren Kulturen, die den Lebensbedingungen dieses Strauches weit mehr Rechnung tragen.

Bei der Kultur kommen vorzüglich folgende Punkte in Betracht, die Anpflanzung, die Verjüngung resp. Rotation der Beete, Hülfsmittel zur Förderung des Wuchses der Sommertriebe und die Düngung, der Schnitt und das Anheften.

Ich will hier vier neuere Kulturangaben kurz neben einander stellen, die in Einzelnheiten abweichend, denselben Zweck erstreben und von denen jede eigenthümliche Vortheile bietet.

Vorher noch eine kurze Bemerkung über die verschiedenen Verzweigungen dieses Strauches. Der Himbeerstrauch hat folgende drei Arten von Verzweigungen: 1) Wurzeltriebe, die im Frühjahr aus den Wurzelknospen hervorkommenden Schößlinge; 2) Wurzelzweige, dieselben, wenn sie im zweiten Jahre stehen und Fruchttriebe tragen; 3) Fruchttriebe oder gemischte Triebe, mit Blättern und Blüthen versehene Verzweigungen der Wurzelzweige.

a. Kultur nach Dubreuil’s Cours d’arboriculture.

Anpflanzung. Man pflanzt die Stöcke entweder in fortlaufender Reihe auf einer Rabatte freistehend, oder am Fuße niederer, gegen Norden gelegener, Mauern. Es wird mitten auf dem Beet ein Graben von 1½′ Breite und 1¼′ Tiefe geöffnet und auf den Boden desselben, je 1¼′ entfernt, die Himbeeren gepflanzt und nur so [56] viel mit Erde bedeckt, daß ¾′ vom Graben noch offen bleiben. Von den gepflanzten Stöcken werden im ersten Jahre alle Blüthen entfernt, um recht vollkommene Wurzeltriebe zu erhalten.

Der Schnitt. Es werden im nächsten Frühahr alle alten Hölzer dicht am Boden weggeschnitten, die vorjährigen Triebe, die nun Früchte geben sollen, auf 3–4′ Länge geschnitten.

Anbinden. Man heftet die letztern, die Wurzelzweige, an eine Querlatte, die 1½′ von den Stöcken entfernt, 2′ über dem Boden vor denselben hinlaufend angebracht ist, an, wodurch der Vortheil erreicht wird, daß sich die Knospen, welche die Fruchttriebe

liefern, vollkommen und gleichmäßiger entwickeln, und daß die Sommertriebe, welche senkrecht aufwachsen, jene nicht stören und beschatten können. Die jungen Wurzeltriebe werden ebenfalls an eine Querlatte die sich entweder senkrecht über, oder etwas hinter den Himbeerstöcken hinzieht, angeheftet und von denselben die in zu großer Anzahl erscheinenden schwächeren entfernt, so daß die Sommertriebe an die für dieselben bestimmten Latten je 1/3 Fuß von einander kommen.

Verjüngung und weitere Pflege der Beete. Von der aus dem Graben herausgehobenen und an den Seiten niedergelegten Erde wird von Jahr zu Jahr je 3 Zoll hoch, mit Misterde untermischt, nachgefüllt, bis der Graben allmählig voll ist. Hierdurch sollen sich die Wurzelknospen kräftiger bilden. Bei dieser Behandlung tragen die Himbeerstöcke 8–10 Jahre lang gute Früchte, dann vermindert sich aber ihr Trieb und ihre Fruchtbarkeit und man muß deßhalb zu einer neuen Anpflanzung schreiten. Diese sollte aber zwei Jahre vor Zerstörung der alten Pflanzung vorgenommen werden, um nicht von Früchten ein Jahr lang ganz entblößt zu seyn. Will man auf dieselbe Stelle wieder pflanzen, so muß der Boden 1½′ tief und weit ausgehoben und mit neuer Erde ersetzt werden.

Diese Kultur ist einfach und hat vieles für sich; zur Erziehung des Himbeerrstrauchs an Mauern oder an Spalieren, die frei stehen, möchte es kaum eine zweckmäßigere geben. Besonders ist die oben berührte Art des Anheftens des alten und jungen Holzes an verschiedene Latten sehr empfehlenswerth.

b. Kultur nach Bivort’s Album der Pomologie.

Anpflanzung. Nachdem man einen günstigen Platz für eine Himbeerhecke ausgewählt, wird der Boden 1½′ tief in einem 4–5′ breiten Streifen aufgelockert und mit halb zersetztem Mist gut gedüngt. Man pflanzt Ende Oktober die Stöcke je 1¼′ entfernt in schönen kräftigen jungen Exemplaren an, wobei es sehr vortheilhaft ist, die Wurzeln mit gutem Kompost zu umgeben. Diese Pflanzung liefert schon im ersten (dem folgenden) Jahre einen guten Ertrag.

