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Poeten der „Gartenlaube“

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Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Poeten der „Gartenlaube“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 354–355
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[354] Poeten der Gartenlaube. Daß sich in dem industriereichen Wupperthale eine so zahlreiche Kolonie talentvoller Dichter angesiedelt hat, ist längst bekannt, und wer sich für diese Dichter interessirt, den verweisen wir auf die Schrift von Albert Herzog „Die neuere Litteratur im Wupperthale“ (Barmen, D. B. Wiemann), in welcher sich ansprechende Porträts der Poeten finden, die dort längere oder kürzere Zeit verweilt haben. Drei von ihnen sind als fleißige Mitarbeiter unseres Blattes den Lesern desselben wohlbekannt und wir wollen nach Herzogs Mittheilungen kurze biografische Notizen über dieselben bringen.

Emil Rittershaus ist am 3. April 1834 zu Barmen geboren, aus einer dort seit Jahrhunderten ansässigen Familie. Er besuchte die Stadtschule und schon früh zeigte sich sein dichterisches Talent, vom vierzehnten Jahre ab erhielt er von seinem Lehrer die Erlaubniß, die deutschen Aufsätze in Versen schreiben zu dürfen. In Prima gründete er einen „Redeverein“. Doch sein Wunsch, die Universität zu besuchen und Naturwissenschaften zu studiren, stieß bei seinem Vater auf Widerspruch, er mußte den kaufmännischen Beruf ergreifen. Im Jahre 1856 verheirathete er sich mit Frl. Hedwig Lucas, die ihm stets eine gleichgesinnte, sein dichterisches Schaffen anregende Lebensgefährtin geblieben ist. In demselben Jahre gründete er ein eigenes Agentur- und Kommissionsgeschäft und machte größere Reisen durch Deutschland, England und die Schweiz. Damals erschien auch sein erstes Bändchen Gedichte, das sich im Jahre 1859 in einen stattlichen Band verwandelt hat. Der Dichter siedelte 1862 nach Barmen über, doch die nächste Zeit brachte ihm viel Leid und Bedrängniß; er arbeitete sich allmählich energisch aus ungünstigen Verhältnissen wieder empor, doch erst der große Erfolg seiner „Neuen Gedichte“ (1871), welche Ernst Keil mit Verzicht auf eigenen Gewinn zum Besten des Dichters herausgab, gab seinen Lebensverhältnissen eine erfreulichere Wendung. Seitdem veröffentlichte er noch Lieder „Am Rhein und beim Wein“ und das „Buch der Leidenschaft“ (1886) Sehr thätig war der Dichter stets, wo es gemeinnützige Interessen seiner Vaterstadt zu pflegen galt; eifrig betheiligte er sich bei der Gründung von Konsum- und Sparvereinen; er rief mit dem Oberbürgermeister Bredt den Barmer Verein für wissenschaftliche Vorlesungen (1868) ins Leben, ebenso den Allgemeinen Bürgerverein, dessen Vorsitzender er noch heute ist. In deutschen Landen hat er sich durch seine lebendigen und anregenden Vorträge bekannt gemacht.

Mit Recht rühmt Herzog den überzeugungsvollen warmen Ton der Rittershausschen Gedichte; man darf hinzufügen, daß da nichts Verschnörkeltes, Gesuchtes, Geistreichelndes zu finden ist, daß sie einfach und schlicht, aber in melodischer Form dem Herzen entströmen. Sehr gut steht ihm das poetische Heroldsamt in Prologen, Aufrufen, Festgedichten [355] zur Feier hervorragender Männer und Ereignisse zu Gesicht; er hat da einen vollen Ton, ohne in ein auf Stelzen gehendes Pathos zu verfallen; seine stimmungsvollen Naturbilder, seine einfache Gefühlslyrik, das Leichtflüssige und Herzerwärmende seiner Lieder: das alles hat ihm ein großes und dankbares Publikum verschafft.

