Die Wiedergabe von u, v, w, i, j erfolgt nach dem Lautwert.
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Peinliche Anklag unnd hitzige Antwort eines zor-
nigen Schneiders und warhafften Hirtens.
Hoert Wunder ding und seltzam Mähr
Die ich jetzund gleich bring daher /
Von einem Geißbock in gemein /
Der soll allr Geißböck Vatter seyn.
Es hat sich neulich zugetragn.
Zu end wil ich den Namen sagn:
In eim Dorff wohnt ein Edelman /
Den focht allzeit sein Schneider an.
Der Edelman stelt sich offt wild /
Weil sich der Schneider stattlich hielt.
Und in Kleydung sich herauß staffirt /
Welchs seinem Stand sonst nit gebührt /
Nun het es in dem Dorff diß Jahr /
Allda der stoltze Schneider war
Gar möchtig viel Geiß oder Ziegn /
Daran will ich kein Wörtlein liegn.
Unter so viel Geissen / zur stundn /
Ward doch durchauß kein Bock gefundn.
Das dünckt dem Junckr nit rathsamb seyn /
Daß in der Herd kein Bock solt sein.
Drumb legt er auff dem Schneider stoltz
Daß er[1] / als ein sehr prächtigs Holtz /
Zu einer Straff ein Bock solt haltn /
Welchs ich gehört von vielen Altn.
Das kam dem Schneider Spannisch für /
Dieweil er so ein grewlich Thier.
Auff seinem Kosten nur allein /
Halten solt in der gantzen Gmein.
Aber gleichwol in solchen sachn /
Was wolte der gute Schneider machn.
Solt deß Junckern Gunst uber ihn waltn /
Sagt er bald zu den Bock zu haltn.
Da er ihn hette ein lange Zeit /
Kam er in deß Bocks gewonheit.
Und gewan ihn so herlich lieb /
Auch offt sein Kurtzweil mit ihm trieb /
Wie er dann auch offt nicht gewolt /
Daß er den Bock nicht haben solt.
Einsmals sichs nun begeben hat /
Der Schneider saß auff der Werckstat.
Da trieb der Hirt die Geiß zu Hauß /
Deß Schneiders Bock blieb auch nit auß.
Aber der Bock sah etlich mal
Gar traurig / war dürr / eng und schmahl
Kam hinckend heim / nicht ohne Schmertz
Das gieng dem Schneider durch sein Hertz.
Macht sich derhalben auff sein Füß /
Den weg ihn nicht verdriessen ließ.
Und gieng zum Juncker / gleicher gstalt /
Verklaget er den Hirten bald.
Und sprach Juncker Großgünstiglich /
Meine Klag ich euch eröffne ich /
Ihr wist daß ihr vor andern ebn /
Mir einen Bock zu halten habt gebn.
Dergleichen Gwalt / Freyheit und Gnad /
Keiner in diesem Flecken hat.
Nun hat der Hirt den Geißbock mein /
Ein zeitlang unter der Herde sein.
Mit andern Geissn geweydet zwar /
Nimpt aber nicht zu umb ein Haar.
Wird dürr / mager und ungestalt /
Kompt hinckend zu Hauß mannigfalt.
Und kan kaum schleppen die Lenden sein /
Da doch die andern Geißlein fein /
Blecken / meckern und lustig springn /
Sol mir da nit durchs Hertz hnein dringn.
Den Hirten thu ich drumb anklagn.
Vielleicht wird er mein Bock so schlagn.
Juncker fragt ihn nur ernstlich drumb /
Wo doch mein Bock sein dürr herkumb.
Drauff wendet sich der Juncker bald
Zum Hirten / und sprach folgendr gestalt:
Du hast gehört deß Schneiders klagn /
Hirt / was thustu darzu nun sagn?
Der Hirt sprach: Junckr ich kan nicht für /
Der Mangel ist gewiß nicht an mir.
Aber mein lieber Meister Schneidr /
Der du je länger je verheutr.
Auff deinen Bock nun worden bist /
Ich will sagn was die Ursach ist.
Wann du / wie dein Bock / solst fortan /
All Tag neun Geiß zu bletzen han.
So würdestu dann auch wol hinckn /
Dörfft dir dein Muth wol gar entsinckn.
Das geb ich dir liebr Schneider mein
Zur Antwort / auff den Geißbock dein.
Was wolt der Juncker weiters machn /
Er must deß Schneiders selbsten lachn
Und des Geißbocks: mit Spott und Hohn /
Zog also der gut Schneider darvon.
Mancher Schneider möcht nun wol fragn /
Wo sich die Gschicht hab zugetragn?
Der sol nun wissen ohne scheu /
Daß zu Gmünd sie geschehen sey.
Nicht weit von Bockberg und Geißheim /
Daher gmeinlich die Schneider seyn.
Raudeneck / Grindberg / Blarrenfort /
Die lign nicht weit von Gmünd sie dort.
Allda ist / wie ihr thut verstehn /
Deß Schneiders peinlich Klag geschehn.