Verjüngung. Angenommen die Hecke sey 150 Fuß lang, so theilt man sie in 3, je 50 Fuß lange Theile. Nach dem zweiten Jahre der Anlage wird Ende Oktober der erste Theil ausgehoben und nach gehöriger Umarbeitung und Düngung des Boden wieder mit jungen Pflanzen neu besetzt, im folgenden Jahre der zweite und dann der dritte Theil. Pflanzen hat man stets im [57] Ueberfluß. So fährt man, alle 3 Jahre von vorn wieder beginnend, fort, bis die Stöcke durch Abnahme der Größe der Früchte zeigen, daß der Boden trotz des Düngens nun zu sehr erschöpft ist, und dann muß man an einem andern Orte eine neue Pflanzung beginnen, oder den Boden ganz ausheben und mit gutem Gemüsegartenland ersetzen.

Schnitt. Derselbe beschränkt sich auf weniges; es handelt sich hauptsächlich um das zeitige Unterdrücken der überflüssigen Wurzelschößlinge und um das Beschneiden der zu Tragholz bestimmten Wurzelzweige auf 31/3–4½ Fuß Höhe, sowie um die Wegnahme der Zweige, die abgetragen haben.

Diese Methode hat ebenfalls sehr viel Gutes, namentlich die frühen Erträge durch die Herbstpflanzung und die fortwährende Verjüngung der Beete, doch wird ohne das bei der vorigen empfohlene Anheften der jungen und vorjährigen Zweige ein zu dichter Stand und nachtheilige Beschattung der Früchte kaum zu vermeiden seyn.

c. Kultur nach Bavay (Annales de Pomologie 1853).

Pflanzung. Man pflanzt den Himbeerstrauch von November bis März in mittelleichten, frischen Boden in halbschattiger Lage; die zweimal tragenden Sorten dagegen an sonnige Stellen. Außer der gewöhnlichen Vermehrung durch bewurzelte Schößlinge, kann man die Himbeeren auch durch, in Stücken zerschnittene Wurzeln leicht fortpflanzen. Man pflanzt die Himbeerstöcke im Viereck, nach allen Seiten 3½ Fuß von einander entfernt; sie liefern auf diese Weise angepflanzt 6–7 Jahre lang gute Ernten, wenn man jeden Herbst ihnen eine Düngung gibt.

Schnitt. Bei Beginn des Frühjahrs werden zunächst alle alten Hölzer, die Früchte getragen haben, ausgeschnitten; sodann schneidet man alle jungen Stengel auf 3–3½′ Länge, damit sich alle bleibenden Knospen öffnen.

Auch hier ist von einem Anheften nicht die Rede und es weicht diese Methode vorzüglich in der Art und Weise der Anpflanzung von den beiden früheren wesentlich ab.

Ich komme nun zu einer eigenthümlichen und von den drei genannten Methoden sehr verschiedenen Behandlungsart, deren Resultate ich im Lauf dieses Frühjahrs und Sommers zu beobachten Gelegenheit fand, und die ich als die einträglichste zu recht vielfacher Anwendung empfehlen kann. Eine dieses Frühjahr hier nach dieser Art eingerichtete und behandelte Himbeerpflanzung verspricht für das nächste Jahr einen ausgezeichneten Ertrag. Es haben die jungen Triebe von diesem Frühjahr (trotz etwas später Anpflanzung) bis jetzt – Anfang September – bereits eine Höhe von 9 Fuß erreicht und zeigen in einem gewöhnlichen Lehmboden und halbschattiger Lage eine Ueppigkeit der Blätter, die jeden in Erstaunen setzt. Diese Methode, deren Kenntniß ich einem werthen Freund, dem Gutsbesitzer und Gemeinderath Herrmann in Ottmarsheim bei Besigheim (Württemberg) verdanke, habe ich vor Kurzem auch im Wochenblatt für Land- und Forstwirthschaft gerühmt. Herrmann hat mir darüber nun folgende eigenhändige Notizen gegeben.

d. Kultur nach Herrmann.

Pflanzung. Man setzt die Pflanzen im Spätherbst oder ganz zeitig im Frühjahre auf gut umgegrabenes oder nach Bedürfniß rigoltes und gut gedüngtes Land; am zweckmäßigsten in einfacher Reihe, je 3½–4′ von einander entfernt. Die Setzlinge werden ½′ über dem Boden eingestutzt um recht kräftige junge Sommertriebe zu erhalten. [58] Während des Sommers wird der Boden um die Stöcke herum fortwährend locker und rein gehalten und mehreremal mit verdünnter Gülle oder in Wasser gelöstem Kloakendünger begossen, (beschüttet), was einen außerordentlich günstigen Einfluß auf die Ergiebigkeit der Stöcke äußert.

