Olivier’s Berchtolgadner Landschaft
Ferd. Oliviers, eines jungen aus Dessau gebürtigen, jetzt in Wien lebenden Malers ausgezeichnetes Talent für heilige Historien in bedeutender landschaftlicher Umgebung habe ich früher im Gesellschafter zu rühmen Gelegenheit gehabt. Manchen war aber ein gewisser Mangel an richtiger Zeichnung menschlicher Figuren darin störend, sein Werth wurde noch nicht allgemein anerkannt. Um so erfreulicher war es jetzt, in einem Bilde aus dem Berchtolsgadner Gebirge, das er für den kunstfördernden General von Gneisenau gefertigt hatte, ihn in seiner eigenthümlichsten und herrlichsten Ausbildung für Landschaftmalerey wohlbegründet und reichlich begabt zu finden, daß er in diesem Felde von jedem anerkannt werden muß, so schwer jede Anerkennung an Zeitgenossen der alles nivellierenden Zeit werden mag. Mag sich der Vordergrund immer noch etwas zu sehr vereinzeln, die Mitte und der Hintergrund sind ein Ganzes von eigenthümlicher Auffassung ohne herkömmliche Druckerstempel und Schreibmeisterzüge der meisten andern Landschaftsmaler. Die Figuren im Vorgrund die theils an einer Quelle trinken, theils nach einem Heiligenbilde im Baum betend wandern würden vortheilhafter ins Dunkel gestellt werden müssen. Den Eindruck des Ganzen versucht ein Sonett darzustellen, das ich darum nicht zu verachten bitte, weil es ein Sonett ist.
Ich schließ die Augen und vor meinen Blicken
Steht noch das Bild und zwingt mich, es zu sehen,
Die Alpenhöhen bleiben glänzend stehen,
Die Wolkenschäflein zieh’n auf ihrem Rücken;
Und wie der Bach, im Thalgrün ungesehen,
Die Ulmen nährt, die seinen Rand umschmücken,
So fühl auch ich in Worten voll Entzücken.
Daß heimlich große Wohlthat mir geschehen.
Mich tränkten diese reinen Bergesquellen,
Ich athme Luft, in der die Berge prangen,
Ich horch dem Rauschen aus den Wasserfällen;
Die Wanderzeit ist mir nicht mehr vergangen,
Ich kann die Berglust mir im Geist bestellen,
Vergeistigt hat mich Wirklichkeit umfangen.