Passa
Bei dem Passafeste sitzt der Jude,
Denkt der Väter, der geliebten,
Wie sie einstens ausgezogen
Aus dem Land Egypten.
Und sein Auge füllt die Wehrmuthsthräne,
Wie die Fluth den Hafen,
Denkt er jener Väter, der Pharonen
Tiefgebeugte Sclaven.
Und er bricht vom Brod, dem festgeweihten,
Mit dem heil’gen Spruche,
Setzt dazu den allerschönsten Becher,
Daß ein Gast ihn suche.
Oeffnen muß er all’ des Hauses Thüren,
Und mit lautem Munde
Rufen alle Völker aller Zonen,
Von der Erde Runde.
Ob vom Nord, vom Süd, ein Freund, ein Feind auch,
Mag der Schwelle nahen,
Heute muß er nach dem heil’gen Worte
Gastlich ihn empfahen.
So ist keiner tief gesunken, elend,
Lebt er selbst von Gaben,
Der mit Brod und Wein nicht freudig harret
Andre zu erlaben! – – –
Rührend Bild aus alten frommen Tagen,
Das auf Stunden Raume,
Tilget alle Feindschaft, alle Härte,
Gleich dem schönsten Traume!
Passa, heil’ger Passa, Einem Volke
Wärest blos du eigen,
Und begännest nur von Jahr zu Jahre
Deinen kurzen Reigen?
Passa, will mich dünken, haben alle,
Alle Menschenherzen;
Und nicht braucht man erst in Satzungstafen
Fest es einzuerzen!
Passa ruft die inn’re, heilge Stimme,
Die naturgetreue,
Und bereit ist sie, daß jede Stunde
Sie zum Feste weihe!
Sclaven waren aller Menschen Väter,
Sind wir selbst noch heute –
Keine Stunde, die von einem Wahne
Uns nicht stets befreite.
Stets von Neuem folgen des Pharonen
Irrthum wilde Heere,
Und auch stets von Neuem sie versinken
In dem Zeiten Meere!
Laßt, o laßt kein einzig Mahl vergeben,
Wo der Segen sprießet,
Ohne daß von armen Menschenkindern
Eines mitgenießet.
Wer da leidet aus dem Erdenrunde,
Diesem sei gegeben;
So gestaltet sich zum einzig einen
Erlösungsfest das Leben.
Fragt ihr um den Führer und Propheten
An dem Weltgetriebe?
Nun so wisset: gottgesandter Moses
Ist die Menschenliebe.