Schnitt. Schon im August, also sogleich nach der Ernte, werden alle Fruchthölzer die abgetragen haben, am Boden weggeschnitten; von den aus den Wurzelstöcken hervorkommenden Schößlingen werden, außer den 2–3 stärksten und schönsten, die Mitte Mai, wenn die jungen Wurzeltriebe 1 Fuß lang gewachsen sind, ausgewählt werden, alle nachkommenden im Boden weggeschnitten. Die jungen Triebe erreichen in einem Jahre eine Höhe von 10–15 Fuß. Es wird denselben im Frühjahr nur die oberste Spitze ½–1′ lang weggeschnitten, welche, da sie nicht immer ganz ausreift, mitunter durch Fröste leidet und etwas eintrocknet. Im Mai, wenn die Seitentriebe, welche die Früchte liefern sollen, 2 Zoll lang hervorgetrieben sind, werden dieselben vom Boden an, bis 2½′ an den Stöcken hinauf ausgebrochen, damit diese den oberen, welche frühere und bessere Früchte liefern, nicht unnöthig die Nahrung rauben. Bei der Merveille-Himbeere, deren Sommertriebe schon im ersten Jahre Fruchtruthen austreiben, werden im Frühjahre alle diese Nebenzweige auf 3–4 Augen eingestutzt, wonach die bleibenden Augen Ende Juni wieder tragen und die ersten Himbeeren liefern.

Anheften. Dies ist bei dieser Erziehungsart eine Arbeit von großer Wichtigkeit und es werden dazu Pfähle von 15′ Länge (Bohnenstangen) erfordert. Man heftet an diese im Frühjahr die vorjährigen Schoße an und steckt den Pfahl je 1½′ von der Pflanze entfernt ein, damit die jungen Triebe gut und ungestört in die Höhe wachsen können. Anfang August,

sowie die Ernte vorüber ist, und die abgeleerten Zweige am Boden weggeschnitten sind, werden die inzwischen 5–6′ hoch gewachsenen 2–3 jungen Triebe an die Pfähle geheftet.

Im ersten Jahre thut man wohl, nur 1, höchstens 2 Triebe zu behalten, und alle andern wegzunehmen; vom zweiten Jahre an, werden an den stärkern Stöcken drei [59] Triebe wachsen gelassen, an den etwas schwächern nicht mehr als zwei.

Die Stöcke, die nach dieser Methode behandelt, ganz frei stehen und Luft und Sonne in hinreichendem Grade genießen, behängen sich von 2½′ über dem Boden an, bis zu 12–14′ Höhe, voll der herrlichsten und schönsten Früchte und geben als die reizendsten Pyramiden eine große Zierde für jeden Garten.

Der durchschnittliche Ertrag ist 2 Maaß (4 Pfd.) Früchte vom Stock, bei recht guter Behandlung und reicher Sommerdüngung wurden auch schon 3 Maaß geerntet. Dies entspricht einem Geldertrag von 24–30 kr. Nimmt man nun bei 3½–4′ Entfernung 15 □′ für den Stock an, so kommen auf 100 □′ 6–7 Stöcke, die, den Ertrag eines Stockes nur durchschnittlich zu 20 kr. angeschlagen, 2 fl.–2 fl. 30 kr. jährlich eintragen, was auf ¼ Morgen schon beinahe 200 fl. ausmacht.

Die Stöcke dürfen nicht länger als sechs Jahre an derselben Stelle stehen, denn nach dieser Zeit vermindert sich ihr Ertrag und die Früchte werden kleiner; man thut also wohl, um stets Himbeere in vollem Ertrage zu haben, je alle 3 Jahre eine neue Pflanzung anzulegen.

Es ist keine Frage, daß diese Kultur Hermann’s den Vorzug vor den vorgenannten dreien verdient, indem hier der Himbeerstrauch eine Entwicklung und Ausbildung erlangt wie sonst niemals, und in seinen Erträgen gewiß auch jene Methoden übertrifft, denn gerade an den oberen Theilen der Triebe finden sich bei dieser Behandlung die frühesten und schönsten Früchte.

Auf den Werth der Kultur der Himbeere darf ich bei dem vielfachen Bedarf und ihrer mannigfaltigen Verwendung zu Himbeersaft, Himbeeressig, zum Einmachen etc. nicht erst aufmerksam machen; aber darauf will ich noch schließlich hindeuten, daß dieser Strauch bei richtiger Pflege und Behandlung zu den einträglichsten Kulturen gehört.


  1. Annales de Pomologie 1854.
  2. Es kommt auch eine Art Monats-Himbeere mit röthlich angelaufenen und ziemlich reich mit Stacheln bekleideten Trieben vor.