Oberlandesgericht München – Pflasterzollhinterziehung
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in der Sache gegen den Fuhrmann M. F. von Z. wegen Pflasterzollhinterziehung.
Auf Grund des Art. 41 Abs. 3 der Gemeindeordnung vom 29. April 1869, wornach die Gemeinden berechtigt sind, ortspolizeiliche Vorschriften zur Kontrole und Sicherung örtlicher Gefälle zu erlassen und die Gefährdung dieser Gefälle durch Zuwiderhandlung gegen derartige Vorschriften mit Geldstrafe bis zu zehn Gulden zu bedrohen, hat der Magistrat der Stadt Münchberg zur Kontrole und Sicherung des städtischen Pflasterzolles am 12. November 1878 ortspolizeiliche Vorschriften erlassen, welche durch Entschließung der k. Regierung von Oberfranken, Kammer des Innern, vom 21. Januar 1879 für vollziehbar erklärt und in der Beilage Nr. 99 des Münchberger Wochenblattes, Jahrgang 1878, öffentlich bekannt gemacht wurden.
Nach §. 1 dieser Vorschriften sind zur Kontrole und Sicherung des Pflasterzolles einzelne Wege im Stadtbezirke für auswärtige Zollpflichtige, falls sie nicht zu Aversalzöllen zugelassen sind, durch Verbotstafeln oder Inschriften, sowie durch öffentliche Ausschreiben für zollpflichtige Gespanne, Thiere, Handwagen, Handschlitten, Karren etc. verboten, und hat Derjenige, der bei vorhandener Zollpflichtigkeit [124] derartige Wege deßungeachtet befährt oder betreibt, Geldstrafe bis zu 18 Mark zu gewärtigen.
Wie nun das Berufungsgericht in Uebereinstimmung mit dem Schöffengerichte festgestellt hat, ist der von der Distriktsstraße Zell–Münchberg abzweigende Weg, der auf den Lagerplatz des Steinbruchbesitzers F. in Münchberg führt, und von dort bis zur Distriktsstrasse Weißdorf–Münchberg sich fortsetzt, ein auf Grund des §. 1 der voraufgeführten ortspolizeilichen Vorschriften durch eine Warnungstafel gekennzeichneter und daher ein verbotener Weg, und hat denselben deßungeachtet der zu einem Pflasterzollaversum nicht zugelassene Angeklagte, der Fuhrmann M. F. von Z., an den Tagen des 12., 14., 15., 16., 17. und 19. Septembers 1885 mit seinem einspännigen Steinfuhrwerke befahren.
Darauf hin hat die Strafkammer die Berufung des Angeklagten gegen das schöffengerichtliche Urtheil, wodurch derselbe wegen sechs Uebertretungen gegen die ortspolizeilichen Vorschriften der Stadt Münchberg vom 12. November 1878 in eine der dortigen Gemeindekasse zufließende Geldstrafe im Gesammtbetrage von 6 Mark, für den Fall der Uneinbringlichkeit in eine Haftstrafe im Gesammtbetrage von sechs Tagen, sowie in sämmtliche Kosten verfällt wurde, als unbegründet, unter Verurtheilung desselben in die Kosten seines Rechtsmittels, verworfen.
Hiebei ging das Berufungsgericht von der rechtlichen Anschauung aus, es seien durch die als feststehend erachteten Thatsachen alle Voraussetzungen zur Anwendung der in §. 1 Abs. 2 der beregten ortspolizeilichen Vorschriften gegeben, indem diese Vorschriften zum Zwecke der Sicherung des Pflasterzolles und zur Vermeidung von Gefährdungen desselben, welche dadurch veranlaßt werden könnten, daß zollpflichtige Personen innerhalb des Stadtbezirks Wege benutzen, auf denen sie durch Nichtbefahren des städtischen Pflasters der Stadt den Pflasterzoll entziehen, erlassen wurden, um alle auswärtigen nach §. 1 der Zollordnung Zollpflichtigen zu nöthigen, innerhalb des Stadtbezirks mit ihren Gespannen nur solche Wege zu befahren, bezüglich deren die Pflasterzollordnung auf sie Anwendung finden kann, sowie, daß alle nicht in Münchberg wohnenden zu einem Pflasterzoll-Aversum nicht zugelassenen Personen diesen Bestimmungen unterworfen seien, welche, wenn sie mit einem Gespanne städtisches Pflaster berühren würden, Pflasterzoll zahlen müßten, und Angeklagter hienach an den hier in Frage kommenden sechs Tagen die Eigenschaft eines auswärtigen Zollpflichtigen gehabt habe. Hiedurch soll nach der Revision der §. 1 der ortspolizeilichen Vorschriften der Stadt Münchberg vom 12. November 1878 verletzt worden sein, indem derartige Verbote einer einschränkenden Auslegung unterlägen, sohin die im angefochtenen Urtheile getroffene Auslegung nicht als zutreffend erscheine, [125] da die im §. 1 der einschlägigen Pflasterzollordnung geregelte Zollpflicht auf außerhalb Münchberg wohnende Personen sich nur insoferne erstrecke, als sie mit ihren Thieren und Fuhrwerken städtisches Pflaster benutzten, demnach zur Berührung dieses Pflasters nicht bestimmte Gespanne auch nicht umfassen können, und weil ferner der §. 1 der ortspolizeilichen Vorschriften unter „Wegen im Stadtbezirke“ nur solche, die von Jedermann benützt werden dürfen und über welche wegen ihrer öffentlichen Eigenschaft der Stadtgemeinde eine gewisse Verfügung zustehe, keineswegs aber auch Privatwege verstehe, die nur den Zwecken der angrenzenden, außerhalb des Pflasterrayons belegenen Grundstücke dienen, da ein solcher Eingriff in Privatrechte, der in seinen Folgen dazu führen könnte, den Zugang zu derartigen Grundstücken abzuschneiden und damit deren Bewirthschaftung unmöglich zu machen, als ungesetzlich nicht habe beabsichtigt werden können.
