Zum Inhalt springen

Oberlandesgericht München – Pfandleihe

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Oberlandesgericht München
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Auszug aus einem Urtheile der k. Oberlandesgerichtes München
Untertitel:
aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1880, Nr. 26, Seite 320–322
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung: Betreiben eines nicht genehmigten Pfandleihgeschäftes unter falschem Namen
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[320]

Auszug aus einem Urtheile der k. Oberlandesgerichtes München.

Den Motiven eines Urtheils des Oberlandesgerichts München vom 1. Juli 1880, durch welches die von dem Commissionär L. L. in M. gegen ein zweitrichterliches Urtheil der II. Strafkammer des Landgerichts München I eingelegte Revision verworfen wurde, ist Nachstehendes zu entnehmen:

„Der Vorderrichter hat in dem mit der Revision angegriffenen Urtheile festgestellt, daß L. lediglich zur Ausübung eines Commissions- und Versatz-Geschäftes befugt ist, aber keine Erlaubniß zum Betriebe eines Pfandleihgeschäftes hat, daß er sein Geschäft in der Weise betreibt, daß er Pfänder zum Zwecke des Versetzens im städtischen Leihhause übernimmt, darauf einstweilen Vorschüsse gibt, die Pfänder gegen Aufrechnung einer Transportgebühr in das Leihhaus bringt und dann den Versetzenden gegen Berichtigung des Vorschusses und der Transportgebühren sowie gegen Rückgabe des einstweilen ihnen übergebenen Interimsscheines, welcher die Bestimmung enthält, daß wenn nicht inner 6 Monaten der städtische Pfandschein abgeholt oder L. mit dem Auslösen oder Umschreiben des Pfandes beauftragt wird, dieses der öffentlichen Versteigerung unterliegt, den städtischen Pfandschein aushändigt, und daß er nicht nur den Leihhauszettel so lange als Pfand zurückhält, bis er vollständig befriedigt ist, sondern daß er auch, wenn das vom Leihhause auf die Pfandsache [321] verabreichte Darlehen den von L. gegebenen Vorschuß übersteigt, oder wenn das Pfand im Leihhause nicht angenommen wird, im Falle der ihm meist unbekannte Verpfändende nicht mehr erscheint, den Ueberschuß des im Leihhause Erhaltenen, sowie den durch eigenen Verkauf des Pfandgegenstandes nach sechs Monaten ihm anfallenden Mehrbetrag für sich behält. Zugleich ist weiter festgestellt, daß diese Bezüge den Gewinn bilden, den er außer den berechneten Transportgebühren von seinem Geschäfte erzielt, und daß er das erwähnte Geschäft, welches 2934 Fälle im Jahr 1879 und im Jahre 1880 bis zum 21. Februar 557 Fälle umfaßte, gewerbsmäßig betreibt.

Nach dieser Feststellung betreibt der Angeklagte ohne polizeiliche Genehmigung selbstständig ein Pfandleihgeschäft nach § 34 der R.-G.-O. und findet daher die Strafbestimmung des § 147 Abs. 1 Ziff. 1 dieses Gesetzes hier Anwendung.

Denn die von L. verabfolgten Vorschüsse haben die Natur von Darlehen, und die ihm zum Verpfänden übergebenen Gegenstände, an deren Stelle für die Zeit, während deren dieselben sich im Leihhause befinden, der Leihhauspfandschein tritt, dienen dem Angeklagten als Pfand für den betreffenden Vorschuß in der Weise, daß er gegebenen Falles durch den Verkauf der Gegenstände seine Befriedigung erlangt. Es ist daher das Geschäft des L. thatsächlich ein Pfandleihgeschäft im Sinne des § 34 der R.-G.-O., wenn es auch nicht unter dieser Bezeichnung von ihm betrieben wird.

Vom Beschwerdeführer wird behauptet, daß sein Geschäftsbetrieb sich ausschließlich auf die Uebermittlung der ihm von seinen Auftraggebern behändigten Gegenstände an die städtische Leihanstalt erstrecke, und daß die von ihm zurückbehaltenen Pfandscheine nur als Empfangsurkunden in seine Hände kämen, daß sonach die Voraussetzungen, welche den Thatbestand des Betriebes eines Pfandleihgeschäftes bedingen, hier nicht gegeben seien.

Allein dieser Behauptung steht die thatsächliche Feststellung der Strafkammer entgegen, nach welcher L. sich nicht blos damit befaßt, Pfänder in das Leihhaus zu bringen, sondern zugleich auch seinen Auftraggebern Vorschüsse auf diese gibt, welche Vorschüsse nichts Anderes als Darlehen sind. Dabei ist es unerheblich, daß L. die Gegenstände der Leihanstalt als Pfänder übermittelt, da hiedurch das hiemit in Verbindung stehende, hier allein in Betracht kommende Darleihen gegen Pfandsicherheit in keiner Weise geändert wird, und die Verbringung der Gegenstände in das Leihhaus dem Angeklagten die Möglichkeit gewährt, alsbald wieder Deckung seines Vorschusses zu erhalten.

Gleich unerheblich ist, daß die in Frage stehenden Pfandscheine [322] der städtischen Leihanstalt Urkunden sind. Denn wenn sie auch diese Eigenschaft gegenüber der Leihanstalt haben, so sind sie doch für den Angeklagten nur Mittel zu seiner Sicherstellung gleich den Gegenständen, für welche er sie in seinen Besitz erhalten hat.

Unbehelflich ist endlich auch die Beanstandung der zweitrichterlichen Annahme, daß L. sein Pfandleihgeschäft gewerbsmäßig betreibe, da die betreffende Feststellung der Strafkammer den Begriff eines solchen gewerbsmäßigen Betriebes, insbesondere auch bezüglich der demselben zu Grunde liegenden Absicht des Angeklagten, einen Gewinn zu erzielen, vollständig erschöpft, Gegenstand der Anklage ist aber nicht, daß L. in einem gegebenen Falle durch seinen Geschäftsbetrieb einen Gewinne erlangt hat, sondern nur die Thatsache, daß er die Verabfolgung von Geldvorschüssen in der in der vorliegenden Feststellung bezeichneten Weise betreibt und dabei die Erlangung eines Gewinnes bezielt. Es kann daher nicht davon gesprochen weiden, daß sich die Strafkammer bei Feststellung dieses Geschäftsbetriebes in unzulässiger Weise mit Eventualitäten befaßt habe.

Hienach stellt sich die Behauptung des Revisionsbeschwerdeführers, in dem zweitrichterlichen Urtheile seien die §§ 34 und 147 Ziff. 1 der R.-G.-O. und Art. 4 des Reichsgesetzes vom 23. Juli 1879 verletzt, als unrichtig dar, und war deshalb im Hinblicke auf § 505 Abs. 1 der R.-St.-P.-O., wie geschehen, zu erkennen.