Pfeifunterricht
[675] Pfeifunterricht. (Zu dem Bilde S. 661). Einen Dompfaffen zu unterrichten, ist ein dornenvolles Erziehungsgeschäft; der Schüler verfügt über ein so ausgiebiges Maß von Dickköpfigkeit, daß sein Lehrer ungewöhnlich viel Zeit und Geduld haben muß, wenn er etwas mit ihm ausrichten will. Beides besitzt unser Josele im tiroler Spitzhut und Lederhöslein vollauf, außerdem hat er seinem Vater, dem weitbekannten Vogelhändler von Imst, oft genug zugehört, wie man lockt und vorpfeift, bis endlich die Tönchen aus dem kleinen Schnabel antworten. Und dieser Dompfaff ist sein Eigentum, der Vater hat ihm den Vogel geschenkt und Josele darf ihn verkaufen, sobald er sein „Stückel“ richtig pfeifen kann. Deshalb „läßt er nicht aus“ mit ihm, wendet jeden freien Augenblick an die Unterweisung und flötet selbst so eindringlich, so unausgesetzt die vier Töne, daß man meinen sollte, es müsse dem Dompfaffen allmählich selbst zu viel werden, so daß er sich lieber zum Nachpfeifen als zum ferneren Zuhören entschlösse. Damit unterschätzt man aber seine Ausdauer. Ungerührt, dick aufgeplustert sitzt er die ganze Zeit auf Joseles ausgestrecktem Zeigefinger, wendet den Kopf hin und [676] her und läßt den geduldigen Lehrer sich abmühen. Plötzlich aber kommt ihm der Ehrgeiz, endlich, endlich öffnet er den Schnabel, und nun wollen wir dem guten Josele wünschen, daß der nächste Augenblick seine vielen und großen Mühen mit dem verdienten Erfolge kröne!