Dieses Eingelenke kann jedoch nicht als durchschlagend erachtet werden.
Denn können die nach Maßgabe der Art. 6 und 11 des P.-St.-Ges.-Bchs. erlassenen, in Frage kommenden ortspolizeilichen Vorschriften der Stadt Münchberg im Hinblick auf Art. 15 am angeführten Orte zwar nicht hinsichtlich ihrer Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit, sondern nur bezüglich ihrer gesetzlichen Giltigkeit der Prüfung des Strafrichters unterstellt werden, so kann eben deren gesetzliche Giltigkeit insbesondere die des §. 1 derselben, welcher mit dem §. 1 der Pflasterzollordnung der Stadtgemeinde Münchberg vom gleichen Tage in unmittelbarem Zusammenhange steht, indem letzterer die Pflichtigkeit feststellt, ersterer aber deren Erfüllung durch die Anordnung von Kontrol- und Sicherheitsmaßregeln unter Strafandrohung zum Ziele hat, mit Erfolg nicht beanstandet werden, weil, wie bereits in dem dießgerichtlichen Urtheile vom 8. Juli 1880 (Samml. der Entscheid. Bd. I S. 147) ausgesprochen wurde, in der durch Art. 41 Abs. 3 der Gemeindeordnung vom 29. April 1869 (Gesetzblatt von 1869 Seite 866 ff.) den Gemeinden eingeräumten Befugniß: „zur Kontrole und Sicherung örtlicher Gefälle (Art. 40 Abs. 3) ortspolizeiliche Vorschriften zu erlassen“, auch die Berechtigung zur Vorkehrung aller derjenigen Maßregeln, die zur Kontrole und Sicherung des fraglichen Gefälles als nothwendig erachtet werden, sohin auch zur Anordnung von Verkehrsbeschränkungen enthalten ist, so daß also auch der Stadtmagistrat Münchberg innerhalb der Grenzen seiner Befugnisse handelte, wenn er in dem §. 1 seiner zur Kontrole und Sicherung des Pflasterzolles erlassenen ortspolizeilichen Vorschriften das Befahren einzelner im Stadtbezirke gelegener und mit Verbotstafeln, Inschriften etc. gekennzeichneter Wege für Fuhrwerke, die dem Pflasterzoll unterliegen, unter Strafandrohung zu befahren verboten hat. [126]
Hienach steht dem Stadtmagistrate Münchberg die Befugniß zu, einzelne Wege im Stadtbezirke zur Sicherung seiner Pflasterzollgefälle für zollpflichtige Fuhrwerke zu verbieten, und kann daher, da er auch in der Auswahl derartiger Wege, beim Mangel irgend einer Unterscheidung zwischen den einzelnen Arten derselben, nicht beschränkt ist, mit Grund nicht behauptet werden, er habe dadurch, daß er den in Frage stehenden Weg durch Anbringung einer Verbotstafel als für pflasterzollpflichtige Fuhrwerke verboten erklärte, seiner eigenen Vorschrift einen derselben nicht entsprechenden Vollzug angedeihen lassen.
Fühlt sich Jemand durch den Erlaß dieses Verbots oder die Art seines Vollzugs beschwert, so steht ihm nach Maßgabe des Art. 14 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. das Recht zu, innerhalb des für Verwaltungssachen bestehenden Instanzenzuges hiegegen jederzeit um Abhilfe nachzusuchen; die rechtliche Wirksamkeit des Verbots dauert aber so lange, bis die dem Magistrate Münchberg vorgesetzte Verwaltungsstelle dasselbe aufgehoben oder dessen Vollzug eingestellt hat.