Ein Dichter wesentlich verschiedener Art ist Viktor Blüthgen, der in den Jahren 1871 bis 1874 in Elberfeld lebte und dort für R. L. Friedrichs dessen theologisches Universallexikon zu Ende redigirte. Die Wiege Blüthgens stand nicht im Wupperthal, er ist am 4. Januar 1844 zu Zörbig in der Provinz Sachsen als Sohn eines Postvorstehers geboren, besuchte die lateinische Schule in Halle, studirte dort Theologie, lebte seit 1865 einige Jahre als Hauslehrer und Vorsteher einer Privatschule in Mücheln bei Merseburg und besuchte dann noch das Predigerseminar in Wittenberg. Dann kam er nach Elberfeld, schwer erkrankt, und fand hier Heilung. Eine Zeit lang war er Theaterkritiker der „Elberfelder Zeitung“; doch die Schauspieler wollten wegen seiner allzu scharfen Kritiken striken. Er legte diese Stelle nieder und veröffentlichte nun Gedichte und Märchen mit Ernst Scherenbergs Hilfe. Von Elberfeld begab er sich nach Marburg und dann nach Krefeld als Redakteur der „Krefelder Zeitung“. Hier gelangte die Aufforderung Ernst Keils an ihn, einen Roman für die „Gartenlaube“ zu schreiben. Dieser Roman „Aus gährender Zeit“ spielt im Wupperthal in dem Jahre 1849 und enthält eine Zahl aus dem Leben gegriffener Porträts. Im Jahre 1879 trat Viktor Blüthgen vorübergehend in die Redaktion der „Gartenlaube“ ein und wohnt seit 1881 in Freienwalde an der Oder. Seine Gedichte (1881) und Novellen (1880) haben einen feingeistigen Zug, einen romantischen Hauch, oft etwas Apartes und Ueberraschendes in ihren Wendungen; besonders haben seine Märchen, seine Bilder und Reime aus der Kinderwelt lebhaften Anklang gefunden.

Mehr an Rittershaus erinnert Ernst Scherenberg, der ebenso voll wie dieser in die Saiten zu greifen pflegt, sich wie dieser durch das zeitgeschichtliche Ereigniß begeistern läßt und auch in feinen stillen frohen oder schwermüthigen Klängen einfachen und warmen Gefühlsausdruck wahrt. Ernst Scherenberg ist ein Neffe des poetischen Schlachtenmalers Christian Friedrich Scherenberg, dessen Dichtung „Waterloo“ seiner Zeit Aufsehen erregte, und wurde am 21. Juli 1839 als Sohn eines Kaufmanns und Rheders in Swinemünde geboren; er besuchte anfangs das Gymnasium zu Stettin, dann auf Wunsch seines Vaters die Gewerbeschule; 1856 trat er als Lehrling in eine Maschinenfabrik ein, doch er glaubte Beruf für die Malerei in sich zu fühlen, und es gelang ihm nach vielen Schwierigkeiten, als Schüler der Akademie der Künste aufgenommen zu werden. Einige politische Gedichte, die durch Rudolf von Bennigsens Vermittlung in der „Zeitung für Norddeutschland“ zum Abdruck kamen, erregten Aufsehen und er ließ bald darauf seine erste Gedichtsammlung unter dem Titel „Aus tiefstem Herzen“ (1862) erscheinen. Besonders gelungen waren darin „Die kleinen Lieder“. Eine Art politischer Elegie war der Cyklus „Verbannt“, der Schicksale und Gefühle eines nach Amerika geflüchteten Freiheitskämpfers schildert. Die neuen Gedichte „Stürme des Frühlings“ (1865) führen den Namen von einer schwunghaften poetischen Epistel, welche 1862 veröffentlicht worden war; es weht ein echt patriotischer Geist in diesem Gedichte. Im Jahre 1870 übernahm Scherenberg die Redaktion der „Elberfelder Zeitung“, 1874 erschien eine Gesammtausgabe seiner Gedichte bei Ernst Keil in Leipzig; 1882 „Neue Gedichte“. Seit 1883 lebt Scherenberg als Sekretär der Handelskammer in Elberfeld.

Neben den zahlreichen anderen Dichtern des gesangesfreudigen Wupperthales stehen diese in erster Linie und ihr volkstümlicher Ton bei edler Haltung und gediegener dichterischer Form hat sie in unserer „Gartenlaube“ eingebürgert und den Lesern derselben werth gemacht.